Launch-Analyse: nVidia GeForce GTX 690

Donnerstag, 3. Mai 2012
 / von Leonidas
 

Mit der GeForce GTX 690 kommt nunmehr die erste DualChip-Lösung auf Basis eines 28nm-Grafikchips in den Handel. nVidia setzt dabei wie bei der GeForce GTX 680 auf den GK104-Chip – und versucht nun mit gleich zwei Stück davon ohne Hardware-Abspeckungen und nur mit leicht niedrigeren Taktraten, einen neuen klaren Performance-Rekord für eine einzelne Grafikkarte aufzustellen. Angesichts der Hardware-Ansetzungen und des Fehlens echter Konkurrenz in Form der Radeon HD 7990 dürfte dies kein Problem sein, so daß die interessanteren Fragen dieses Tages lauten: Schaffen es die heutigen Testberichte, die wirklichen Stärken der Karten zu zeigen oder bencht man wieder zu 90% auf 1920x1080 4xAA, was einer solchen Hardware-Power absolut nicht gerecht wird – und konnte nVidia etwas gegen die grundsätzlichen Probleme von MultiChip-Lösungen beim Thema Mikroruckler unternehmen, so wie es per Ankündigung versprochen wurde.

Radeon HD 7970 GeForce GTX 680 GeForce GTX 690
Chipbasis AMD R1000/Tahiti, 4,3 Milliarden Transistoren in 28nm auf 365mm² Chip-Fläche nVidia GK104, 3,54 Milliarden Transistoren in 28mn auf 294mm² Chip-Fläche 2x nVidia GK104, 2x 3,54 Milliarden Transistoren in 28mn auf 2x 294mm² Chip-Fläche
Technik DirectX 11.1, 2 Raster Engines, 2048 (1D) Shader-Einheiten, 128 TMUs, 32 ROPs, 384 Bit DDR Interface DirectX 11.1, 4 Raster Engines, 1536 (1D) Shader-Einheiten, 128 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit DDR Interface DirectX 11.1, 8 Raster Engines, 3072 (1D) Shader-Einheiten, 256 TMUs, 64 ROPs, 2x 256 Bit DDR Interface
Taktraten 925/2750 MHz 1006/3000 MHz
(GPU-Boost 1058 MHz, max. 1124 MHz)
915/3000 MHz
(GPU-Boost 1019 MHz, max. 1071 MHz)
Speicherausbau 3072 MB GDDR5 2048 MB GDDR5 2x 2048 MB GDDR5
(logisch nutzbar nur 2048 MB)
PCI Express 1.x/2.0/3.0 1.x/2.0/3.0 1.x/2.0/3.0
Layout DualSlot DualSlot DualSlot
Kartenlänge 281mm 26cm 28cm
Stromanschlüsse 1x 6pol. + 1x 8pol. 1x 6pol. + 1x 8pol. 2x 8pol.
TDP 250W 195W 300W
Idle-Verbrauch 14W 15W 26W
Spieleverbrauch 211W 180W 291W
Listenpreis 479$ 499$ 999$
Straßenpreis 400-430€ 470-500€ 980-1000€
(erste Listungen)

Die Voraussetzungen für eine erstklassige Performance sind angesichts der Hardware-Daten definitiv da: nVidia speckt die Hardware-Einheiten der benutzten GK104-Chips nicht ab und bietet sogar den gleichen Speichertakt, man muß nur mit etwas weniger Chiptakt leben: 9,9% weniger beim Nominaltakt und dann aber nur noch 3,8 Prozent weniger beim Boost-Takt. Damit sollte die GeForce GTX 690 ziemlich nahe an das SLI-Ergebnis eines GeForce GTX 680 Gespanns herankommen können. Vakant ist allerdings, ob die real nur nutzbaren 2 GB Grafikkarten-Speicher nicht bei so einem Boliden vielleicht etwas zu wenig sind – schließlich ist eine solche Grafikkarte sicherlich nicht dafür geschaffen, um in einer Standardauflösung unter 4x Anti-Aliasing vor sich hin zu idlen.

Leider wurden unsere Hoffnungen auf eine Vielzahl an dementsprechenden Tests in höheren Bildqualitäts-Settings nicht erfüllt – nach wie vor müht sich die Masse der Hardware-Tester trotz des offensichtlichen Potentials dieser Grafikkarten an 1920x1080 mit 4x Multisampling Anti-Aliasing ab und sind zusätzliche Tests hierzu leider die Ausnahme und nicht die Regel. Dabei spricht nichts dagegen, die GeForce GTX 690 auch unter 1920x1080 4xAA zu testen – das Hauptaugenmerk sollte bei dieser Karte aber auf weit höheren Anforderungen liegen, selbst für 2560x1600 4xAA ist diese DualChip-Lösung eigentlich noch zu schade.

1920x1200 4xAA 7970 7970 CF 680 680 SLI 690
ComputerBase 91% 143% 100% 152% 152%
Hardwareluxx 93% 158% 100% 172% 168%
HT4U 102% - 100% 171% 173%
PC Games Hardware 92% - 100% - 157%
AnandTech 89% 143% 100% 158% 158%
Hardware Canucks 95% 155% 100% 173% 170%
Hot Hardware 87% 140% 100% 154% 151%
Guru3D 91% 137% 100% 150% 154%
X-bit Labs 92% 162% 100% - 178%
2560x1600 4xAA 7970 7970 CF 680 680 SLI 690
ComputerBase 99% 160% 100% 166% 169%
Hardwareluxx 97% 170% 100% 181% 175%
HT4U 93% - 100% 188% 189%
PC Games Hardware 96% - 100% - 173%
AnandTech 98% 182% 100% 185% 179%
Hardware Canucks 98% 176% 100% 188% 185%
Hot Hardware 91% 164% 100% 181% 174%
Guru3D - 171% 100% 178% 182%
X-bit Labs 94% 166% 100% - 179%
5760x1080 4xAA 7970 7970 CF 680 680 SLI 690
ComputerBase 103% 158% 100% 156% 163%
AnandTech 100% 177% 100% 185% 176%
Hardware Canucks 107% 205% 100% 196% 194%
1920x1200 8xAA 7970 7970 CF 680 680 SLI 690
ComputerBase 96% 161% 100% 183% 182%
HT4U 99% - 100% 178% 177%
X-bit Labs 96% 173% 100% - 169%
2560x1600 8xAA 7970 7970 CF 680 680 SLI 690
ComputerBase 101% 181% 100% 185% 186%
Hardware Canucks 91% 176% 100% 186% 181%
X-bit Labs 99% 190% 100% - 177%
5760x1080 8xAA 7970 7970 CF 680 680 SLI 690
ComputerBase 98% 167% 100% 178% 179%
1920x1080 4xSSAA 7970 7970 CF 680 680 SLI 690
ComputerBase 96% 135% 100% 167% 170%

Wie gesagt begrenzt sich die Auswahl der Hardware-Tests stark, wenn man über 1920x1080 4xAA oder 2560x1600 4xAA hinausgehen will – in diesem Zusammenhang ist der Test der ComputerBase zu loben, da dort wirklich viel an zusätzlichen Auflösungen und Bildqualitäts-Settings getestet wurde. Unter der Zusammenfassung möglichst vieler Hardware-Tests kann man dennoch einen guten Eindruck von der Leistungsfähigkeit der GeForce GTX 690 gewinnen: Liegt der Performancegewinn zwischen GeForce GTX 680 und 690 unter 1920x1200 4xAA noch bei im Schnitt der Tests +62%, steigert sich dieser unter 2560x1600 4xAA dann schon auf +78%. Erstaunlicherweise gibt es dann unter den noch höheren Settings keine noch größeren Unterschiede, die Differenz rein unter 8x Anti-Aliasing liegt bei +79%, die Differenz unter allen höheren Settings zusammen wieder bei +78%.

Bei dieser Zahl liegt dann wohl das wahre Limit der GeForce GTX 690 – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, denn auch unter diesen höheren Bildqualitäts-Settings gab es auch hier und da Benchmarks am Rande eines CPU-Limits oder aber mit kleineren CrossFire/SLI-Aussetzern, welche zwar im Gesamtschnitt aller Benchmarks untergemischt werden, aber diesen Gesamtschnitt dennoch natürlich um den einen oder anderen Prozentpunkt beeinflußen können. Die Differenz der Ergebnisse zwischen 1920x1200 4xAA auf der einen Seite und 2560x1600 4xAA sowie allen höheren Settings auf der anderen Seite zieht sich im übrigen komplett durch die Benchmarks aller MultiChip-Lösungen, ist also auch bei Radeon HD 7970 CrossFire und GeForce GTX 680 SLI sofort bemerkbar.

7970 7970 CF 680 680 SLI 690
1920x1080 4xAA 92% 148% 100% 161% 162%
2560x1600 4xAA 96% 170% 100% 181% 178%
alle höheren Settings 99% 172% 100% 179% 178%

Die Frage, ob die GeForce GTX 690 in die Nähe der GeForce GTX 680 SLI kommt, geht unentschieden aus – und damit besser als erwartet für die GeForce GTX 690. Denn erstaunlicherweise schafft es die DualChip-Karte trotz niedrigerer Chip-Taktraten, die GeForce GTX 680 hier und da (leicht) zu überrunden und liegt in den verlorenen Benchmarks auch immer nur minimal zurück. Die verschiedenen Testberichte sind sich in dieser Frage zwar nicht einig, aber unter Betrachtung aller Ergebnisse kann man sicherlich sagen, daß irgendwo eine grobe Gleichwertigkeit (± 1%) existiert. Und dies ist in jedem Fall ein Pluspunkt für die GeForce GTX 690, waren die DualChip-Lösungen der 40nm-Generation doch durchgehend etwas schwächer als ihre jeweiligen CrossFire/SLI-Pendants.

Gegenüber der Radeon HD 7970 CrossFire kann sich die GeForce GTX 690 dagegen recht deutlich durchsetzen, der Performance-Unterschied liegt je nach Setting zwischen 3 und 9 Prozent. Zumindest unter den heute angetretenen Benchmarks konnten dabei keine Nachteile der "nur" 2 GB nutzbaren Grafikkartenspeicher gegenüber den nutzbaren 3 GB einer Radeon HD 7970 CrossFire ermittelt werden. Der reine Performance-Unterschied zwischen Radeon HD 7970 CrossFire und GeForce GTX 690 hört sich natürlich nicht nach besonders viel an und einiges davon kann sich AMD auch wieder zurückholen, wenn man derzeit noch fehlende CrossFire-Profile nachliefert. Doch das eigentliche Problem für AMD liegt darin, daß das eigene DualChip-Projekt Radeon HD 7990 eigentlich mit niedrigeren Taktraten als die Radeon HD 7970 geplant war und daher die Performance eines CrossFire-Gespanns aus zwei Radeon HD 7970 Karten gar nicht wirklich erreichen sollte.

Hierin dürfte der Hauptpunkt dafür liegen, daß sich nVidia mit der GeForce GTX 690 zuerst offenbart hat und damit AMD theoretisch die Möglichkeit in die Hand gibt, überzeugend zu kontern – zumindest auf Basis der ursprünglichen Planungen kann AMDs Radeon HD 7990 die GeForce GTX 690 nicht erreichen, von überflügeln ganz zu schweigen. AMD hat durchaus richtig daran getan, die Radeon HD 7990 auf den Juni zu verschieben und dürfte ab dem heutigen Launchtag der GeForce GTX 690 hart daran arbeiten, die Radeon HD 7990 dergestalt umzubauen, daß es für einen ordentlichen Gegenpart zur GeForce GTX 690 reicht. Von der Performance her ist dies wohl sogar möglich, dafür müsste AMD halt etwas höhere Taktraten als bei der Radeon HD 7970 anbieten.

Allerdings wird AMD damit natürlich niemals den (relativ gesehen) guten Stromverbrauchswert der GeForce GTX 690 schlagen können, welcher bei einer für eine DualChip-Lösung niedrigen 291 Watt unter Spielen – Radeon HD 6990 und GeForce GTX 590 verbrauchen 331 bzw. 358 Watt unter Spielen (Quelle dieser Messungen: HT4U). Vor allem da AMD mit dem R1000/Tahiti den Chip mit dem schon unter SingleChip-Bedingungen höheren Stromverbrauch gegenüber dem GK104 von nVidia hat, wird diese Aufgabe für AMD nicht einfacher. Andererseits sind GeForce GTX 690 und Radeon HD 7990 auch wieder solche Enthusiasten-Geschosse, daß bei jenen der Stromverbrauch nicht wirklich zählt – wenn die Radeon HD 7990 bemerkbar mehr Saft aus der Steckdose ziehen muß, um die gleiche Performance wie die GeForce GTX 690 zu erreichen, wird das die Käufer dieser Karten in der Praxis kaum interessieren.

Was dagegen interessiert, ist der Punkt der Mikroruckler als dem großen Bremsklotz von MultiChip-Lösungen, da diese Mikroruckler je nach persönlicher Anfälligkeit dafür einem den ganzen Spaß an MultiChip-Setups rauben können. nVidia war hierbei in der Vergangenheit schon aktiv geworden und hatte eine gewisse Software-Lösung gegen Mikroruckler in den Treiber eingebaut, welcher wenigstens eine gewisse Verbesserung bringen soll. Mit der GeForce GTX 690 versprach nVidia nun weitere Verbesserungen, diesesmal sogar auf Hardware-Basis – und leider war es das dann schon mit genaueren Informationen, denn auch heute am Launchtag hält sich nVidia bei dieser Thematik mit konkreten Aussagen zurück.

Demzufolge haben sich einige Hardware-Tester – in diesem Zusammenhang sind die deutschen Tester mal komplett zu loben, während die englisch sprechenden Tester dieses Thema leider fast durchgehend negierten – diese Sache in Fallbeispielen selber angesehen. Dabei kamen allerdings erstaunlicherweise recht unterschiedliche Ergebnisse heraus: Während die ComputerBase sowie die PC Games Hardware eine klare Verbesserung erkennen konnten, war eine solche bei HT4U faktisch gar nicht und bei Hardwareluxx nur teilweise zu erkennen. Offensichtlich hängt es stark vom jeweiligen Spiel ab, ob nVidias Mikroruckler-Bekämpfungsmethoden funktionieren.

Der große Durchbruch scheint damit noch nicht wirklich gelungen zu sein, allerdings kann man dennoch von einer weiteren Verbesserung bei dieser Thematik reden – was nVidias MultiChip-Lösungen in dieser Frage nunmehr deutlich besser als AMDs MultiChip-Lösungen stellt, wo dieses Thema bisher noch überhaupt nicht angegangen wurde. Angesichts dieses inzwischen klaren nVidia-Vorteils bei der Mikroruckler-Thematik muß AMD wohl oder übel dieses Problem demnächst angehen – eine Radeon HD 7990 ohne Mikroruckler-Abwehr kann sich faktisch gar nicht mehr blicken lassen.

Womit auch das Stichwort gegeben ist, was der GeForce GTX 690 und damit auch den heutigen Launchtests noch fehlt: Ein würdiger Kontrahent aus dem Hause AMD. Deren DualChip-Lösung Radeon HD 7990 wird nach jetzigen Informationen am 5. Juni erscheinen und nachdem nVidia sich nunmehr mit der GeForce GTX 690 entblättern hat, sollte es AMD dementsprechend einfacher haben, einen würdigen Kontrahenten auf die Beine zu stellen. Erst das Erscheinen der Radeon HD 7990 macht letztlich auch die GeForce GTX 690 komplett – denn ohne direkten Kontrahenten steht sie einfach zu einsam an der absoluten Leistungsspitze. Und wer wirklich 900 Euro in eine einzelne Grafikkarte investieren will, kann sicherlich noch etwas warten, um zu sehen, was AMD im DualChip-Bereich zu bieten hat – und eben eventuell auch mehr zu bieten hat. Allerdings wird dies ein hartes Brot für AMD, denn nVidia hat mit der GeForce GTX 690 wirklich exzellent vorgelegt.