Mit dem heutigen Tag stellt ATI eine weitere Programmergänzung zu seiner Radeon HD 5000 Grafikkarten-Serie vor, die Radeon HD 5830. Diese Karte soll in den freien Preisbereich zwischen Radeon HD 5770 (ca. 140 Euro) und Radeon HD 5850 (ca. 260 Euro) gehen, wo augenscheinlich derzeit eine große Lücke im ATI-Portfolio klafft. Für die Zielsetzung einer Karte von knapp über 200 Euro wurde wiederum der RV870/Crypress-Chip benutzt und entsprechend abgespeckt, wobei die wirklich wichtigen Dinge hierbei im Detail versteckt liegen.

Denn die geringere Anzahl an Shader-Einheiten von nur 1120 der Radeon HD 5830 gegenüber den 1440 der Radeon HD 5850 wird durch den höheren Chiptakt von 800 zu 725 MHz passabel kaschiert, der Unterschied in der theoretischen Rechenleistung beträgt zwischen beiden Karten gerade einmal 16,5 Prozent. Da zudem der Speichertakt und damit die Speicherbandbreite identisch sind, würde die Radeon HD 5830 unter diesen Voraussetzungen von der Performance her sehr nahe an die Radeon HD 5850 heranrücken können.

Gleiches dachte sich wohl auch ATI und da dies nicht in die Planung einer Karte in der Mitte zwischen Radeon HD 5770 und 5850 hineinpassen konnte, entschied man sich zu einer weiteren, eher ungewöhnlichen Abspeckung: Die Radeon HD 5830 kommt nur mit 16 Raster Operation Units (ROPs) daher, im Gegensatz zu den eigentlich 32 ROPs von Radeon HD 5850 & 5870. Die ROP-Leistung wird gemeinhin nicht großartig beachtet, da sie meist so großzügig dimensioniert ist, daß sich hier keine Flaschenhälse ergeben sollten. Zudem sind die 16 ROPs bei der Radeon HD 5830 ja auch nicht so wenig – die Radeon HD 5700 Serie und die frühere Radeon HD 4800 Serie haben genauso viel.

Trotzdem ist dieser Punkt im direkten Spezifikationsvergleich deutlich merkbar, denn die ROP-Leistung der Radeon HD 5830 liegt somit sogar geringfügig hinter derjenigen der Radeon HD 5770 zurück. Die anderen Werte zur Radeon HD 5830 stimmen allerdings – 32 Prozent mehr Rechen- und Texturierleistung gegenüber der Radeon HD 5770 und sogar 67 Prozent mehr Speicherbandbreite. Daß die heute von verschiedenen Webseiten angetretenen Benchmarks so mittelmäßig ausgefallen sind, verwundert daher doch etwas:

Sicherlich liegt die Radeon HD 5830 nach diesen Ergebnissen in der Mitte zwischen Radeon HD 5770 und 5850 – aber mit der klaren Tendenz zur Radeon HD 5770. Gegenüber dieser verbucht die Radeon HD 5830 im Schnitt einen Performancegewinn von 15 Prozent, was angesichts des dopppelt so transistorenschweren RV870/Cypress-Grafikchips kein besonderes Resultat ist. Vor allem aber liegt die Radeon HD 5850 weiterhin noch zwischen 25 und 30 Prozent von der Radeon HD 5830 weg – die Tendenz der Radeon HD 5830 zur kleineren Karte hin ist besonders daran ersichtlich.

Wieso dies passiert, darüber kann derzeit fast nur spekuliert werden. Zwar gibt es den Hinweis mit der schwachen ROP-Leistung der Radeon HD 5830, aber dieser einzelne Wert sollte eigentlich nicht für diese niedrigen Ergebnisse verantwortlich sein können. Möglicherweise sind die Einschnitte auch tiefgehender als offiziell verlautbart – so gibt es eine Spekulation, wonach bei der Radeon HD 5830 nicht nur die Hälfte der ROPs deaktiviert wurde, sondern auch der Hälfte des Level2-Caches, in welchen diese ROPs ihre Daten schreiben. Es bleibt jedoch fraglich, ob sich ohne Mithilfe von ATI jemals genauer klären läßt, weshalb die RV870/Cypress-basierte Radeon HD 5830 so viel näher an der RV840/Juniper-basierten Radeon HD 5770 liegt als an der RV870/Cypress-basierten Radeon HD 5850.

Vor allem aber passt die gebotene Performance nicht zum heute offerierten Preispunkt von ca. 225 Euro. Damit ist die Karte nur ca. 15 Prozent günstiger als die wesentlich potentere Radeon HD 5850 und vor allem geradezu dramatisch teurer als die nur wenig langsamere Radeon HD 5770: Wer will mit der Radeon HD 5830 schon 60 Prozent mehr gegenüber der Radeon HD 5770 ausgeben für gerade einmal 15 Prozent mehr Performance (zu einer noch dazu klar höheren Verlustleistung)? Gemessen an dem vorhandenen Performancebild wäre ein Preis von ca. 175 Euro für die Radeon HD 5830 angemessen, der aktuelle Preis ist jedenfalls klar zu hoch.

Nun haben Launchpreise durchaus die Tendenz, immer etwas zu hoch auszufallen, zudem wird die Radeon HD 5830 auch noch durch den derzeit schwächelnden Euro gebeutelt. Somit ergibt sich durchaus die Chance, daß die Radeon HD 5830 mittelfristig bei einem Preis von um die 200 Euro landet, was zwar auch noch nicht übermäßig gut wäre, aber dann wenigstens einen klaren preislichen Abstand zur Radeon HD 5850 ergeben würde – den die Karte einfach aufgrund des klaren Performance-Abstandes auch benötigt. Für den Augenblick ist die Radeon HD 5830 zu diesen Preisen aber keinesfalls eine Empfehlung wert, das muß so deutlich gesagt werden: Entweder man bekommt es etwas langsamer und deutlich billiger mittels der Radeon HD 5770 – oder nur etwas teurer und klar schneller mittels der Radeon HD 5850. Mit dem richtigen Preis kann es sicherlich noch etwas werden für die Radeon HD 5830, aber dies bliebe abzuwarten.

Ein paar Worte noch zur Karte selber: ATI hat für die Radeon HD 5830 kein Referenzdesign aufgelegt, sondern läßt hier die Grafikkartenhersteller gewähren. Demzufolge wird es sehr unterschiedliche Varianten dieser Karte geben: Versionen mit einem gänzlich eigenen Design wie auch Karten, die auf der Platine der Radeon HD 5850 & 5870 aufsetzen. Die heute an die verschiedenen Hardware-Tester verteilten Pressesamples basieren auf einer Radeon HD 5870 Platine – wohl deshalb, weil dies einfacher zu realisieren war. Ob allerdings viele Grafikkartenhersteller diesen Weg gehen werden, darf bezweifelt werden, da diese Platine doch zu teuer für den Verkaufspreis der Radeon HD 5830 ist bzw. wenigstens die Gewinnaussichten schmälert.

Eben wegen des möglichen Platinenlayouts der Radeon HD 5870 hat ATI der Karte auch ihre recht hohe TDP von 175 Watt mitgegeben – dies frisst nicht zwingend der RV870-Chip, sondern in diesem speziellen Fall die Platine. Auf der anderen Seite können Radeon HD 5830 Karten auf Basis einer Platine der Radeon HD 5850 oder auch gänzlich eigenen Platinenlayouts in der Realität auch angenehmere Stromaufnahmen erzielen, als heute ausgemessen wurde (da erreichte die Radeon HD 5830 einen Stromverbrauch von gleich bis minimal mehr als die Radeon HD 5850). In Punkto Stromaufnahme (und genauso auch Lüfterlaufstärke) der Radeon HD 5830 helfen die heutigen Tests also noch nicht so richtig weiter, da wäre auf die Verkaufsversionen der Grafikkartenhersteller zu warten.

Erste Testberichte zur Radeon HD 5830
• ATI Radeon HD 5830 – Nicht Fisch, nicht Fleisch [ComputerBase]
• ATI Radeon HD 5830 [Hartware]
• AMD/ATI Radeon HD 5830 – Die letzte im Bunde [HT4U]
• AMD’s Radeon HD 5830: A Filler Card at the Wrong Price [AnandTech]
• ATI Radeon HD 5830 Performance Preview [FiringSquad]
• ATI Radeon HD 5830 Review: Filling The Gap [Hot Hardware]
• First Look at ATI Radeon HD 5830 1024 MB [X-bit Labs]