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News des 20. April 2023

Die schlechten Verkaufs-Nachrichten zur GeForce RTX 4070 reißen nicht ab: So haben VideoCardz in Polen ein Händlerangebot immerhin –9% unterhalb des dortigen Listenpreises erspäht – angesichts des abweichenden Mehrwertsteuer-Satzes entspricht dies umgerechnet ziemlich exakt den derzeit in Deutschland mindestens abgeforderten 625 Euro. Die große Attraktivität ist damit aber auch nicht zu erreichen, dafür ist das Preislevel der Karte generell zu hoch angesetzt. Jene verkauft sich dabei nicht einmal schlecht, aber nVidia hatte wohl mit deutlich stärkeren Absätzen gerechnet – und dafür dann die Menge an Chip-Lieferungen und Karten-Herstellung konzipiert. Wegen höherer Lieferungen als Nachfrage staut sich die GeForce RTX 4070 nun augenscheinlich in den Lägern, womit nVidia laut WCCF Tech zum ungewöhnlichen Schritt eines temporären Nachlieferstops greift. Damit sollen für einen Monat die Nachlieferungen des üblichen nVidia-Kits aus Chip & Speicher ausgesetzt werden.

AMD Preislage nVidia
749-930 Euro GeForce RTX 3080 10GB  (4K Perf-Index 332%)
Radeon RX 6950 XT 16GB  (4K Perf-Index 372%) 649-710 Euro
625-680 Euro GeForce RTX 4070 12GB  (4K Perf-Index 314%)
Radeon RX 6900 XT 16GB  (4K Perf-Index 350%) 619-730 Euro
Radeon RX 6800 XT 16GB  (4K Perf-Index 322%) 559-650 Euro
Radeon RX 6800 16GB  (4K Perf-Index 281%) 539-630 Euro
529-640 Euro GeForce RTX 3070 Ti 8GB  (4K Perf-Index 271%)
aktuelle Straßenpreise gemäß des Geizhals-Preisvergleichs für direkt lieferbare Angebote

Prinzipiell ist dies die richtige Maßnahme, wenn man nicht preislich reagieren will – was nVidia gern vermeidet bzw. bestenfalls in Maßen vor hat (vorgestern wurde über eine im Mai möglicherweise anstehende interne Preisenkung um 50 Euro berichtet). Angesichts dessen, dass der Launch gerade einmal eine Woche her ist, zeigt dies allerdings auf eine drastische Fehlkalkulation von Angebot & Nachfrage hin. Natürlich müssen die Karten-Hersteller massiv vor-produzieren, um Engpässen direkt nach Launch entgegenzuwirken, welche dann von Presse & Käufern genauso kritisiert würden. In diesem Fall hat man allerdings den Bedarf wohl derart massiv überschätzt, dass man eine ganze Monats-Nachlieferung ausfallen lassen muß, um die Mengenverhältnisse in der Lieferkette wieder ins Lot zu bringen. Vielleicht ergibt dies den notwendigen Schuß vor den Bug, um nVidia klarzumachen, dass die aktuelle Hochpreis-Strategie maximal im HighEnd-Segment funktioniert – aber nicht mehr im Massenmarkt.

Der gewöhnlich in diesen Dingen gut informierte Twitterer 'Kepler_L2' wirft mit einigen neuen Codenamen um sich: Tweet #1 ist derzeit gänzlich nicht zuzuordnen, aufgrund von Tweet #2 kann man allerhöchstens eine AMD-Abstammung vermuten. Bei letzteren Codenamen geht es eindeutig um RDNA4 bzw. den darauf basierenden Navi-4X-Grafikchips. Viel mehr läßt sich hierzu leider noch nicht herauslesen, die genannten Codenamen kann man wahlweise verschiedenen Marktsegmenten (Desktop, Mobile, integriert) zuordnen als auch als Codenamen von Einzelchips in einem MultiChip-Verbund sehen. Wirklich sicher ist derzeit keine dieser Auslegungen, weil Chip-Codenamen sich normalerweise nicht auf Marktsegmente und bislang auch nicht auf Einzelchips eines MultiChip-Verbunds beziehen. Letztlich sieht man hieran nur die augenscheinlich aktuell laufende Konzeptions-Arbeit an der RDNA4-Architektur, welche voraussichtlich Ende 2024 zu kaufbaren Produkten führen sollte.

Viola
Sabin
Krackan
Sarlak
Omkara

Quelle:  Kepler_L2 @ Twitter am 19. April 2023
 
Few more codenames
Navi4X
Navi4M
Navi4C
MI400 Mercury/Venus/Earth

Quelle:  Kepler_L2 @ Twitter am 19. April 2023

Die PC Games Hardware thematisiert den aktuellen AI/KI-Boom aus Sicht der Käufer von nVidia-Grafikkarten. Denn natürlich läßt die hohe Nachfrage nach KI-Beschleunigern, was meistens mittels HPC-GPUs realisiert wird, die Frage offen, ob dies dann nicht (erneut) in die Liefermengen an Gaming-Grafikkarten hineinschneidet, so wie anno 2021/22 beim letzten Cryptomining-Boom. Allerdings besteht zu damals ein klarer Unterschied: Geminert wurde auf Consumer-Produkten – während die aktuellen KI-Beschleuniger ausschließlich HPC-Chips benutzen, ergo physikalisch etwas ganz anderes darstellen. Die zweite Argumentations-Schiene besteht dann in aller Regel im Einfluß auf die Wafer-Zuteilung bei den Auftragsfertigern: Wenn HPC-Chips wegen des KI-Booms derart gut gehen, könnte dies in das Wafer-Kontigent für Gaming-Grafikchips hineinschneiden.

Dies dürfte zum aktuellen Stand aber noch nicht der Fall sein: Denn die Mengen an HPC-Chips ist gegenüber Gaming-Grafikkarten immer noch überschaubar (ein paar zehntausende HPC-GPUs gegenüber Millionen an Gaming-GPUs). Zudem sind die Auftragsfertiger derzeit mitnichten in Wafernot, sondern können faktisch alle Aufträge bedienen, selbst Mehrbedarf ist lösbar. Die eigentliche Problematik liegt somit eher auf der Ebene des Fokus der Chip-Entwickler: Wenn das HPC-Geschäft schon vorher brummte und nun durch den KI-Boom einen weiteren Anschub bekommt, dann könnte man irgendwann weniger engagiert bei Consumer-Grafikkarten werden. Insbesondere bei einer teilweise gemeinsamen Entwicklung verschiebt sich beispielsweise automatisch der Fokus auf die HPC-Beschleunigung, werden für ein bestmögliches HPC-Ergebnis eventuell auch Nachteile im Gaming-Einsatz im Kauf genommen. Gerade nVidia mit seinem Technik-Vorsprung bei Gaming-Grafikchhips könnte hierfür anfällig sein.

Dies passiert aber natürlich nicht über Nacht und ist eine eher langfristige Gefahr – und natürlich muß der aktuellen KI-Boom erst einmal beweisen, nicht wieder nur ein kurzfristige Angelegenheit zu werden, sondern langfristiges Geschäftsfeld sein zu können. Zudem muß sich die hiermit ausgemachte Gefahr auch nicht tatsächlich materialisieren – nVidia könnte diese Gefahr sehen, entsprechend vorab reagieren und somit seinen Elan auch bei Gaming-Grafikchips beibehalten. Automatismen gibt es hierbei nicht, man kann nur die weitere Entwicklung abwarten und gemäß jener urteilen. Zumindest kurzfristig droht wie gesagt keinerlei Gefahr durch direkte Chip- oder auch Wafer-Knappheit, weil die benötigten KI-Chips eben nicht (wie seinerzeit im Cryptomining-Boom) aus der Consumer-Sparte kommen bzw. die Anzahl der benötigten Chips zu gering für Wafer-Knappheiten ausfallen.