Viel zitiert wird derzeit eine Aussage von AMDs Scott Herkelman beim "AMD Gaming Festival" auf der Gamescom 2023, wonach das RDNA3-Portfolio "komplett" sein soll. Allerdings wird jene Aussage (dokumentiert von IGN @ YouTube) über die nachfolgenden Sätze sofort wieder eingeschränkt, denn dort spricht AMDs Grafikkarten-Chef darüber, dass alle entsprechenden Grafikchips ("ASIC") veröffentlicht wurden, durchaus aber noch "andere Versionen" herauskommen könnten. Anders formuliert bezog sich die "komplett"-Aussage in erster Linie auf RDNA3-Grafikchips, nicht hingegen auf RDNA3-basierte Grafikkarten. Die Möglichkeit dazu, dass auf Basis der bekannten RDNA3-Grafikchips also noch andere Grafikkarten erscheinen, hat sich AMD hier sehr wohl offengelassen. Die hierzu beliebte Interpretation, dass AMD nunmehr RDNA3 faktisch links liegen läßt, steht somit auf eher töneren Füßen.

Well, the RDNA3 portfolio is now complete. Of all products that we have planned to launch, that is, this is the last few products that we will launch. We may have some different versions, but they are not a new ASIC.
Quelle:  AMDs Scott Herkelman beim "AMD Gaming Festival" auf der Gamescom 2023, festgehalten von IGN @ YouTube

Selbst wenn AMD keineswegs damit zufrieden sein kann, was man mit der RDNA3-Generation bislang erreichen konnte, muß diese Grafikkarten-Generation nun dennoch einige Zeit bis zu ihrer Ablösung durchhalten. Dies gilt insbesondere dann, wenn von der RDNA4-Generation tatsächlich die Spitzenchips gestrichen sein sollten. Ein jegliches Fehlen von Navi 41 & 42 sowie eventueller (RDNA4-basierter) Ersatzlösungen würde den Verkaufszeitraum von RDNA3 sogar deutlich erweitern, womit auch zukünftige Programmergänzungen wie eventuell sogar ein "50er" Refresh zur Radeon RX 7000 Serie wahrscheinlicher werden würden. Die AMD-Aussage ist somit wirklich nur streng auf Chip-Ebene zu verstehen, denn auf Grafikkarten-Ebene kann die Zukunft viele, jetzt noch nicht absehbare Anforderungen bringen – bis hin auch zu weiteren RDNA3-basierten Grafikkarten.

Laut Twitterer Hoang Anh Phu soll es sich bei der kommenden Radeon RX 6750 GRE rein um eine übertaktete Radeon RX 6700 non-XT handeln. Dies ergäbe also die abgespeckte Hardware von 36 Shader-Clustern an einem 160 Bit Speicherinterface mit nur 10 GB VRAM. Die höheren Taktraten dürfte ein höheres Power-Limit nach sich ziehen, was allerdings die meisten der aktuell angebotenen Radeon RX 6700 Karten in der Praxis auch schon tragen (nominell 175W TDP, die meisten 6700 non-XT Modelle haben aber mehr). Denkbarerweise kommt da keine große Differenz zwischen beiden Karten heraus, eigentlich wäre somit die Radeon RX 6750 GRE nur ein neuer Name für die Radeon RX 6700. Zumindest würde die Verwendung des Navi-22-Chips anzeigen, dass AMD den Navi-21-Chip gut abverkauft hat und somit – entgegen anderen Meldungen – eben nicht auf zu großen Chip-Beständen sitzt.

RX 6750 GRE = Overclocked RX 6700 10GB
Quelle:  Hoang Anh Phu @ Twitter am 25. August 2023

Stichwort Navi-21-Auslauf: In dieser Frage haben sich bis einschließlich des Wochenendes nur kleinere Schritte ergeben. Jene sprechen aber dennoch klar eine Sprache, welche keine besseren Preislagen oder nachkommenden größeren Liefermengen mehr erwarten läßt. Denn wenn dann wird eher der Preisrahmen nach oben hin größer (nach unten hin überhaupt nicht) und auch die Verfügbarkeit zu sinnvollen Preisen musste erneut etwas zurückstecken. Beim aktuellen Tempo könnte es noch bis einigermaßen in den September hinein dauern, ehe sich eine komplett neue Angebotssituation ergibt – aber dies ist auch nur anhand des bisherigen Verlaufs geraten, relevant hierfür sind allein die bei den Einzelhändlern und Distributoren noch herumliegenden Stückzahlen dieser Karten. Wirklich groß dürften jene allerdings nicht sein, ansonsten würden man ein breiteres Angebot und einen gewissen Preiskampf sehen.

Diese Karten werden nun aber einfach zu den hiermit erreichten Tiefstpreisen abverkauft – wobei der Einzelhändler bei niedriger Lagermenge keinen großen Elan mehr aufbringen muß, dies passiert dann nahezu automatisch. Hieraus erklärt sich wohl auch das Aufkommen von Angeboten mit Mondpreisen im teilweise klar vielstelligen Bereich. Die dort dahinterstehende Lagermenge ist vermutlich sehr klein, eventuell nur 1-3 Stück. Damit existiert kein großer Abverkaufsdruck und auch der gebundene Lagerwert ist letztlich nicht bedeutsam. Ergo kann man seitens der Einzelhändler durchaus darauf hoffen, dass irgendeiner schon auf dieses "Angebot" hereinfällt. Die Chancen darauf steigen, sobald alle Karten zu vernünftigen Preispunkten abverkauft sind und somit ein sinnvoller Preismaßstab abhanden kommt. Ob diese "Mond-Angebote" wirklich abgesetzt werden, können nur die Einzelhändler beantworten, allerdings ist dieses Schema regelmäßig bei allen auslaufenden Grafikkarten zu sehen.

Laut dem normalerweise recht kundigen Twitterer Kepler_L2 sollen Navi 43 & 44 aus der RDNA4-Generation ihren Tape-Out (angeblich) bereits hinter sich gebracht haben. Dies würde dann auf einen Release schon im ersten Halbjahr 2024 hindeuten, möglicherweise sogar schon im ersten Quartal 2024. AMD braucht zwar gewöhnlich etwas länger bei seinen Tape-Outs bis zum Marktstart als das diesbezüglich extrem effizient arbeitende nVidia (teilweise nur ein halbes Jahr), aber Grafikchips sind keine Prozessoren, ergo muß die benötigte Zeitspanne eigentlich bei weniger als einem Jahr liegen. Zudem sind Navi 43 & 44 auch keine wirklich komplizierten Designs, da beiderseits monolithisch und offenbar nicht von besonders großer Chipfläche. In jedem Fall würde AMD damit sehr deutlich vor nVidias nächster Chip-Generation "Blackwell" (2025) herauskommen – und könnte es sich somit viel eher leisten, ohne neue HighEnd-Chips anzutreten.

If high-end RDNA4 was canceled, this must mean N44 & N43. In that case, tape-out should be happening soonish.
Quelle:  High Yield @ Twitter am 25. August 2023
 
Already did.
Quelle:  Kepler_L2 @ Twitter am 25. August 2023

Ob diese Information korrekt ist, läßt sich allerdings nicht beschwören und es muß auch klar gesagt werden, dass man bislang eher vom Jahresende 2024 als dem Starttermin der nächsten Chip-Generation bei AMD ausging. Sollte diese Tape-Out-Information zutreffen, erübrigen sich zumindest alle Thesen, AMD könnte eventuell die vormaligen Chiplet-Designs Navi 41 & 42 noch fix durch größere monolithische Chips (hypothetisch: Navi 45 & 46) ersetzen, um diese Generation dann doch zu komplettieren. Diese These könnte nur bei entsprechenden Zeitreserven funktionieren, welche angesichts der hiermit genannten Terminlage jedoch nicht mehr vorhanden ist. Insofern der Tape-Out von Navi 43 & 44 wirklich schon gelaufen ist, ist die finale Entscheidung zugunsten einer stark abgespeckten Radeon RX 8000 Serie bereits gefallen und gleichzeitig unumkehrbar. Der Termin des Tape-Outs ist zudem üblicherweise auch jener Termin, wo man dann anfängt, Entwicklungs-Ressourcen bereits auf den jeweiligen Nachfolger umzuschichten. Denkbar bleibt natürlich immer, dass AMD dann RDNA5 tatsächlich ähnlich schnell nachfolgen lassen will – nur bestätigen läßt sich dies derzeit noch nicht.