Launch-Analyse: Intel Sandy Bridge (Seite 3)

Dienstag, 4. Januar 2011
 / von Leonidas
 

Bleibt ein Technik-Thema übrig: Das der neuen integrierten Grafiklösungen. Diese nennen sich Intel HD Graphics 2000 mit 6 "Execution Units" sowie Intel HD Graphics 3000 mit 12 "Execution Units" und bieten nur DirectX 10.1, aber eine gegenüber der bisherigen integrierten Nehalem-Grafik teilweise deutlich verbesserte Performance. Denn dies trifft nur auf die Intel HD Graphics 3000 zu, welche deutlich schneller ist als bisherige integrierte Grafik ist und sogar die Performance einer Radeon HD 5450 überbieten kann. Die Intel HD Graphics 2000 ist dagegen nur knapp schneller als die integrierte Nehalem-Grafik und liegt in etwa auf dem Performanceniveau der integrierten Grafikchips von AMD.

Wirklich als Spieler-Lösung selbst für den Einsteigerbereich sind beide Sandy-Bridge-Grafiklösungen aber nicht geeignet, weil flüssige Frameraten meist nur auf Auflösungen bis zu 1280x1024 erreicht werden. Eine Radeon HD 5550 erreicht schnell das Doppelte bis Dreifache der Frameraten einer Intel HD Graphics 3000 und hat demzufolge dann auch die Reserven, Spiele in der nativen Display-Auflösung nutzen zu können. Wer Spielefähigkeit wünscht – selbst nur für ein "Spielchen zwischendurch" – kommt weiterhin kaum um eine extra Grafikkarte herum. Die sicherlich beachtenswerte Performancesteigerung der integrierten Sandy-Bridge-Grafik reicht immer noch nicht aus, um mehr als eine grundsätzliche Spiele-Fähigkeit zur Verfügung zu stellen – aber eben keine echte Spiele-Tauglichkeit.

Zudem wird das Bild durch einige weitere Punkte getrübt: Erstens wird die Performance nicht unter einer gleichwertigen Filterqualität erreicht – der anisotrope Filter von Intel ist stark winkelabhängig und weit entfernt von den hohen Standards von AMD und nVidia. Und zweitens hat die Intel-Grafiklösung weiterhin ihre Probleme mit diversen Spielen, die entweder gar nicht starten oder verschieden schwere Grafikfehler bringen – bis hin sogar zu Bluescreens. Ein sofort nutzbarer Ersatz für LowCost-Grafiklösungen von AMD und nVidia ist die Intel-Grafik damit nur außerhalb des 3D-Feldes – und dafür braucht sie dann aber ihre gestiegene 3D-Performance nicht. Intel hat hier noch sehr viel Arbeit vor sich, damit man wirklich auf Augenhöhe mit den Grafikchips von AMD und nVidia operieren kann, rein eine gleichwertige LowCost-Performance ist hierzu nicht ausreichend.

Und damit zur alles entscheidenden Frage der Performance der reinen CPU. Hierzu gibt es jede Menge Benchmarks, allerdings haben viele Tester vergessen, dem Leser ein Gesamtbild zu vermitteln, so daß man sich oftmals in haufenweise Benchmark-Diagrammen verliert. Als relevant für eine grundsätzliche Betrachtung der Sandy-Bridge-Architektur sehen wir zuerst einmal eine Herausarbeitung der Pro/MHz-Performance an, was nur mit Benchmarks auf vergleichbarer Taktrate möglich ist. Sehr hilfreich hierzu sind die Benchmarks der ComputerBase, da auf gleichen Taktraten ausgeführt und gut zusammengefasst:

Anwendungen Spiele (LowQuality)
Core i7-2600K @ 2.8 GHz +HT +TM ¹ +12,6% (-11,4%) +0,1% (-0,1%)
Core i7-2600K @ 2.8 GHz -HT +TM ¹ +3,7% (-3,6%) +4,0% (-3,8%)
Core i7-2600K @ 2.8 GHz +HT -TM +8,7% (-8,0%) -1,0% (+1,0%)
Core i7-2600K @ 2.8 GHz -HT -TM 100% 100%
Core i7-930 @ 2.8 GHz +HT +TM -6,1% (+6,5%) -8,8% (+9,7%)
Core i7-930 @ 2.8 GHz +HT -TM -10,3% (+11,5%) -12,4% (+14,1%)
Core i7-930 @ 2.8 GHz -HT -TM -18,3% (+22,5%) -12,3% (+14,0%)
Core 2 Quad Q9550 @ 2.83 GHz -HT -TM -26,1% (+35,2%) -32,6% (+48,4%)
¹ Hochrechnung, da keine explizite Messung dieser Settings vorliegt (der Core i7-2600K gewinnt auf seinem default-Takt bei aktivem HyperThreading 3,8% in Anwendungen und 1,0% in LQ-Spielen durch den TurboMode sowie ohne aktives HyperThreading 3,7% in Anwendungen und 4,0% in LQ-Spielen durch den TurboMode)

Danach läßt sich grob sagen (Mix aus Anwendungs- und Spiele-Performance), daß im QuadCore-Feld Intel durch Sandy Bridge ca. 15 Prozent Pro/MHz-Leistung gegenüber Nehalem hinzugewonnen hat, unter Einbeziehung der Effekte von HyperThreading und TurboMode. Gegenüber der Core-2-Architektur beträgt der Pro/MHz-Gewinn sogar satte 50 Prozent – das ist dann mal eine Hausnummer, die sich absolut sehen lassen kann. Entscheidet man sich für ein Sandy-Bridge-Modell ohne HyperThreading, liegen diese Werte immer noch bei 12 bzw. 47 Prozent. Man verliert also nur unmerkbare 2½ Prozent durch den Verzicht auf HyperThreading bei Sandy Bridge – bis auf Spezialfälle besteht keine Notwendigkeit zum Griff zu HyperThreading bei Sandy Bridge.

 Performance-Hochrechnung (gleicher Takt)

Richtig interessant wird das ganze aber erst, wenn man es mit den üblichen Übertaktungen zusammenrechnet. Dies ist gerade für Core-2-Nutzer relevant, welche mit ihren zumeist hohen Übertaktungen für eine lange Laufzeit des Systems gesorgt haben und sich nun fragen, ob Sandy Bridge wirklich Sinn macht angesichts von quicklebendigen Core-2-Prozessoren nahe der 4-GHz-Grenze. Ausgehend von üblichen Übertaktungserfolgen und der vorstehend genannten Mehrperformance im Pro/MHz-Vergleich ergibt sich dabei folgende Hochrechnung (eingerechnet wurden 85% Skalierung mit steigender Taktrate bei Core 2 und Sandy Bridge, wegen des nicht mit dem Takt skalierenden Level3-Caches bei Nehalem jedoch nur 75% Skalierung mit steigender Taktrate):

 Performance-Hochrechnung (übertaktet)

Leider ist das ganze nur eine (fehlbare) Hochrechnung, weil erstaunlicherweise solcherart Benchmarks in den Launch-Artikeln kaum angetreten wurden – dabei ist es aufgrund der Einfachheit, einen Core 2 Quad oder Nehalem zu übertakten (und gleiches gilt natürlich auch für die K-Modelle von Sandy Bridge) eigentlich naheliegend, dieses bei den Nutzern häufig anzutreffende Szenario nachzumessen. Dabei zeigt gerade der Vergleich im Overclocking-Modus die Stärken von Sandy Bridge viel deutlicher auf: Sandy Bridge liegt übertaktet viel weiter vor Core 2 Quad und Nehalem als im unübertakteten Auslieferungszustand. Während der Sprung vom übertakteten Core 2 Quad zum übertakteten Nehalem noch sehr überschaubar ist, legt der übertaktete Sandy Bridge deutlichst an Performance oben drauf.

Und damit läßt sich auch die eigentliche Frage, die sich aus dem Sandy-Bridge-Launch ergibt, beantworten: Kann Sandy Bridge ein erstklassiger Ersatz für gut übertaktete Core 2 Quad Systeme sein? Einfache Frage, einfache Antwort – ja, auf jeden Fall, der Performancegewinn ist mit zwischen hochgerechnet 70 und 80 Prozent absolut überzeugend. Selbst auf 4.0 GHz laufende Core-2-Quad-Systeme werden deutlich mit hochgerechnet ca. 60 Prozent Performancegewinn geschlagen – bei einer Standard-Übertaktung bei Sandy Bridge von 4.5 GHz, welche sicherlich bei den allermeisten dieser Prozessoren erreichbar sein wird. Insofern ist Sandy Bridge ein bei der Performance doch absolut überzeugendes Produkt geworden. Daß man die direkt vorhergehende Nehalem-Architektur nicht so deutlich hinter sich läßt, ist dagegen verständlich, denn nicht aller Tage passiert so ein gewaltiger Sprung wie seinerzeit zwischen Pentium 4 und Core 2.

Hinzu kommt als Bonus, daß die Verbrauchswerte der Sandy Bridge QuadCore-Modelle sehr gut aussehen und trotz höherem Takt deutlich unter denen der schnellsten Nehalem QuadCore-Modelle liegen. Ein Core i7-2600K mit 3.4 GHz Takt verbraucht in etwa so viel wie ein Core 2 Quad oder Nehalem auf 3.0 GHz, was auf einen reinen CPU-Verbrauch (echte Messungen hierzu liegen noch nicht vor) von grob 70 Watt für das aktuelle Sandy-Bridge-Topmodell schließen läßt. Ein Core i5-2300 mit nur 2.8 GHz default-Takt dürfte locker unterhalb von 60 Watt Verbrauch liegen und könnte demzufolge eigentlich sogar das 65W-TDP-Siegel erhalten.

Allerdings finden sich im regulären Sandy-Bridge-Portfolio derzeit noch keine QuadCore-Modelle mit (realen) Verbrauchswerten bis maximal 40 Watt, welche (real) von den Core 2 Quad Q8xxx Modellen geboten werden. Zwar gibt es den Core i5-2500T mit einer TDP von 45 Watt, der diesen Wert erreichen sollte – diese CPU kostet allerdings auch 216 Dollar bei nur 2.3 GHz default-Takt, während es die Core 2 Quad Q8xxx Modelle für üblicherweise um die 130 Euro mit sogar etwas besseren Taktfrequenzen zum niedrigeren Preis gibt. Für den (sicherlich speziellen) Fall eines besonders laufruhigen QuadCore-Systems ist nach wie vor der Core 2 Quad mit im Feld der Möglichkeiten – ansonsten aber löst Intel mit Sandy Bridge faktisch alle anderen vorherigen Intel-Prozessoren gleichwertig oder besser ab.

Dabei besteht derzeit sicherlich kein besonderer Zwang zur Aufrüstung, wenn man schon ein schnelles PC-System hat – momentan fehlen breitflächig einfach die Performance-fressenden Anwendungen, um so etwas rechtfertigen zu können. Aber für einen Neukauf ist Sandy Bridge klar zu empfehlen, da Preis, Performance, Übertaktungsspielraum und Verbrauchswerte ein sehr rundes Gesamtpaket ergeben. AMD hingegen hatte schon seine liebe Mühe mit den Nehalem-Prozessoren und sieht gegen die neuen Sandy-Bridge-Prozessoren nun gar keinen Land mehr – AMD braucht zweifelsfrei die dieses Jahr anstehenden neuen CPU-Architekturen Llano und Bulldozer, um zu Intel aufschließen und eventuell sogar mithalten zu können.