Wie die Windows 8 Oberfläche aussehen sollte

Dienstag, 20. September 2011
 / von Leonidas
 

Auf Windows 8 wird inzwischen ausreichend eingeprügelt, nachdem sich mittels der Developer-Preview-Version offenbart hat, daß die neue Metro-Oberfläche samt der dazugehörigen Touchsteuerung (Stichwort "Wischibunti") seitens Microsoft nicht nur für Mobile-Gerätschaften, sondern eben auch für ausgewachsene Desktop-Systeme in exakt der dargelegten Form gedacht ist. Anstatt noch weiterer (an Microsoft sowieso weitgehend abprallender) Kritik wäre es jedoch eventuell sinnvoller, einfach einmal darzulegen, wie Microsoft das vorhandene Metro-Design besser auf Desktop-Bedürfnisse ausrichten kann – was wir nachfolgend angehen wollen.

Dazu haben wir uns die bekannte Preview-Version von Windows 8 mittels einer virtuellen Maschine (Oracles VM VirtualBox, da Microsofts VirtualPC leider einen Windows-8-Bluescreen produzierte) angesehen, um einen eigenen Eindruck zu der Metro-Oberfläche von Windows 8 zu erhalten. Allerdings täuschen die bisher in Newsmeldungen, Kommentaren und Foren-Postings zu lesenden Eindrücke nicht – für einen großen Desktop ist Windows 8 überhaupt nicht ausgerichtet, genauso wie das Metro-Design nicht wirklich gut zu einer Maussteuerung passt. Was aber wären die Möglichkeiten, das Metro-Design zugunsten großer Desktops und einer Maussteuerung zu verbessern?

Das erste und größte Stichwort lautet hierbei weitgehende Konfigurierbarkeit. Damit ist nicht nur Größe, Farbe und Anordnung der Tiles gemeint, sondern vor allem, ob man einen Tochscreen-geeigneten Desktop wünscht – oder einen auf die Maussteuerung ausgelegten Desktop. Hierzu sollte Microsoft bei der Installation von Windows 8 dem Anwender entsprechende Fragen stellen und im Idealfall auch verschiedene Designvorschläge zur Auswahl anbieten. Diese Designs sollten natürlich auch im Nachhinein mit wenigen Klicks wieder geändert werden können. Relevant für diese Designs ist, daß dabei nicht zwei unterschiedliche Oberflächen angeboten werden sollen (Metro von Windows 8 bzw. Aero von Windows 7), sondern daß alles innerhalb der Metro-Oberfläche von Windows 8 passiert, der Supportaufwand für Microsoft und andere Software-Hersteller also wie gewünscht gering bleibt.

Wählt der Anwender für Windows 8 ein Oberflächendesign für eine Maussteuerung aus, sollten dann weitere Gestaltungsmöglichkeiten offeriert werden: Als erstes relevant ist dabei eine stufenlose Skalierung der Tiles wie auch eine Option, alle unwichtigen Tiles grundsätzlich in kleiner Ausführung darstellen. Dies ist wichtig, um die Oberhohheit über den Desktop-Platz zurückzugewinnen – weil zum einen für den Tochscreen-Zweck alle Tiles viel zu groß dargestellt werden und weil zweitens sich Apps von Fremd-Anbietern kaum bezüglich der Größe der Tiles zurückhalten werden, sondern ihrer völlig unbedeutenden Anwendung natürlich das dickestmögliche Design geben werden. Standardmäßig kann alles, was keine (relevanten) Zusatzinformationen bietet, in einer kleinen Tile dargestellt werden, nur einige Haupt-Tiles wie ein RSS-Reader, wie der Wetterbericht oder wie die Börsennachrichten verdienen eine große Tile.

Prinzipiell gesehen kann man dabei auch über das bisherige Prinzip von großer Tile (248x120 Pixel) und kleiner Tile (120x120 Pixel) hinausgehen und noch weitere Tilegrößen anbieten, welche noch kleinere Tiles ermöglichen und damit noch mehr Platz auf dem Desktop schaffen. Man sollte hierbei immer bedenken, daß sich mit der Zeit sehr viele Anwendungen auf dem Computer ansammeln und das Ziel eines Startmenüs direkt auf dem Desktop natürlich nur sein kann, so viele wie mögliche dieser Anwendungen auch auf dem ersten Desktop darzustellen. Für einen PC mit primärer Maussteuerung ist das Scrollen zum nächsten Desktop sicherlich suboptimal – es soll ja schnell gehen und nicht in Sucherei und Scrollerei ausarten.

Daneben wäre zu erwähnen, daß die standardmäßige Anordnung der Apps auf jeden Fall einen Sinn ergeben sollte – dies gilt genauso auch für eine reine Touchsteuerung. Derzeit sind die Apps per default noch ziemlich wild durcheinandergewürfelt – gerade so, als würde es Microsoft gut finden, wenn der Anwender unnötig hin- un herscrollt, um irgendwann per Zufall die gewünschte App zu finden. Es sollte eine logische Anordnung der Apps geben, welche sich augenscheinlich erkennen läßt – die Apps sollten also in Tiles-Gruppen je nach grundsätzlicher Ausrichtung (Systemprogramme, Arbeitsprogramme, Spielprogramme, etc.) angeordnet sein. Zur Anordnung der Apps sollten diverse Presets existieren und natürlich auch die Möglichkeit, die Tiles-Anordnung und -Gruppierung völlig freischaffend zu konfigurieren (Update: die Möglichkeit zur Tiles-Anordnung und -Gruppierung bietet Windows 8 schon).

Dabei sollten speziell die "Spiel-Apps" wie die auf Windows-8-Screenshots gern gezeigten Wetter-, Börsenkurse-, Fotovorschau- und Mail-Apps einfach an- und abwählbar sein, ähnlich der Sidebar-Apps unter Windows Vista (Update: diese Möglichkeit bietet Windows 8 schon). Schließlich hat jeder Anwender hierbei andere Vorlieben und der Zwang zu einem einheitlichen Design würde nur bedeuten, faktisch jedem Anwender für ihn persönlich nutzlose Apps auf den Desktop zu packen und damit Desktop-Platz zu verschwenden. Microsoft ist bekanntlich groß darin, exakt einen angeblich optimalen Weg zu finden, mit dem dann aber alle Anwender glücklich werden müssen – gerade in diesem Fall sollte Microsoft jedoch über seinen Schatten springen und der totalen Konfigurierbarkeit den Vorzug geben.

Der zweite wichtige Punkt ist die Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten "alter" Programme, welche noch nicht im Metro-Design vorliegen. Vielen Anwendern dürfte dies ohne eigene Windows-8-Erfahrung noch gar nicht in dieser Form bewußt sein, aber Microsoft schiebt die "alten" Programme unter Windows 8 bewußt weg, indem diese allesamt nur noch unter einem Windows-7-Desktop-erreichbar sind. Wenn man viel mit alten Windows-7-Programmen unter Windows 8 arbeitet (und dies dürfte unter Produktivumgebungen am Anfang der Normalzustand sein), wird man sich ziemlich eingekesselt und abgeschnitten vom Fortschritt vorkommen, da die neuen Windows-8-Features nicht mit den "alten" Windows-7-Programmen in Verbindung zu bringen sind, sondern diese Windows-7-Programme wie in einem extra abgeteilten Bereich des Betriebssystems laufen.

Hierbei handelt es sich natürlich um eine rein politische Entscheidung Microsofts, um die neue Metro-Oberfläche zu puschen – allein, für den Anwender gedacht ist dies nicht, denn diese werden voraussichtlich jede Menge "Altanwendungen" auf Windows 8 übernehmen wollen (und oftmals müssen). Wenn man streng für den Anwender denkt, dann sollten alle Windows-7-Programme als gegenüber Metro-Apps gleichwertig behandelt werden, sprich also nicht über den Windows-7-Desktop in Windows 8, sondern über die Metro-Oberfläche als eigenständige Anwendung starten können. Dazu müssen diese Windows-7-Anwendungen natürlich erst einmal direkt auf der Metro-Oberfläche verankert bzw. dort angezeigt werden.

Hierfür gibt es zwei prinzipielle Ausführungsmöglichkeiten (welche man sogar gleichzeitig einbauen könnte): Erstens die Möglichkeit, für eine Windows-7-Anwendung nachträglich eine Metro-Tile zu kreieren. Dies könnte man ganz einfach über einen entsprechenden Assistenden erlegen – ähnlich dem Assisten bisheriger Windows-Systeme, wenn man einen Link auf den Desktop kreieren will (Update: diese Möglichkeit bietet Windows 8 schon). Und zweitens die Möglichkeit, schlicht das bekannte Windows-XP/Vista/7-Startmenü auch mit auf der Metro-Oberfläche von Windows 8 einzublenden. Dies sieht dann zwar nicht nach Metro aus, erfüllt aber auf einfachem Wege auch seinen Zweck.

Als dritter Punkt bietet sich an, nicht den Fehler der früheren Windows-Versionen und ihres Zwangs zu Fensterei indirekt zu wiederholen und bei Windows 8 so kategorisch wie derzeit geplant auf jegliche Fenster zu verzichten. Sicherlich gibt es bei Windows 8 den Zweifenster-Modus, allerdings ist dies nicht das, was hierbei gemeint ist: Vielmehr sollte es auch weiterhin die Möglichkeit zu mehreren Fenstern geben. Niemand sagt, daß man dies zwingend nutzen muß – es sollte eine (einfach erreichbare) Möglichkeit vorhanden sein, mehr nicht. Es gibt haufenweise Anwendungszwecke für Arbeiten in mehreren Fenstern – daß Microsoft daran nicht denkt und diesen vollkommen normalen Anwendungsfall so einfach abschiesst, überrascht doch einigermaßen.

Dabei sagt niemand etwas dagegen, wenn Metro-Apps per default im Vollbildmodus starten (was aber seitens der App-Programmierer abwählbar sein sollte, es gibt genügend Anwendungsfälle für Apps, wo der Vollbildmodus genau der falsche ist) – es sprich aber auch nichts dagegen, diesen Punkt konfigurierbar zu machen. Jede App könnte auf einen Rechtsklick ein Kontextmenü offenbaren, welchen neben dem Normalstart auch den Start im Fenster anbietet – und dann natürlich auch eine Möglichkeit zum Festsetzen der dauerhaften Startoptionen für diese App.

Und letzlich gehört als vierter Punkt zu Windows weiterhin eine Taskleiste. Allein für das schnelle Umschalten zwischen mehreren gerade geöffneten Anwendungen ist dies unumgänglich – der Weg immer zurück auf den Desktop, um die gewünschte Anwendung darüber erneut aufzurufen, ist einfach um einen Klick länger und damit umständlicher. Sicherlich kann man die Taskleiste auch ausblendbar gestalten, muß diese möglicherweise noch nicht einmal per default aktiv sein – aber vorhanden und mittels offizieller Konfigurationsoptionen herstellbar sollte diese durchaus sein. Alternativ kann sich Microsoft gern andere Möglichkeiten einfallen lassen, mittels nur einer Mausbewegung und nur einem Klick direkt auf die gewünschte andere Anwendung aus einer bildschirmfüllenden Anwendung heraus umzuschalten – doch so lange diese Möglichkeit nicht gefunden ist, erfüllt eine Taskleiste diese Anforderung einwandfrei (manchmal muß das Rad einfach nicht neu erfunden werden).

Zur sauberen Oberflächen-Konfiguration sollte sich Microsoft ein zentrales Tool einfallen lassen, welches alle die vorgenannten Konfigurationspunkte enthält, zugleich aber auch einige voreingestellte Designs für verschiedene Anwendungsfälle mitbringt. Diese vordefinierten Designs sollten wie schon erwähnt direkt bei der Betriebssysteminstallation als Auswahlmöglichkeiten angeboten werden, so daß jede Anwendergruppe gleich in einer halbwegs passenden Umgebung startet und zudem der eher unerfahrene Computernutzer nicht mit den vielen Möglichkeiten des Konfiguationstools überfordert wird. In dieser Form wäre dann auch die alte Forderung indirekt realisiert, verschieden aussehende Windows-Desktops anzubieten: Wenn Microsoft die Metro-Oberfläche nur genügend flexibel auslegt, kann man diese Forderung zusammen mit einer guten Konfigurierbarkeit eben auch im Rahmen einer (technisch gesehen) nur einzigen Oberfläche bieten.

In der Endform sollte ein Windows-8-Desktop-PC nach der Installation auf seinem Startbildschirm nicht einen Wust an Apps mit übergroßen Icons anzeigen, welche den Nutzer mal mehr und mal weniger interessieren und welche für neu hinzukommende Apps immer das vertikale Scrollen voraussetzen – sondern es sollte vielmehr ein Desktop angezeigt werden, welcher möglichst alle installierten Programme direkt startbar macht. Dazu muß zum einen die Schaltfläche der Apps je nach Wichtigkeit reduziert und zum anderen der vorhandenen Platz auf einem Desktop-Rechner natürlich auch entsprechend ausgenutzt werden. Ein solcher Desktop würde alles anzeigen, was startbar ist – hätte aber trotzdem noch die Möglichkeit, Apps mit großen Schaltflächen und eingebetteten Zusatzinformationen anzuzeigen, somit also das beste aus beiden Welten zu bieten.

Wie so etwas aussehen könnte, haben wir nachfolgend einfach mal mittels Paint Shop Pro versucht aufzuzeigen. Hierbei wurden – wie vorstehend beschrieben – die App-Tiles gruppiert und je nach Wichtigkeit in ihrer Größe limitiert, zudem wurde das alte Windows-XP/Vista/7-Startmenü direkt auf dem Desktop eingeblendet und dem ganzen eine Taskleiste spendiert. In dieser Form wäre das Metro-Design auch für einen Bildschirmarbeiter gut nutzbar sein und hätte sogar gewisse Effektivitätsvorteile gegenüber Windows 7, weil (teilweise) der Klick auf den Startbutton zum Programmstart eingespart wird (weil alle Programme und Apps direkt auf dem Desktop liegen). Die Zukunftstauglichkeit im Sinne von Metro ist auch gegeben – mit der Zeit wird die links angeordnete Startleiste für Windows-7-Programme natürlicherweise kleiner werden, ensteht also mehr Platz für die recht angordneten Metro-Apps.

Das ganze ist natürlich nur ein Designvorschlag und man könnte dies gestalterisch wie auch organisatorisch sicherlich noch besser lösen. Es soll aber aufzeigen, daß man sehr wohl die Oberflächen von Windows 7 und Windows 8 direkt unter Metro verbinden kann – ohne deswegen technologisch zwei Oberflächen anbieten und supporten zu müssen, was Microsoft durchaus verständlicherweise ablehnt.

All die vorgenannten Vorschläge und Überlegungen schließen natürlich die Nutzung von Windows 8 via Touchsteuerung auch auf dem Desktop keinesfalls aus. Wenn man – wie vorgeschlagen – alles hübsch konfigurierbar macht und zudem mittels voreingestellten Designs ausrüstet, würde man in einem solchen Fall bei der Installation (oder danach im Konfigurationstool) einfach auf ein Touchscreen-freundliches Design umstellen und hätte die bekannten großen Schaltflächen innerhalb nur weniger Mausklicks wieder zurück, während das Windows-XP/Vista/7-Startmenü samt der Taskleiste verschwinden würde. Niemand sagt schließlich, daß Microsoft ein Metro-Design entwerfen soll, welches gegen die Touchsteuerung arbeitet – es geht darum, daß das Metro-Design so anpassbar sein sollte, daß es auch für große Desktops und eine Maussteuerung besser als Windows 7 geeignet ist.

Und dies sollte in jedem Fall das Ziel von Microsoft sein – denn einen Rückschritt in der Bedienbarkeit werden sich sehr viele Desktop-Anwender nicht gefallen lassen, dafür ist Windows 7 viel zu ausgereift. Es liegt an Microsoft, es gleich richtig zu machen – oder mit Windows 8 (zumindest auf dem Desktop) einen ähnlichen Mißerfolg zu landen wie seinerzeit mit Windows Vista ganz generell.