Grafikkarten-Marktüberblick Mai 2012 (Seite 2)

Dienstag, 22. Mai 2012
 / von Leonidas
 

Damit trifft immer noch die Situation zu, daß fast durchgehend die 40nm-Beschleuniger die besseren Lösungen aus Performance/Preis-Sicht darstellen – allein an der absoluten Angebotsspitze, wo es derzeit nur 28nm-Beschleuniger gibt, gewinnen dann letztere. Die große Frage ist allerdings, ob man jetzt überhaupt noch diese 40nm-Beschleuniger empfehlen kann, wenn diese doch fast allesamt in absehbarer Zeit auslaufen werden. Da allerdings auch von den weiteren noch anstehenden 28nm-Lösungen zu erwarten ist, daß diese ähnlich hochpreisig in den Markt gehen werden wie die aktuellen 28nm-Beschleuniger, klärt sich diese Frage von selbst: Vermutlich brauchen die 28nm-Grafikkarten noch weit über den Sommer hinaus, um ernsthafte Vorteile beim Performance/Preis-Verhältnis gegenüber den 40nm-Beschleunigern zu entwickeln – und bis dahin kann man genauso gut auch bei den 40nm-Beschleunigern zugreifen, bei einigen dieser Modelle gibt es derzeit soviel Grafikkarte wie nie fürs Geld.

    Unsere subjektiven Empfehlungen lauten somit:

  • Im DualChip-Bereich lautet die Empfehlung trotz des erfolgreichen Erscheinens der GeForce GTX 690 auf "Abwarten" – auf die demnächst antretende Radeon HD 7990. Schließlich will man, wenn man schon runde 1000 Euro für einen solchen Boliden ausgibt, auch ganz sicher sein, das bestmögliche Produkt zu erstehen. Die Radeon HD 6870 X2 ist hingegen trotz ihres guten Performance/Preis-Verhältnisses überholt, sowohl technologisch durch gleich schnelle SingleChip-Grafikkarten als auch wegen der in ihrem Performancesegment inzwischen zu geringen 1024 MB Grafikkartenspeicher (pro Grafikchip).
  • Im oberen HighEnd-Bereich bei Preisen von 400 Euro aufwärts sehen wir derzeit die Radeon HD 7970 klar vor der GeForce GTX 680. Letzteres hat zwar unter dem Standard-Benchmarksetting von 1920x1080 4xAA einen gewissen Vorsprung, diesen egalisiert die Radeon HD 7970 jedoch unter höherwertigen Settings meistens und bietet dafür die größere Speichermenge zum klar besseren Preis an. Im Normalfall hätten beide Karten ihre Berechtigung durch ihre jeweiligen Stärken und Schwächen, aber aktuell ist der Preisvorteil der AMD-Lösung zu deutlich, um hier eine andere Empfehlung aussprechen zu können.
  • Im unteren HighEnd-Bereich bei Preisen von 300 bis 400 Euro ist die GeForce GTX 670 wohl minimal vor der Radeon HD 7950 zu sehen – der Performance-Vorteil der nVidia-Lösung ist etwas größer als der preisliche Vorteil der AMD-Lösung. Andererseits sind die Abstände so oder so gering und hat die Radeon HD 7950 immer noch ihren Vorteil unter höherwertigen Settings – so gesehen kann man wohl doch beide Lösungen empfehlen. Die GeForce GTX 580 ist leider nicht mehr attraktiv, da preislich viel zu nah an GeForce GTX 670 und Radeon HD 7950 dran – sie müsste aber deutlich weniger kosten, um wieder interessant zu werden.
  • Im oberen Performance-Bereich bei Preisen von 170 bis 300 Euro sticht ganz besonders nach den letzten Preissenkungen weiterhin die Radeon HD 6950 2GB alle anderen Angebote aus – deren Performance/Preis-Verhältnis ist zumeist deutlich vor den anderen Lösungen dieses Preisbereichs. Gerade die eher geringe Mehrperformance von Radeon HD 6970 und 7870 sowie GeForce GTX 560 Ti (448 Core) und GeForce GTX 570 passt wenig zu deren meist viel höheren Preispunkten. Die Radeon HD 7850 spielt schon ganz gut mit, kostet aber immer noch zu viel im Vergleich zur Radeon HD 6950 2GB, während die GeForce GTX 560 Ti nur bei günstigen ab Werk übertakteten Karten interessant ist – ansonsten zieht die Freischalt-Option der Radeon HD 6950 2GB (funktioniert offenbar nicht mit den 1GB-Varianten) sowie deren größerer Grafikspeicher.
  • Im unteren Performance-Bereich bei Preisen von 90 bis 150 Euro gewinnt die GeForce GTX 560 am oberen Ende dieses sowie die Radeon HD 6850 am unteren Ende dieses Preisbereichs. Damit ist erstmals seit langem AMD in diesem Preisbereich teilweise geschlagen, seit Monaten dominierten hier Radeon HD 6850 & 6870. Letztere Karte ist dabei nach wie vor ein Spitzenangebot, wurde aber beim Performance/Preis-Verhältnis inzwischen von der GeForce GTX 560 entthront. Gegenüber der in ihrem Preissement weiterhin führenden Radeon HD 6850 ist die GeForce GTX 560 SE nur ein (allerdings gutklassiger) zweiter Sieger, während Radeon HD 6790, GeForce GTX 550 Ti und GeForce GTX 460 inzwischen klar zu teuer angeboten werden. Radeon HD 7750 & 7770 hingegen müssten preislich noch klarer nachgeben, um interessant zu werden – es sei denn, der geringe Stromverbrauch dieser Karten spielt eine Rolle, unter diesem Blickwinkel haben diese natürlich etwas.
  • Im oberen Mainstream-Bereich bei Preisen von 70 bis 90 Euro geht die klare Empfehlung an die Radeon HD 6770, welche derzeit zu einem allen anderen Lösungen dieses Preisbereichs klar überlegenem Performance/Preis-Verhältnis angeboten wird. Dabei bringen überhaupt nur noch Radeon HD 6750 GDDR5 sowie GeForce GTS 450 GDDR5 vernünftige Performance/Preis-Verhältnisse auf die Waage, die anderen Karten dieses Preisbereichs fallen in dieser Frage teilweise sehr deutlich ab. In diesem Preisbereich gibt es leider viele Angebote, aber nur einige sinnvolle Lösungen – hier kann man zum gleichen Preis durchaus um 40 Prozent bei der Performance differierende Grafikkarten bekommen.
  • Im unteren Mainstream-Bereich bei Preisen von 40 bis 70 Euro ergibt sich ebenfalls die Situation vieler Angebote, aber weniger Lösungen. Klar hervorstechendes Angebot ist die Radeon HD 6670 DDR3, welche noch das angenehmste Performance/Preis-Verhältnis für den niedrigstmöglichen Gamer-Einstieg bietet. Unterhalb dieser Karte sollte man dann nicht mehr kaufen – die etwas günstigeren Karten dieses Preisbereichs haben nur deutlich weniger Performance, was auf dieser Performance-Stufe schnell schmerzhaft sein kann. Bemerkenswert ist zudem, wie nVidia die zur GeForce GT 440 vollkommen gleiche GeForce GT 630 derzeit zu einem klar höheren Preispunkt in den Markt schickt – und dabei hatte die GeForce GT 440 noch nie ein wirklich überzeugendes Performance/Preis-Verhältnis anzubieten.

Die nächste Zeit wird an dieser Situation wohl nur maßvolle Änderungen mit sich bringen: Zwar ist für den Juni-Anfang AMDs DualChip-Lösung Radeon HD 7990 in Konkurrenz zur GeForce GTX 690 zu erwarten, danach sind jedoch keine weiteren Launch-Termine bekannt und hat die Gerüchteküche auch noch nichts über demnächst anstehenden weitere 28nm-Grafikkarten in Petto. Fehlend sind derzeit primär noch die 28nm-Lösungen auf Basis der nVidia-Chips GK106 (Performance) und GK107 (Mainstream), diese dürften voraussichtlich im Zeitrahmen Juni bis August antreten. Ob die Launches dieser weiteren 28nm-Lösungen etwas an der generellen Situation ändern, wäre allerdings zu bezweifeln – derzeit hat sich der Markt klar auf den Zustand eingeschossen, daß die meisten 40nm-Lösungen das bessere Performance/Preis-Verhältnis bieten, womit sie gegenüber den 28nm-Lösungen des gleichen Performance-Bereichs die weiterhin besseren Angebote darstellen.

Wahrscheinlich dürfte erst das Auslaufen der 40nm-Grafikkarten diesen gordischen Knoten sprengen – die 28nm-Karten würden dann aber auch nur die Führung übernehmen, weil die aus Performance/Preis-Sicht besseren 40nm-Karten dann schlicht fehlen. Andererseits sind in der Tat erst nach dem Auslaufen der 40nm-Modelle wirklich erhebliche Preisnachlässe bei den 28nm-Modellen möglich – würde man dies jetzt tun, werden die 28nm-Modelle zu attraktiv und lassen sich die 40nm-Modelle umgehend nicht mehr absetzen. Insofern hat die jetzige preisliche Situation durchaus ihren Sinn, auch wenn damit der große Durchbruch der 28nm-Beschleuniger im Mainstream- und Performance-Segment noch verzögert wird. Leider läßt sich derzeit schwer prognostizieren, wann die 40nm-Beschleuniger wirklich den Markt verlassen werden, derzeit gibt es außerhalb des HighEnd-Bereichs noch keine echten Anzeichen für diesen Schritt. Damit dürfte uns die aktuell zu beobachtende Situation vom gleichzeitigen Angebot an 28nm- und 40nm-Lösungen wohl noch die nächsten Monate begleiten.

Keine extra Aufstellung mehr gibt es mit diesem Grafikkarten-Marktüberblick für die Grafikkarten ab 2048 MB Grafikkartenspeicher. Da inzwischen die Standard-Speicherbestückung beider Grafikchip-Entwickler bei deren HighEnd-Modellen auf mindestens 2048 MB gestiegen ist, lohnt diese extra Disziplin nicht mehr, denn bei Bedarf kann man sich somit aus dem vorhandenen Standard-Angebot bedienen und muß keine Preisaufschläge für höhere Speicherbestückungen mehr ausgeben. Eine extra Disziplin für noch höhere Speicherbestückungen lohnt dagegen noch nicht, da im Normalfall mehr als 2048 MB Grafikkartenspeicher nicht benötigt werden.

Wie schon bei den letzten Marktüberblicks-Artikeln führen wir auch diesesmal keine extra Auflistung der Grafikkarten mit nur 512 MB Grafikkartenspeicher. In früheren Marktüberblicks-Artikeln ergaben sich hierbei regelmäßig keine guten Angebote – die halbwegs interessanten Karten mit 512 MB Speicher waren oftmals nur 5 Euro günstiger als ihre Counterparts mit 1024 MB Speicher, was in jedem normalen Anwendungsfall einfach nicht lohnt. Als einzige generelle Ausnahme kann der Fall einer extra PhysX-Grafikkarte gelten, wofür gern GeForce GT 430, GeForce GT 440 oder GeForce GTS 450 genommen werden und welche für diesen Anwendungszweck die größere Speichermenge nicht benötigen. Ansonsten lohnt eine 512-MB-Karte heutzutage nicht einmal mehr im absoluten Einsteigerbereich: Eine GeForce GT 430 ist derzeit mit 1024 MB DDR3-Speicher für ab 40 Euro zu haben – günstiger ist auch keine der lieferbaren 512-MB-Karte von Radeon 5570 & 5670 bis zu GeForce 430 & 440.

Wie üblich wollen wir abschließend die bei diesem Marktüberblick eingesetzten Indizies "Performance/Preis" und "Performance/Spieleverbrauch" noch einmal kummuliert als bessere Entscheidungshilfe betrachten. Dazu haben wir die Ergebnisse aller Grafikkarten jeweils in ein Diagramm zusammengefügt – angefangen mit dem Index "Performance/Preis", welchen man auch als "Framerate pro Euro" bezeichnen kann. Daß dabei die Karten mit steigendem Performancelevel ein immer geringeres Performance/Preis-Verhältnis aufweisen, ist vollkommen normal – relevant sind die relativen Unterschiede zu den anderen Angeboten des gleichen Perfomancebereichs.

Die allermeisten der derzeit angebotenene Grafikkarten haben ein gangbares Performance/Preis-Verhältnis, wobei man im oberen Mainstream- sowie im Performance-Segment wie üblich das meiste für sein Geld bekommt. Am interessantesten sind derzeit die AMD-Angebote Radeon HD 6770 und 6850 sowie das nVidia-Angebot der GeForce GTX 560, welche momentan das beste Performance/Preis-Verhältnis aller angebotenen Karten aufweisen. Beachtenswert ist zudem der für das HighEnd-Segment gute Performance/Preis-Wert der GeForce GTX 670, welcher erst von wirklich deutlich günstigeren Karten wieder klar überboten wird.

Der nachfolgende Index "Performance/Spieleverbrauch" läßt sich dagegen auch als "Framerate pro Watt" übersetzen – hier es geht um die Energieeffizienz der Karten. Hierbei sollten normalerweise alle 40nm-Karten vom Mainstream- bis Performance-Segment eine ähnliche Energieeffizienz aufweisen und vor allem die Ausreißer innerhalb desselben Performancebereichs interessant sein. Das HighEnd-Segments ist in dieser Frage dann immer etwas extra zu betrachten, denn in diesem geht die Energieeffizienz üblicherweise merkbar zurück. Die 28nm-Angeboten sollte in dieser Frage natürlich durchgehend in einer eigenen Liga spielen.

Und dies zeigt sich dann auch überdeutlich selbst bei den HighEnd-Angeboten: Die 28nm-Beschleuniger liegen überall mit Abstand in Front gegenüber ihren jeweiligen 40nm-Kontrahenten, wobei speziell die Radeon HD 7750 ein geradezu unglaublich gutes Performance/Spieleverbrauch-Verhältnis aufweist. Im Bereich der reinen 40nm-Beschleuniger regiert ebenfalls AMD mit durchgängig guten Lösungen, während nVidias 40nm-Beschleuniger im Performance- und HighEnd-Segment in dieser Frage durchaus mithalten können, nVidia allerdings keinerlei energieeffiziente Lösungen im Mainstream-Bereich zu bieten hat.