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News des 30./31. Juli 2022

Die Betrachtung der aktuellen Grafikkarten-Preise in Bezug auf deren Preis-Übertreibung findet hiermit das letzte Mal (in dieser Form) statt – da sich das Thema aufgrund der nunmehr erreichten Preislagen im deutschen/österreicher Einzelhandel faktisch erübrigt. AMDs Radeon RX 6000 Karten steht derzeit bei im Schnitt 86% des Listenpreis-Niveaus, nVidias GeForce RTX 30 Karten bei 91%. Nicht jede Karte liegt damit schon unterhalb des umgerechneten US-Listenpreises (die deutschen Listenpreises haben ein zu schwankendes Niveau, um jene hierfür ernsthaft verwenden zu können), aber selbst die "ungünstigen" Karten liegen nahe dran. Das Listenpreis-Niveau wird allerdings inzwischen (deutlich) im Schnitt aller Modelle erreicht, erstmals sogar für die Karten des gemeinsamen Kern-Portfolios.

Die Haupttreiber der aktuellen Preis-Entwicklung sind inzwischen aber auch andere Punkte als früher zu den Zeiten der Preisübertreibungen des Jahres 2021: Zum einen verteuert der schwache Dollar/Euro-Kurs die Grafikkarten in absoluten Euro-Beträgen. Teilweise kommt diese Entwicklung auch erst jetzt in der Praxis an, obwohl sich der Umtauschkurs zuletzt nicht mehr bewegte: Doch die jetzt hereinkommenden Nachlieferungen werden alle zum schlechten Währungskurs faktoriert, während Lagerware durchaus noch zu besseren Kursen eingekauft sein kann. Dies zeigt sich teilweise schon in den Preisen der üblicherweise am knappsten kalkulierten Modelle am unteren Ende der Preis- und Performance-Skala: Eine GeForce RTX 3050 veränderte sich nicht mehr im Preis, die Preise für Radeon RX 6400 und 6500 XT stiegen hingegen sogar leicht an (entgegen dem allgemeinen Trend wohlgemerkt).

Zum anderen setzt nunmehr augenscheinlich schon der Abverkauf zugunsten der NextGen-Grafikkarten ein, welche diesen Herbst von AMD (Radeon RX 7000 Serie) und von nVidia (GeForce RTX 40 Serie) zu erwarten sind. Damit werden derzeit insbesondere die teuersten Modelle der zukünftigen Alt-Ware deutlich günstiger: Eine Radeon RX 6950 XT ist (im Bestfall) schon zum originalen Preis der Radeon RX 6900 XT zu bekommen, die GeForce RTX 3090 Ti liegt hingegen allgemein schon auf einem Preisniveau etwas niedriger als ursprünglich die GeForce RTX 3090. Zu beachten wäre, dass die hohen Preisreduzierungen (derzeit) wirklich nur die teuren Modelle betreffen: Jene laufen natürlich zuerst aus – und jene tragen aber auch die höchsten Preisaufschläge als (bisherige) Spitzenprodukte, was sich dann mit dem Eintreffen der NextGen-Grafikkarten logischerweise erledigt.

US-MSRP vs Straßenpreis RX 6000 Diff. RTX 30 Diff. Kern-Portf. Diff.
12. Dezember 2021 +83% +87% +106%
2. Januar 2022 +78% –5PP +85% –2PP +100% –6PP
23. Januar 2022 +63% –15PP +77% –8PP +88% –12PP
13. Februar 2022 +45% –18PP +57% –20PP +67% –21PP
6. März 2022 +35% –10PP +42% –15PP +56% –11PP
27. März 2022 +25% –10PP +26% –16PP +39% –17PP
17. April 2022 +12% –13PP +17% –9PP +28% –11PP
8. Mai 2022 +7% –5PP +13% –4PP +23% –5PP
29. Mai 2022 +2% –5PP +6% –7PP +17% –6PP
19. Juni 2022 –8% –10PP +2% –4PP +5% –12PP
10. Juli 2022 –12% –4PP –3% –5PP +1% –4PP
31. Juli 2022 –14% –2PP –9% –6PP –2% –3PP
gemäß der (nachfolgenden) Straßenpreis-Aufstellung zum 31. Juli 2022; PP = Prozentpunkt; Kern-Portfolio: allein Radeon RX 6700 XT, 6800 & 6800 XT sowie GeForce RTX 3060 Ti, 3070 & 3080-10GB (aka Lösungen mit sinnvollem Listenpreis)

Der Grafikkarten-Markt bewegt sich somit auffallend auf andere Relevanz-Punkte zu, als es die letzten anderthalb Jahre der Fall war: Nunmehr geht es darum, günstige Abverkaufs-Angebote zu bekommen – womit selbst das Erreichen des Listenpreis-Niveaus als oftmals nicht mehr ausreichend angesehen wird. Immerhin ist es schön, dass dieser Punkt überhaupt erreicht werden konnte, denn zum Jahresende 2021 sah es nicht unbedingt danach aus – seinerzeit wurde gerade wieder die Marke einer Preis-Verdopplung gegenüber dem Listenpreis erreicht. Zu erinnern sei auch an die dunklen Zeiten vom Jahresende 2020 bis Herbst 2021, wo das Grafikkarten-Angebot teilweise derart mager war, dass für einzelne Grafikkarten absolut keine lieferbare Listungen zu finden waren.

Hieran hatte sich auch ergeben, für diese Auswertungen immer nur die jeweils verfügbaren Bestpreise zu notieren: Zum Teil gab zu diesen Zeiten anno 2021 nur ein einziges lieferbares Angebot, zum Teil waren die Preise der zweit- und drittbesten Angebote nochmals maßlos höher. Genauso sollten die Händler über diese Konzentration auf das alleinig beste Angebot auch ein wenig dazu animiert werden, jene ganz überzogenen Preise zu lassen und vielmehr versuchen, diesen notierten Bestpreis zu unterbieten. Dies konnte natürlich im Jahr 2021 schwerlich gelingen, wenn die Nachlieferungen regelmäßig kleiner als die Käufer-Bestellungen waren. All dies hat sich nun innerhalb eines halben Jahres von Anfang bis Mitte 2022 wieder normalisiert – womit dieser periodisch erstellte Marktüberblick zu den Preisübertreibungen der großen Grafikkarten-Krise 2021 in seinen Ruhestand gehen kann.

Liste Geizhals bester Preis Übertreibung Veränd. Lieferbarkeit
Radeon RX 6950 XT $1099 1143-1300€ ab 999€  (Caseking) ab –22% –15PP ★★★☆☆
Radeon RX 6900 XT $999 885-1100€ ab 885€  (Mindfactory) ab –24% –4PP ★★★★☆
Radeon RX 6800 XT $649 749-900€ ab 749€  (Mindfactory) ab –1% –2PP ★★★★☆
Radeon RX 6800 $579 659-900€ ab 659€  (Mindfactory) ab –2% –2PP ★★★☆☆
Radeon RX 6750 XT $549 559-700€ ab 559€  (Mindfactory) ab –13% –3PP ★★★★☆
Radeon RX 6700 XT $479 469-550€ ab 469€  (Mindfactory) ab –16% –7PP ★★★★★
Radeon RX 6650 XT $399 399-470€ ab 399€  (Mindfactory) ab –14% –2PP ★★★★☆
Radeon RX 6600 XT $379 379-500€ ab 379€  (Hardwarecamp24) ab –14% –1PP ★★★★☆
Radeon RX 6600 $329 289-350€ ab 289€  (Mindfactory) ab –25% –2PP ★★★★☆
Radeon RX 6500 XT $199 189-230€ ab 189€  (Caseking) ab –18% +9PP ★★★★☆
Radeon RX 6400 $159 166-200€ ab 166€  (Amazon) ab –10% +4PP ★★★☆☆
Preisstand: 31. Juli 2022 (Nachts) für direkt lieferbare Angebote; Preisübertreibung gerechnet gegenüber dem US-Listenpreis, tagesaktuell umgerechnet auf Euro und zuzüglich 19% MwSt.; Veränderung gegenüber der letzten Erfassung vom 10. Juli 2022, in Prozentpunkten (PP) gegenüber der seinerzeitigen Preisübertreibung
Liste Geizhals bester Preis Übertreibung Veränd. Lieferbarkeit
GeForce RTX 3090 Ti $1999 1398-1800€ ab 1398€  (Mindfactory) ab –40% –21PP ★★★★☆
GeForce RTX 3090 $1499 1299-1400€ ab 1299€  (ESD direct) ab –26% –14PP ★★★★★
GeForce RTX 3080 Ti $1199 1049-1200€ ab 1049€  (Caseking) ab –25% –3PP ★★★★★
GeForce RTX 3080 12GB ($849) 849-1000€ ab 849€  (Notebooksbilliger) ab –14% –8PP ★★★★★
GeForce RTX 3080 10GB $699 829-950€ ab 829€  (Mindfactory) ab +2% –2PP ★★★★★
GeForce RTX 3070 Ti $599 679-800€ ab 679€  (Mindfactory) ab –3% –3PP ★★★★★
GeForce RTX 3070 $499 589-670€ ab 589€  (Mindfactory) ab +1% –2PP ★★★★★
GeForce RTX 3060 Ti $399 489-580€ ab 489€  (ESD direct) ab +5% –2PP ★★★★★
GeForce RTX 3060 $329 395-480€ ab 395€  (Mindfactory) ab +3% –1PP ★★★★★
GeForce RTX 3050 $249 319-380€ ab 319€  (Notebooksbilliger) ab +10% ±0 ★★★★★
Preisstand: 31. Juli 2022 (Nachts) für direkt lieferbare Angebote; Preisübertreibung gerechnet gegenüber dem US-Listenpreis, tagesaktuell umgerechnet auf Euro und zuzüglich 19% MwSt.; Veränderung gegenüber der letzten Erfassung vom 10. Juli 2022, in Prozentpunkten (PP) gegenüber der seinerzeitigen Preisübertreibung; Listenpreis der GeForce RTX 3080 12GB auf 849 Dollar angenommen

Auffallend zu den TimeSpy-Performancewerten der GeForce RTX 40 Karten ist der deutliche Rückgang der (gegenüber dem jeweiligen Vorgänger) erzielten Mehrperformance zwischen GeForce RTX 4090 und GeForce RTX 4070: Von +86% über +65% auf +47%. Generell war von GeForce RTX 4070 & 4080 der geringere Performance-Zuwachs zu erwarten, schließlich haben jene keinen so deutlich nach oben gehenden Grafikchip (AD104/AD103) als Unterbau wie die GeForce RTX 4090 (AD102). Dies wurde an dieser Stelle bereits in diesem April derart thematisiert, die höchste Performance-Prognose konnte sich somit bei nVidias Ada-Lovelace-Generation immer nur auf das Spitzenmodell beziehen. Allerdings kommt die GeForce RTX 4070 nun dennoch unterhalb der schon entsprechend niedriger angesetzten Performance-Prognose heraus. Da bezüglich des Rechenleistungs-Vorteils keine echte Differenz zur GeForce RTX 4080 besteht, muß ein anderer Faktor für dieses Ergebnis verantwortlich sein.

3070 → 4070 3080 → 4080 3090 → 4090
FP32-Rechenleistung ca. +80-105% ca. +80-100% ca. +131%
Speicherbandbreite –20% –12% +8%
TSE-Performance +47% +65% +86%
TDP 220W → 300W 320W → 420W 350W → 450W
Verbrauchs-Effizienz +8% +26% +45%
Ada-Hardware AD104, 56 SM @ 160 Bit, ≤48 MB L2 AD103, 80 SM @ 256 Bit, ≤64 MB L2 AD102, 128 SM @ 384 Bit, ≤96 MB L2

Die bisherige Vermutung ist, dass es etwas mit Speicherinterface und auch Level2-Cache zu tun hat: Die GeForce RTX 4070 benutzt nunmehr nicht das volle 192-Bit-Interface des zugrundeliegenden AD104-Chips – sondern nur 160 Bit davon. Damit hat jene Karte auch das größte Minus an Speicherbandbreite gegenüber der Vorgänger-Generation zu beklagen, immerhin –20% gegenüber der GeForce RTX 3070. Hinzu kommt, dass der große Level2-Cache – welcher bei der Ada-Architektur prinzipiell wie ein "Infinity Cache" wirken sollte – bei der GeForce RTX 4070 nur 48 MB beträgt und durch das reduzierte Speicherinterface mutmaßlicherweise weiter reduziert wird. Denn üblicherweise hängt man bei nVidia eine gewisse Menge an Level2-Cache an ein Teil-Speicherinterface. Beschneidet man nunmehr das Speicherinterface, sollte dieser Teil des Level2-Caches ebenfalls fehlen. Somit könnte die GeForce RTX 4070 an einem 160-Bit-Interface auch mit nur 40 MB Level2-Cache antreten.

Und dies ist dann schon recht wenig, gerade wenn man damit höhere Auflösungen bestreiten will. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Radeon RX 6600 XT mit ihren nur 32 MB Infinity Cache, welche zwar unter FullHD (leicht) schneller als eine GeForce RTX 3060 ist – unter UltraHD/4K diesen Zweikampf dann wiederum (leicht) verliert. Für diese hohe Auflösung reicht das zugrundeliegende 128-Bit-Interface und die nur mittelprächtige Cache-Menge der Radeon RX 6600 XT nicht aus. Ähnlich könnte es der GeForce RTX 4070 ergehen, welche dann nur unter FullHD und WQHD wirklich stark ist, unter 4K hingegen bemerkbar nachläßt. Demzufolge könnte auch der TimeSpy-Benchmark, welche in der "Extreme"-Ausführung eben unter UltraHD/4K ausgeführt wird, eventuell nicht die volle Performance der GeForce RTX 4070 zeigen. Aufgrund der genannten Abspeckungen wird die Karte allerdings sowieso nie ganz so viel auf ihre direkte Vorgängerin oben drauf legen können wie die GeForce RTX 4080.

Ebenfalls sehr unterschiedlich zwischen den einzelnen RTX40-Modellen ist dann die Verbrauchs-Effizienz, sprich der Verbrauchs-normierte Performance-Gewinn. Hier erreicht die GeForce RTX 4090 gerade einmal +45%, die beiden anderen Modelle liegen noch klar unterhalb dieses Wertes. Natürlich können sich die konkreten Zahlen noch verschieben, je nach der Performance unter realen Spielen sowie dem Unterschied zwischen TDP und realem Verbrauch. Aber allein der jetzt zu sehende Effizienz-Gewinn ist für einen Sprung um anderthalb Fertigungsnodes sowie dem Wechsel von Samsung zu TSMC richtiggehend mager. Dies zeigt darauf hin, dass im Zuge des harten Konkurrenzkampfes alle guten Manieren über Bord geworfen wurden und die Grafikkarten mehrheitlich auf stark ineffizienten Betriebspunkten laufen müssen. Dies dürfte es nochmals interessanter machen für nVidia und die Grafikkarten-Hersteller, über Green Editions und Sweetspot Modi nachzudenken.