Die bisherigen Informationen zu ATIs "Southern Islands"

Samstag, 14. August 2010
 / von Leonidas
 

Die DigiTimes berichtet aus dem Kreis der taiwanesischen Grafikkarten-Hersteller von einer Vorstellung der ATI Radeon HD 6000 Serie im Oktober und einem Markteintritt im November – und liefert die damit bisher sicherste Information zum Erscheinungstermin von ATIs Southern-Islands-Generation. Weiterhin unklar bleibt natürlich, welche Chips ATI zu diesem Zeitpunkt vorstellen wird – nicht unwahrscheinlich ist dabei die Annahme, daß es erst einmal nur den HighEnd-Chip "Cayman" geben wird und die restlichen Chips dann später kommen werden. Möglicherweise ist dabei die Verzögerung zwischen den einzelnen Chips nicht ganz so groß wie bei ATIs Radeon HD 5000 Serie, weil bei Southern Islands im Gegensatz zu dieser keine neue Fertigungstechnologie zum Einsatz kommt, sondern weiterhin in TSMCs 40nm-Prozeß gefertigt wird.

Die neue Grafikchip-Generation wurde wie bekannt von ATI eingeschoben, nachdem der ursprüngliche Plan, eine "Northern Islands" Generation zum Jahreswechsel 2010/11 in 28nm zu bringen, an der Nichtverfügbarkeit dieses Fertigungsverfahrens zu diesem Zeitpunkt scheiterte. Da die Northern-Islands-Generation als größerer Sprung geplant ist, kann diese auch nicht in 40nm gefertigt werden, dies würde deutlich zu große Grafikchips ergeben – ergo wird es Northern Islands erst zum Herbst/Jahresende 2011 geben, wenn die 28nm-Fertigung reif für die Massenfertigung von Grafikchips ist. Für das Jahresende 2010 hat ATI nun mit "Southern Islands" eine Grafikchip-Generation einschieben müssen, deren Sprung nicht ganz so groß ist und welche somit noch in 40nm gefertigt werden kann.

Gerüchteweise hat ATI für Southern Islands einfach die deutlich verbesserte Raster-Engine von Northern Islands genommen, die Shader-Einheiten aber weitgehend von der aktuellen Radeon HD 5000 Serie benutzt. Damit dürfte Southern Islands in erster Linie in Richtung Effizienzsteigerung des schon vorhandenen gehen, die gleiche Anzahl Hardware-Einheiten sollte auf gleichem Takt also etwas schneller sein als bisher. Gleichzeitig bringt die neue Raster-Engine natürlich auch eine deutlich verbesserte Tesselations-Einheit mit, womit ATI diesbezüglich mit nVidias Fermi-Architektur gleichziehen will – wie gleich, wird man sehen müssen. Viel Platz für eine weitere Steigerung der Anzahl der Shader-Einheiten bleibt da natürlich nicht, selbst wenn die Gerüchteküche derzeit von 1920 Shader-Einheiten beim Cayman-Chip ausgeht.

Allerdings wird ATI den Aufbau der Shader-Einheiten ändern: Bestand ein Shader-Cluster bei ATI bisher aus 16 5-D VLIW-Einheiten (80 Shader-Einheiten insgesamt), sind es zukünfig 16 4-D VLIW-Einheiten (64 Shader-Einheiten insgesamt), dies soll die Effizienz der Shader-Einheiten selber etwas steigern. Damit muß natürlich die Gesamt-Anzahl aller Shader-Einheiten der einzelnen Southern-Islands-Chips generell durch 64 teilbar sein – der RV830/Redwood-Chip mit seinen 400 Shader-Einheiten wäre also nicht mit der gleichen Anzahl an Shader-Einheiten innerhalb der Southern-Islands-Generation auflegbar. Gleichzeitig ändert sich damit auch das Verhältnis von Shader-Einheiten zu Textureneinheiten von bisher 1:20 auf dann 1:16, es gibt also bei Southern Islands 25 Prozent mehr Textureneinheiten pro Shader-Einheit.

Zusammen mit der höheren Effizienz der Shader-Einheiten samt eventuell auch einer höheren Anzahl derselben kann man zudem trefflich darüber diskutieren, ob ATI dafür nicht auch größere Speicherinterfaces bei der Southern-Islands-Generation benötigt. Bislang arbeitet die Radeon HD 5000 Serie trotz relativ gesehen schmaler Interfaces noch nicht am Bandbreiten-Limit – aber dies kann sich natürlich ändern, wenn man 30 Prozent oder sogar mehr Rohleistung oben drauf legt. Trotzdem könnte ATI weiterhin an den bisherigen Speicherinterface festhalten, weil größere Interfaces einfach auch wieder Mehrtransistoren bedeuten würden und man bei Southern Islands damit wie gesagt sparsam umgehen muß. Zudem sind gewisse Bandbreitensteigerungen auch durch schnelleren GDDR5-Speicher möglich, welcher zum Jahresende mit bis zu 3000 MHz Datentakt zu bezahlbaren Preisen verfügbar sein sollte.

Radeon HD 5000 Serie Southern Islands
Fertigung TSMC in 40nm TSMC in 40nm
Fortschritt - neue Raster-Engine für mehr Effizienz samt neuer Tesselations-Einheit für deutlich höhere Tesselations-Power, Shader-Einheiten nicht mehr als 5-D VLIW-Einheiten angeordnet (RV870/Cypress: 320 5-D VLIW), sondern als 4-D VLIW-Einheiten (Cayman: 480 4-D VLIW), dadurch etwas höhere Effizienz der Shader-Einheiten und auch Zunahme der Anzahl an Textureneinheiten pro Shader-Einheit
LowCost RV810/Cedar
80 Shader-Einheiten, 8 TMUs, 64 Bit DDR Speicherinterface
Caicos
geschätzt 64-192 Shader-Einheiten
Vorstellung & Verfügbarkeit: Jahreswechsel 2010/11
Performancesprung: 0-150%
Mainstream RV830/Redwood
400 Shader-Einheiten, 20 TMUs, 128 Bit DDR Speicherinterface
Turks
geschätzt 384-640 Shader-Einheiten, 24-40 TMUs
Vorstellung & Verfügbarkeit: Jahreswechsel 2010/11
Performancesprung: 10-50%
Performance RV840/Juniper
800 Shader-Einheiten, 40 TMUs, 128 Bit DDR Speicherinterface
Barts
geschätzt 800-1280 Shader-Einheiten, 50-80 TMUs
Vorstellung & Verfügbarkeit: Jahreswechsel 2010/11
Performancesprung: 10-50%
HighEnd RV870/Cypress
1600 Shader-Einheiten, 80 TMUs, 256 Bit DDR Speicherinterface
Cayman
angeblich 1920 Shader-Einheiten, 120 TMUs
Vorstellung: Oktober 2010, Verfügbarkeit: November 2010
Performancesprung: 25-35%
DualChip Hemlock (2x RV870/Cypress)
3200 Shader-Einheiten, 160 TMUs, 2x 256 Bit DDR Speicherinterface
Antilles (2x Cayman)
angeblich 3840 Shader-Einheiten, 240 TMUs
Vorstellung & Verfügbarkeit: Jahreswechsel 2010/11
Performancesprung: 25-35%

Allerdings wird ATI natürlich irgendetwas aufbieten müssen, damit die Southern-Islands-Generation nicht nur eher unmerkbare 15 Prozent vor der aktuellen Radeon HD 5000 Serie liegt – für eine neue Generation, welche immerhin ein ganzes Jahr durchhalten soll, wäre das zu wenig. So wird es wohl eine Kombination aus Effizienzsteigerung, Mehrtakt und mehr Hardware-Einheiten geben, welche der Southern-Islands-Generation zu zwischen 25 und 35 Prozent Mehrleistung gegenüber der Radeon HD 5000 Serie verhelfen sollte – mehr erscheint aufgrund der technischen Ansetzung zumindest im HighEnd-Bereich als kaum realisierbar. Dabei dürfte es den sichersten Performancesprung im Performance- und HighEnd-Bereich geben, weil ATI dort den Anschein einer klar schnelleren neuen Grafikchip-Generation am ehesten wahren muß.

Im LowCost- und Mainstream-Segment ist dies dagegen nicht so dringend notwendig, womit es durchaus passieren kann, daß die entsprechenden Southern-Islands-Chips nur über die gleiche/ähnliche Anzahl an Hardware-Einheiten verfügen wie aktuell die Radeon HD 5000 Serie. Anderseits wird für die Konstruktion dieser Chips natürlich auch eine Rolle spielen, wie nVidias jeweilige Fermi-Gegenangebote aussehen. Sofern ATI einschätzt, daß man hier mit den eigenen neuen Chips an Performance zulegen muß, könnten die Southern-Islands-Grafikchips für LowCost-, Mainstream- und Performance-Segment auch größer ausfallen als gedacht – hier hat ATI im Gegensatz zum HighEnd-Segment schließlich nicht so das Problem, in unproduzierbare Größenordnungen bei der Die-Fläche zu kommen.

Damit sind gerade die kleineren Chips der Southern-Islands-Generation derzeit schwer einzuschätzen, weil bei diesen ATI nicht an feststehende Limits bei der Chiproduktion gebunden ist und daher recht frei entscheiden kann, wie groß (und damit leistungsstark) diese Chips ausfallen sollen. Gut möglich, daß die kleineren Chips der Southern-Islands-Generation sogar über die vorstehende Prognose von maximal 35 Prozent Performancezuwachs durch Southern Islands hinausgehen – bei maximaler Ausnutzung unserer vorstehenden Schätzungen zu den Hardware-Einheiten sind bei den kleineren Chips der Southern-Islands-Generation sogar bis zu 50 Prozent Mehrleistung gegenüber den jeweils vergleichbaren Chips der Radeon HD 5000 Serie möglich.

So toll wirtschaftlich wie bei den kleinen Die-Größen der aktuellen Radeon HD 5000 Serie wäre dies dann natürlich nicht mehr – ungewiß, ob ATI in diesen sauren Apfel beißen will. Die stark verbesserte Raster-Engine wird schließlich auch so schon einiges an zusätzlichen Transistoren fressen, so daß die Neigung zu einer deutlich höheren Anzahl an Shader-Einheiten angesichts der gleichen Fertigung und einer schon sehr hohen (und kaum noch wesentlich steigerbaren) Packdichte der Transistoren möglicherweise nicht gerade hoch ausfällt. Aber wie gesagt sind derzeit bei den kleineren Chips der Southern-Islands-Generation alle Strategien denkbar: Sowohl die Beibehaltung der Anzahl der Shader-Einheiten über eine maßvolle Steigerung im Rahmen von 20 Prozent bis hin zu eine deutlichen Steigerung im Rahmen von 50 bis 60 Prozent – man wird sich diesbezüglich überraschen lassen müssen.

Allein die 1920 Shader-Einheiten (und daraus resultierenden 120 Textureneinheiten) des HighEnd-Chips Cayman erscheinen als ziemlich feststehend, weil mehr innerhalb der 40nm-Fertigung kaum in einen HighEnd-Grafikchip zu pressen sind. Eingerechnet die Mehrtransistoren durch die verbesserte Raster-Engine kann Cayman schnell auf 400mm² Die-Fläche kommen (zum Vergleich: RV870/Cypress bei 337mm², nVidia GF100 bei 529mm²) – was wohl das höchste ist, was ATI mit seiner aktuellen Strategie der (relativ gesehen) kleineren Grafikchips aufzulegen bereit ist. Zudem kommen bei einer solch großen Die-Fläche auch noch die bekannten Ausbeuteprobleme in der Fertigung hinzu, welche ATI und nVidia bei ihren bisherigen HighEnd-Chips unter 40nm schon leidvoll erfahren mussten. Selbst wenn es dieses Gerücht über die 1920 Shader-Einheiten von Cayman nicht gäbe, würden wir die Anzahl der Shader-Einheiten bei diesem HighEnd-Chip also auf ungefähr auf diesen Wert schätzen – mehr erscheint innerhalb der 40nm-Fertigung und unter Einrechnung von ATIs Strategie nicht als wahrscheinlich.

Und damit letztlich zurück noch einmal zur Terminlage der einzelnen Southern-Islands-Chips: Wir gehen wie gesagt von einem zeitlich abgestuften Launch aus, welcher sich aber wohl nicht ganz so lang streckt wie bei der Radeon HD 5000 Serie. Vermutlich dürften also bis Jahresende alle neuen Southern-Islands-Chips vorgestellt werden, so daß ATI ab Jahresanfang 2011 ein komplett neues Portfolio im Markt stehen hat. Konkrete Informationen zu den Launchterminen der kleineren Chips der Southern-Islands-Generation liegen aber derzeit noch nicht vor. Einzig sicher ist derzeit die vorgenannte Terminlage zum Cayman-Chip (Vorstellung im Oktober, Verfügbarkeit im November), was auch durch frühere Berichte vom Tape-Out dieses Grafikchips im April oder früher gedeckt werden. Weitere, neue Informationen zur Southern-Islands-Generation werden sich dann im Laufe der Zeit in unseren täglichen News einfinden und zusätzlich natürlich auf der Übersichtsseite zu Southern Islands notiert werden.