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News des 21./22. März 2009

Beim Thema Physikengine bzw. -unterstützung steht AMD trotz der letztjährigen Ankündigung, zukünftig Havok (und damit Intel) unterstützen zu wollen, bislang reichlich nackt da – was sich nun aber endlich ändern soll: Denn auf der Games Developer Conference (GDC) nächste Woche will AMD in einem Vortrag seine Physik-Strategie bekanntmachen – und wie aus dem Twitter-Blog von ATI-Mitarbeiter Terry Makedon zu erfahren ist, wird es sich dabei in der Tat um die Unterstützung der Havok-Engine von Intel handeln. Genaueres hierzu ist allerdings noch nicht bekannt und wird sich somit erst in der nächsten Woche ergeben.

Trotzdem sind gewisse praktische Probleme schon vorprogrammiert, auch wenn diese nicht auf den ersten Blick erkennbar sind: Denn obwohl Havok als Physikengine natürlich wandelbar ist, ist diese im bisherigen Einsatz doch bisher primär auf die Nutzung von Mehrkern-Prozessoren ausgelegt, womit die erreichbare Physik-Qualität angesichts der zur Verfügung stehenden Rechenleistung nicht wirklich berauschend ist. Wenn sich ATI hier mit seinen Grafikbeschleunigern dranhängt, ist in der Praxis eigentlich gar nichts gewonnen – ob man nun Havok in bestehenden Spielen über Mehrkern-Prozessoren oder nebenbeiher von der Grafikkarten errechnen läßt, macht keinen Unterschied.

Demzufolge bringt der breite vorhandene Havok-Support nichts für die ATI-Grafikkarten als Physikbeschleuniger – erst wenn die Havok-unterstützenden Spieleentwickler extra für die ATI-Grafikkarten und deren höhere Rechenleistung klar aufwendigere Physikberechnungen in ihre Spiele integrieren, macht das ganze einen Sinn (gilt natürlich genauso auch für PhysX: auch nicht jedes PhysX-Spiel bietet eine so hohe Physikqualität, welche nur mit einer nVidia-Grafikkarte realisierbar ist). Diese Bedingung hat aber erstens den Nachteil, daß dies seine Zeit dauern wird – ATI steht hier so weit am Anfang wie Ageia einst mit PhysX.

Und zweitens schließt eine sehr aufwendige Physikengine, welche dann nur noch über die Rechenkraft einer Grafikkarte darstellbar ist, wiederum die Mehrkernprozessoren von Intel und AMD aus – was gerade Intel als Havok-Besitzer kaum in den Kram passen wird. Sicherlich kann man die Havok-Engine auch so anpassen, daß verschiedene Physik-Qualitätsstufen herauskommen – eine für ATI-Grafikkarte und eine für Mehrkernprozessoren von AMD und Intel, aber auch diese "Zurückstufung" dürfte Intel wenig schmecken. Wie also ATI/AMD und Intel in der Praxis bei Havok vereinbar sein werden, bliebe noch ganz stark abzuwarten. Wenigstens einen klaren Vorteil hat die Havok-Strategie von ATI dann doch noch aufzubieten: Schließlich haben schon viele Spieleentwickler die Havok-Physikengine eingesetzt.

Damit dürfte es einfacher sein, schnell auf eine gewisse Anzahl an Titel zu kommen, wo die ATI-Grafikkarten über diese Havok-Physikengine auch wirklich ausgenutzt werden bzw. die anfallende Rechenlast der Physikengine zu groß für derzeitige CPUs wird – schließlich sind die Spieleentwickler dann schon einmal mit Havok vertraut und noch leistungsfressendere Effekte einzubauen, fiel Spieleentwicklern noch nie besonders schwer. Die Zeit, bis die Entscheidung pro Havok wirklich fruchtet, könnte bei ATI also deutlich geringer ausfallen als bei nVidia seinerzeit mit PhysX. Trotzdem liegt nVidia beim Thema Physikengine für den Augenblick weiterhin klar vorn, da man ATI wie gesagt die vorhandenen Havok-Titel kaum zurechnen kann.

Seitens OCHeaven gibt es erste Spiele-Benchmarks zur Radeon HD 4890 mit einigen interessanten Ergebnissen. Erstaunlicherweise wurde hierbei eine andere Radeon HD 4890 als bei den ersten 3DMark-Ergebnissen vor wenigen Tagen benutzt – die nunmehr verwendete Karte lief per default auf 900/2000 MHz und stellt somit wohl eine der sich andeutenden OC-Versionen der Radeon HD 4890 dar. Entweder weil sich der RV790-Chip so gut takten läßt oder weil die Radeon HD 4890 in ihrer Standardversion wohl nicht ganz so gut ist wie geplant (ATI-interne Messungen sprechen von 6 Prozent Performancegewinn gegenüber der Radeon HD 4870 auf gleichen Taktraten), scheint es zur gewöhnlichen Radeon HD 4890 nun auch noch eine Radeon HD 4890 OC zu geben, bei welcher die Grafikkartenhersteller freischaffend die Taktraten anheben dürfen.

Genau eine solche Karte scheinen OCHeaven getestet zu haben – allerdings leider weder auf den default-Taktraten dieser Karte (900/2000 MHz), noch auf den Standardtaktraten der regulären Radeon HD 4890 (850/1950 MHz), sondern auf den eher ungewöhnlichen Taktraten von 850/2200 MHz – beim Chiptakt genauso viel wie die reguläre Radeon HD 4890, beim Speichertakt deutlich über dieser (13 Prozent mehr). Daß zudem jegliche Vergleichswerte fehlen, macht die Einschätzung der Benchmark-Zahlen von OCHeaven nicht gerade einfacher. Bei der PC Games Hardware gibt es zwar Vergleichswerte mit Hilfe eigener Tests – aber daß dort die Radeon HD 4890 gerade unter Crysis deutlich gegenüber der Radeon HD 4870 zurückliegt, verdeutlich den Unsicherheitsfaktor solcher Quervergleiche.

Insofern ist es absolut nicht auf die Goldwaage zu legen, daß dagegen bei Far Cry 2 unter 1920x1200 mit 8x Anti-Aliasing ein Vorteil von 35 Prozent zugunsten der (übertakteten) Radeon HD 4890 ermittelt wurde. So gut sich diese Zahl anhört, die Unsicherheitsfaktoren der verschiedenen Testsysteme und eventuell auch unterschiedlicher Testbedingungen zuzüglich der Übertaktung der Radeon HD 4890 lassen hier eigentlich keine Aussage zu. Allenfalls kann man eine grobe Richtungsbestimmung abgeben, nach welcher es weiterhin im Bereich des Möglichen liegt, daß eine übertaktete Radeon HD 4890 sich deutlich von der Radeon HD 4870 absetzen kann, wobei der Unterschied zum Teil auch auf Basis interner Verbesserungen am RV790-Chip erbracht werden würde. Genauer läßt sich dies auf Basis der aktuell bekannten Zahlen leider noch nicht klassifizieren.

Daneben noch ein Wort zum vermutlichen Zweck der Radeon HD 4890 OC: So etwas wie diese Karte ist eine beliebte Lösung der Grafikchip-Entwickler, wenn man ein konkurrenzfähiges Produkt anbieten will, gleichzeitig aber einem direkten Konkurrenzkampf aus dem Wege gehen möchte. So darf dann nVidia zwischen Radeon HD 4890 und GeForce GTX 275 wohl den Performancesieg einheimsen – ATI wird die Radeon HD 4890 dafür einfach preislich klar niedriger ansetzen und gegenüber der nVidia-Karte die Radeon HD 4890 OC stellen. Da deren Spezifikationen aber nicht eindeutig definiert, sondern bei jedem Grafikkartenhersteller anders sind, muß nVidia hier nicht unbedingt antworten – beide Grafikchip-Entwickler wahren somit ihr Gesicht.

Daneben sieht die VR-Zone den Launchtermin sowohl von Radeon HD 4890 als auch GeForce GTX 275 nunmehr am 9. April anstehen, womit es zum direkten Showdown zwischen diesen beiden neuen HighEnd-Lösungen kommen würde. Allerdings scheint nur ATI zu diesem Zeitpunkt dann auch lieferfähig zu sein, denn für die neue nVidia-Karte sollen derzeit noch nicht einmal für die Grafikkartenhersteller entsprechende Samples zur Verfügung stehen. Ob nVidia damit bis zum Anfang April eine Lieferfähigkeit aufbauen kann, darf ernsthaft bezweifelt werden – wobei ein Paperlaunch sicherlich für entsprechenden Spott der Presse wie auch seitens ATI sorgen dürfte.

Daneben gibt die VR-Zone noch Preispunkte zu beiden neuen Karten an, welche – wie bisher alle Preisnennungen zu Radeon HD 4890 und GeForce GTX 275 – Schätzungen der jeweiligen Webseite sind, bislang gibt es zu beiden Karten noch keinerlei wirklich belastbare Preisangaben. An dieser Front kann sich gegenüber den bislang kursierenden Angaben also durchaus noch jede Menge ändern, man sollte also nicht sowohl die Radeon HD 4890 ob ihres angeblich zu hohen Preises noch die GeForce GTX 275 ob ihres angeblich sehr attraktiven Preises schon jetzt beurteilen. Mit nur gewissen Verschiebungen der bislang bekannten Preise kann die Situation schon wieder ganz anders aussehen, hier ist schlicht auf das Aufkommen verlässlicher Angaben zu warten. Die ersten Listungen der Radeon HD 4890 zwischen 240 und 260 Euro geben zwar einen gewissen Hinweis, können sich aber am Launchtag auch schnell als obsolet herausstellen.