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Hardware- und Nachrichten-Links des 4./5. Oktober 2014

Eine neue Eskalationsstufe im Ringen um das Presse-Leistungsschutzrecht wird sich in der neuen Woche ergeben, wenn Google ab dem 9. Oktober die in der Verwertungsgesellschaft VG Media organisierten Angebote in seiner Suchmaschine in der Darstellung beschneiden wird – es werden keine Vorschaubilder und keine Thumbnails mehr angezeigt, sondern nur noch der Link selber samt der Artikelüberschrift. Dabei dürfte das ganze vermutlich nach dem Regional-Prinzip laufen, sprich nur Surfer aus Deutschland werden betroffen sein, für alle anderen Nutzer dürfte es keine Auswirkungen geben. Hierbei handelt es sich in dem Sinne um eine klare Folge der Rechtsunsicherheit, welche sich mit dem Leistungsschutzrecht ergibt: Zwar erlaubt jenes die Verwendung "kleinste Ausschnitte", da aber nicht klar ist, was man darunter verstehen soll, geht Google den sicherstmöglichen Weg – und selbst dieser ist nicht "final sicher", da es durchaus auch Stimmen gibt, welche selbst eine Überschrift noch innerhalb dieser "kleinste Ausschnitte" einordnen wollen. Google geht hier aber einen Kompromiß ein, da die völlige Auslistung auch wieder ein Problem wäre wegen der marktdominierenden Stellung der Google-Suchmaschine zumindest in Deutschland.

Die alleinige Nennung von Überschrift und Link behindert die Verlagsangebote in der Google-Suchmaschinen nun auch nicht gravierend, an der Listenposition ändert sich schließlich nichts – nur optisch wird das ganze halt nicht mehr so ansprechend aussehen. Die VG Media spuckt trotzdem schon Gift und Galle, respektive spricht von einer Erpressung durch Google – dabei trat eigentlich nur das zu erwartende ein: Wer von Google Geld für die Listung haben will, fliegt raus. Dieser Punkt war unabhängig davon, wo man in diesem Streit steht, lange vorher schon erkennbar. Davon abgesehen kann man durchaus argumentieren, daß momentan die VG Media in der Erpresserposition steht – man will die Listung und man will Geld dafür. Dabei ist das Gesetz zum Leistungsschutzrecht laut Stefan Niggemeier jedoch keine Hilfe: Jenes gibt den Rechtinhabern keinen direkten Vergütungsanspruch, sondern eigentlich nur einen Unterlassungsanspruch – sprich, Rechteinhaber und Suchmaschine dürfen sich gern einigen, aber ein Anspruch besteht nur auf die Nichtlistung. So wie es Google nun (in stark abgeschwächter Form) tun wird ;)

Noch ein Rechteinhaber am Rad drehend gibt es im Fall von "The Expendables 3", welcher vor Kinostart in einer qualitativ hochwertigen Kopie in Filesharing-Netzwerken verteilt wurde und zu welchem nun die Rechteinhaber eine große Abmahnungs-Kampagne lostreten wollen. Laut der PC Games Hardware spricht man von einem Einnahmeverlust von satten 250 Millionen Dollar – eine seltsame Rechnung, nachdem der erste Teil der Serie weltweit 274 Millionen Dollar einnahm, der zweite Teil bei 305 Millionen Dollar herauskam, und der dritte (teilweise noch laufend) nunmehr bei 203 Millionen Dollar steht. Sicherlich ist hier ein gewisser Einnahmeverlust zu erkennen, jener läßt sich aber auch mit der schwachen Qualität des letzten Teils dieser Filmserie erklären. Ein ernsthafter Verlust von 250 Millionen Dollar ist da schwerlich herauszurechnen – was die Rechteinhaber nicht daran hindert, genau dies zu behaupten und nachfolgend mit immerhin 10 Millionen geplanter Abmahnungen allein in den USA (!) auch durchzusetzen versuchen. Ob dabei wirklich etwas herauskommt, bliebe abzuwarten – und wie immer bei derart großen Fällen ergibt sich immer auch die Chance für neue Urteile, welche nicht nur den Einzelfall, sondern das Gesamtbild neu bewerten.

Eine (nahezu) kleine Anekdote zu Apples Bentgate zeigt an, wie problematisch das Verhältnis Presse zu Hersteller in vielen Bereichen ist, auch im Bereich der PC-Hardware sind die Verhältnisse leider nicht grundlegend anders. Denn wie WinFuture ausführen, hatte sich die Computer-BILD – auch nicht unbedingt bekannt als Hort der großen Hersteller-Unabhängigkeit – doch erdreistet, ein Bentgate-Video (der unerwarteten Verbieg-"Fähigkeit" von Apples neuem iPhone 6) aufzunehmen und dem ansonsten überschwänglich lobenden iPhone-6-Testbericht hinzuzufügen. Apple fand hier wohl die Aufgabe der Presse als Hofberichtserstattungs-Maschine für Industrie & Regierungen nicht erfüllt und gab der Computer-BILD nachfolgend zu verstehen, daß man jene ab sofort nicht mehr mit Testgeräten beliefern sowie nicht mehr auf Apple-Events einladen wird. Nicht direkt erwähnt, aber meistens hintenrum kommt dann auch noch der Punkt, daß zukünftig etwaige Werbeschaltungen ausbleiben werden.

Nun ist dies im konkreten Fall von Apple als auch der Computer-BILD doch zu verschmerzen, generell gesprochen zeigt sich hier aber nur das Problem, daß die Hersteller letztlich die Presse eben mittels Stellung von Testgerätschaften, Event-Einladungen und Werbeschaltungen an der Leine hat – und je kleiner das jeweilige Presseangebot ist, man sich nicht wie die Computer-BILD einen solchen "Liebesentzug" leisten kann. Wer mit den Herstellern direkt zusammenarbeitet, muß leider Kompromisse eingehen – meistens gangbare Kompromisse, meistens ohne ernsthafte Beeinträchtigung bei der Berichterstattung, aber eben dennoch nicht gänzlich frei von irgendwelchen Einflüssen, so wie es eigentlich die Presse sein sollte. Insbesondere ein Presseangebot, welches durchgehend eisenhart kritisch agieren wollte, ist somit kaum aufstellbar, weil man es sich unmöglich mit allen Herstellern gleichzeitig verscherzen kann. Eine wirklich freie Presse im ursprünglichen Sinne des Gedankens ist somit gar nicht möglich – auch wenn die aktuell erreichten Kompromisse bis auf solche Einzelfälle durchaus gangbar sind.