Zeigt AMDs Radeon HD 7000 Serie die schwankenderen Frameraten?

Freitag, 14. Dezember 2012
 / von Leonidas
 

Beim Tech Report ist ein hochinteressanter Artikel erschienen, welcher der Frage von möglichst konstanten Frameraten und damit der subjektiv besseren Spielbarkeit genauer nachgeht. Hierbei wird zuerst einmal der Ansatz aufgegriffen, daß reine Frameraten zur Beurteilung der Spielbarkeit eigentlich suboptimal sind, weil mit diesen Durchschnittswerten nichts darüber ausgesagt werden kann, wie stark die einzelnen Frameraten in der Praxis schwanken. Jene Frameraten-Schwankungen kann man sich mittels sogenannter "Frametimes" genauer ansehen – hierbei wird ermittelt, wieviel Zeit für das Rendern eines Bildes (Frames) benötigt wird (üblicherweise angegeben in Millisekunden, niedrigere Werte sind dabei besser). Dies ist in dem Sinne auch eine Framerate, bezogen eben auf nur ein einzelnes Frame.

Üblicherweise ergeben Frametimes-Auswertungen allerdings kaum größere Abweichungen von bei der reinen Framerate gleichschnellen Grafikkarten – die Frametimes-Kurven sehen sich dann häufig sehr ähnlich, womit keine extra Bewertung lohnt. In einem jüngsten Re-Test des Tech Reports von Radeon HD 7950 gegen GeForce GTX 660 Ti fielen allerdings doch einige erhebliche Abweichungen auf, möglicherweise auch verursacht durch die Benutzung von Windows 8. Dies versuchte man nun mittels eines speziell dafür aufgelegten Tests genauer zu eruieren – und kam dabei auf durchaus belastbare Aussagen, wie die nachfolgende Kompilierung der Ergebnisse von 7 Benchmark-Titeln nahelegt:

Radeon HD 7950
(Windows 7)
Radeon HD 7950
(Windows 8)
GeForce GTX 660 Ti
(Windows 8)
reguläre Framerate 101,0% 100% 104,0%
Frame Times (99%) 98,5% 100% 132,4%
Time spend beyond ...ms 273% 100% 9522%
Time spend beyond ...ms  (ohne Guild Wars 2) 289% 100% 1659%

Dabei zeigen schon die Frametimes an, daß die nVidia-Lösung gegenüber der AMD-Lösung bei nahezu gleichen Frameraten klar im Vorteil ist: Die Radeon HD 7950 holt ihre gute Durchschnitts-Framerate offensichtlich über allgemein niedrigere normale Frameraten mit einzelnen Ausreißern nach oben hin heraus, welche dann den Durchschnitt eben nach oben drücken. Nimmt man nur die niedrigsten 99 Prozent der Frametimes und schneidet somit alle Ausreißer nach oben hin effektiv ab, erhält man eher so etwas wie eine allgemeinübliche Framerate – und in dieser Disziplin liegt die GeForce GTX 660 Ti dann sogar um satte 32 Prozent vorn.

Nachträglich eingefügte Korrektur vom 16. Januar 2013: In vorstehender Absatz ist der Fall der "99th percentile frame time" (aka "Frame Times (99%)") leider genau falsch herum erklärt: Die Radeon HD 7950 erreicht in Fällen mit einem (nahezu) gleichen fps-Wert die sogar minimal höhere durchschnittliche Framerate, welche dann aber durch viel stärkere Ausreißer in niedrige Frameraten-Gefilde als bei der GeForce GTX 660 Ti wieder ausgeglichen werden. Dies ist ganz gut am Beispiel von Guild Wars 2 zu sehen: Die großen Unterschiede in der Wertung "Frame Times (99%)" werden hierbei primär durch deutlich stärkere Ausreißer der Radeon HD 7950 in Richtung sehr langsamer Frameraten verursacht, während die pure fps-Wertung beide Karte als nahezu gleich schnell anzeigt.

Richtiggehend desaströs wird es für AMD in der Kategorie "Time spend beyond ...ms", bei welcher angegeben wird, wie viele Frames unter einem pro Spiel festgelegtem Limit (üblicherweise 50ms, je nach Spiel auch manchmal weniger) ausgeliefert wurden. Hier werden also nur noch die wirklich langsamen Frames gezählt – bzw. die insgesamte Zeit, in welcher das Spiel in diesen langsamen Frameraten verbringt. Regulär mit allen 7 Benchmark-Titeln erringt die GeForce GTX 660 Ti hier einen Erdrutschsieg – welcher primär durch Guild Wars 2 verursacht wird, wo die GeForce GTX 660 Ti absolut extrem in Front liegt.

Aber auch ohne dieses Titels fällt das Ergebnis immer noch überaus klar zugunsten der GeForce GTX 660 Ti aus: Auf Windows 8 liefert die Radeon HD 7950 satte 16mal mehr langsame Frames aus als die GeForce GTX 660 Ti – auf Windows 7 ist der Abstand geringer, sind es aber immer noch 5mal mehr langsame Frames auf der AMD-Lösung. Auch hier gilt wieder: Für jeder dieser besonders niedrigen Frameraten muß es auch wieder besonders hohe Frameraten als Ausgleich geben, wenn Radeon HD 7950 und GeForce GTX 660 Ti bei der durchschnittlichen Framerate grob gleichauf liegen. Hier wird also recht klar nachgewiesen, daß die Radeon HD 7950 die deutlich schwankenderen Frameraten hat – so deutlich schwankend, daß man auf der AMD-Karte wahrscheinlich eine höhere durchschnittliche Framerate benötigt, um auf den selben Flüssigkeitseindruck zu kommen.

Genau letzterer Punkt ist aber noch nicht wirklich entschieden bzw. derzeit noch Gegenstand einer angeregten Diskussion: Technisch gesehen spricht alles dafür, daß die AMD-Lösung bei gleicher durchschnittlicher Framerate aufgrund der deutlich stärker schwankenden Frameraten einen schlechten Flüssigkeitseindruck haben sollte. Allerdings ist ein Flüssigkeitseindruck nun einmal höchst subjektiv – und alle Bewertungen des Tech Reports beziehen sich erst einmal auf die technische Seite der Frameraten, gehen nicht primär von der Beobachtung des realen Spielgeschehens aus. Allerdings hat der Tech Report nach dem Artikel auch noch zwei Videos unter Skyrim nachgelegt, welche die bei AMD stärker schwankenden Frameraten zeigen sollen. Jene sind (subjektiv gesehen) nicht gerade perfekt eindeutig, zeigen aber dennoch in die generelle Richtung des Artikels.


Skyrim-Vergleichsvideo in 120Hz
(© The Tech Report)

Skyrim-Vergleichsvideo in 240Hz
(© The Tech Report)

Was lassen sich an dieser Stelle damit schon für Schlußfolgerungen ziehen? Erst einmal sicherlich keine, welche irgendetwas endgültiges aussagen. Da die bisherigen Tests des Tech Reports mit derselben Meßmethodik keine solchen groben Abweichunge hervorbrachten, bleibt es derzeit bei einem Verdacht – welcher am besten von anderer Stelle zu überprüfen wäre, gerne auch mit anderen Grafikkarten und Benchmarks. Gerade bevor man einem solch neuen Ansatz – egal wie vielversprechend jener aussehen mag – eine höhere Wertigkeit einräumt, sollte man sich sicher sein, daß jener neue Ansatz auch belastbare Ergebnisse hervorbringt (sprich dies zeigt, was man aussagen will).

Andererseits empfiehlt es sich unbedingt, der Sache wirklich nachzugehen bzw. jene weiterhin im Auge zu behalten – die aufgezeigten Meßwerte sind klar genug, um von einem starken Verdacht auf deutlich schwankendere Frameraten bei AMD gegenüber nVidia auszugehen. Selbst AMD ist laut einer Meldung bei Fudzilla schon informiert respektive alamiert und verspricht, noch vor den kommenden Feiertagen eine erste Antwort zu den sich aufdrängenden Fragen zu liefern. Mit einer gewissen Chance handelt es sich hierbei aber auch nur um einen Treiber-Lapsus, welcher einfach und ohne Frameraten-Verlust fixbar ist – auch an diese Möglichkeit sollte man denken, bevor man in die Diskussion geht bzw. Anschuldigungen in Richtung AMD losläßt.

Nachtrag vom 16. Dezember 2012

In der kürzlich aufgeworfenen Frage, ob die aktuellen AMD-Grafikkarten die schwankenderen Frameraten als bei nVidia haben und daher eventuell & möglicherweise dieselbe fps-Zahl gar nicht für dasselbe Flüssigkeitsgefühl steht, ergibt sich derzeit die Idee, daß dies eventuell am Boost-Modus der seitens des Tech Reports eingesetzten Radeon HD 7950 "Boost Edition" liegen könnte. Dies wird um so plausiber, als daß vom Boost-Modus speziell dieser Karte bekannt ist, daß jener aufgrund der PowerTune-Limitierung nur arg eingeschränkt funktioniert – sprich die Karte eher selten wirklich ausfahren kann. Sollte dieser Ansatzpunkt zutreffen, würde jene Problematik dann nicht mehr auf allen Karten der Radeon HD 7000 Serie auftreten, sondern maximal nur noch auf den Modellen mit Boost-Modus – und richtig auffallend dann eventuell nur auf jenen Karten mit einem so limitierten Boost-Modus wie bei der Radeon HD 7950 "Boost Edition".

Gestützt wird diese Idee durch den Vergleich mit früheren Tests des Tech Reports, wo andere aktuelle AMD-Grafikkarten keine so deutlichen Abweichungen zwischen fps-Rate und Frametimes-Messungen aufzeigten. Allerdings ist dies derzeit auch nur eine Idee zur Erklärung des aufgezeigten Benchmark-Phänomens – andere Ideen gehen in Richtung eines Treiberbugs seitens AMD, was aber genauso noch unbewiessen ist. Daß ein generelles Problem der AMD-Hardware vorliegt, wäre zwar auch eine Option, ist aber derzeit eine der unwahrscheinlichsten Möglichkeiten und sollte daher nicht schon jetzt als "feststehende Wahrheit" angenommen werden. Immerhin will AMD zu dieser Frage noch vor den Feiertagen offiziell Stellung beziehen – soviel Zeit sollte man dem Unternehmen auf jeden Fall lassen, ehe man irgendwelche Urteile fällt.

Nachtrag vom 3. Januar 2013

In der Frage der schwankenderen Frameraten von AMDs Radeon HD 7000 Serie hat sich leider derzeit noch nichts bewegt, obwohl AMD eigentlich eine Stellungnahme noch vor Jahresschluß 2012 versprochen hatte. Der die ganze Anlegenheit auslösende Tech Report berichtet allerdings über einen neuen Ansatzpunkt zur Erklärung sowie Lösung dieser Problematik: So sollen Probleme mit Software-Puffern sowie dem Speichermanagment in den AMD-Treibern für das Problem verantwortlich sein, indirekt ausgelöst durch AMDs Architekturwechsel von einer VLIW- zur GCN-Architektur bei der Radeon HD 7000 Serie. Dies sei aber mittels des Neuschreibens diverse Teile des Treibercodes letztlich fixbar – und AMD will dies auch in einer Serie von Treiber-Update demnächst tun. Der springende Punkt dieser durchaus positiven Entwicklung wird natürlich sein, ob es AMD gelingt, dies alles ohne Performanceverlust zu realisieren – nur dann könnte man das Problem auch wirklich als vollständig ohne Nachgeschmack gelöst betrachten.

Nachtrag vom 25. Januar 2013

Mit dem Catalyst 13.2 Beta-Treiber (derzeit schon inoffiziell zu haben, sollte aber demnächst auch offiziell bei AMD zu finden sein) hat sich AMD der Frage der schwankenderen Frameraten der Radeon HD 7000 Serie angenommen, wie sie der Tech Report in einem jüngeren Artikel nachgewiesen hatte. Jener Artikel widmete sich im eigentlichen nur der Radeon HD 7950 "Boost Edition", wie sich aus der Reaktion von AMD auf diesen Artikel jedoch ergab, liegt das Problem (erwartungsgemäß) bei der kompletten Radeon HD 7000 Serie vor. Wie der Tech Report nunmehr in einem neuen Artikel zum Thema aufzeigt, konnte mit dem neuen Beta-Treiber das Problem deutlich reduziert werden – zumindest gegenüber dem älteren Treiber ergibt sich eine klare Verbesserung, wenngleich AMD mit dem neuen Beta-Treiber immer noch nicht ganz auf dem Niveau angekommen ist, auf welchem nVidia diesbezüglich steht.

Dies hängt eventuell damit zusammen, daß der Beta-Treiber 13.2 derzeit eher nur Game-spezifische Fixes enthält – ausgerichtet auf die vom Tech Report eingesetzten Tests, während der von AMD versprochene neue Speichermanager erst in einem späteren Treiber in ein paar Wochen eingebaut werden soll. Und erst der genannte neue Speichermanager wird das Problem generell und über alle Spiele hinweg lösen können. Der neue Beta-Treiber 13.2 stellt also nur einen Vorgeschmack darauf dar, was da noch kommen könnte – mehr aber auch nicht. Wegen der nur Game-spezifischen Fixes bei einigen Spieletiteln fehlt im neuen Artikel des Tech Reports leider ein durchgehender Vergleich mit allen Testspielen des älteren Artikels, so daß sich eine Durchschnittsbildung wie bei unserer früheren Auswertung vorerst noch verbietet.

Zumindest kann man jedoch sagen, daß AMD das Problem der schwankenderen Frameraten auf der Radeon HD 7000 Serie in den drei Testspielen des neueren Artikels des Tech Reports weitestgehend im Griff hat – gut zu sehen am nachfolgend abgebildeten Beispiel von "Skyrim": Die reguläre Framerate ist zwischen den Treibern 12.11 und 13.2 gleich, allerdings ist die Frametime der 99% langsamsten Frames (99th percentile frame time) beim 13.2er Treiber deutlich gesunken und liegt nunmehr in der Nähe der (in diesem Spiel generell etwas schnelleren) nVidia-Grafikkarte. Die beiden anderen Testspiele Borderlands 2 und Guild Wars 2 sehen ähnlich, wenngleich nicht so perfekt aus wie unter Skyrim zu beobachten:

Da AMD jedoch klar ausdrückte, daß im Beta-Treiber 13.2 nur Game-spezifische Fixes in dieser Frage enthalten sind (sprich, Fixes für diese drei vom Tech Report benutzten DirectX-9-Titel) kann man allerdings auch nicht von einer echten Lösung des Problems reden, auch nicht von einer teilweisen Lösung. Game-spezifische Fixes sind schließlich keine Antwort auf ein generell vorliegendes Problem der Radeon HD 7000 Serie – dies hat AMD jedoch genauso erkannt und will dieser Grafikkarten-Serie wie gesagt einen neuen Speichermanager zukommen lassen, welcher in einigen Wochen vorliegen soll. Erst dann wird sich das vom Tech Report entdeckte Problem (womöglich) generell lösen lassen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß die neue Testmethode des Tech Reports nunmehr erste dauerhafte Früchte trägt, denn AMD will zukünftig bei seiner Treiber-Arbeit das Thema der Framelatenzen regelmäßig mit beachten.

Nachtrag vom 18. März 2013

AMD arbeitet seit einiger Zeit an der Framelatenzen-Problematik seiner Catalyst-Treiber speziell unter den Radeon HD 7000 Grafikkarten und hat damit zuletzt auch einige gute Anfangserfolge erzielt. Der neue Catalyst 13.3 Beta-Treibers soll diesbezüglich nun speziell auf Hitman: Absolution und Tomb Raider optimiert sein, was sich die ComputerBase angesehen hat, allerdings nur teilweise vom Ergebnis überzeugt wurde: In Tomb Raider – wo die Problematik aber sowieso eher gering war – konnte man einen gewissen Fortschritt feststellen, ausgerechnet in dem sehr stark auf die Framelatenzen-Problematik reagierendem Hitman: Absolution gab es jedoch keinerlei Verbesserungen zu verzeichnen. Das gesamte Bild betrachtend fehlt hier allerdings ein wenig der allgemeine Ansatz – Verbesserungen unter einzelnen Titeln sind jetzt nicht verkehrt, bedeuten aber auch, daß für die hunderten Spiele-Titel, welche außerhalb des üblichen Portfolios der Hardware-Tester stehen, nur per Zufall etwas getan wird.