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Hardware- und Nachrichten-Links des 3. September 2019

In jedem Fall kann sich das der8auer-Video zur Problematik des maximalen Boost-Takts von Ryzen 3000 nunmehr ans Revers heften, AMD zur Wahrnehmung dieser Problematik samt einer schnellen Reaktion gezwungen zu haben – denn wie AMD auf Twitter mitteilt, wird man am 10. September hierzu eine Stellungnahme abliefern, bei welcher ein derzeit in Vorbereitung befindliches BIOS-Update für AMD-Platinen thematisiert werden soll. Angeblich hat AMD wohl einen Firmware-Fehler gefunden, bei welchem die Boost-Frequenzen unter bestimmten Workloads unterhalb der Zielvorgaben bleiben. Abzuwarten wäre dennoch, was da wirklich kommt bzw. was AMD dann wirklich fixt. Leider nicht gänzlich auszuschließen ist hierbei ein klassischer Pyrrhus-Sieg, bei welchem AMD die sichtbaren Boost-Taktraten erhöht, dafür aber Insgesamt-Performance opfern muß – ein sicherlich schlechter Tausch, aber was tut man nicht alles, um gegenüber der Community gut dazustehen. Denn nach wie vor ist nicht belegt, ob die maximalen Boost-Taktraten der Ryzen-3000-Prozessoren nicht doch für Sekundenbruchteile anliegen und mit der bisherigen Meßmethodik (mit einem Meß-Intervall von einer halbe Sekunde) überhaupt erfasst werden können.

AMD is pleased with the strong momentum of 3rd Gen AMD Ryzen processors in the PC enthusiast and gaming communities. We closely monitor community feedback on our products and understand that some 3rd Gen AMD Ryzen users are reporting boost clock speeds below the expected processor boost frequency. While processor boost frequency is dependent on many variables including workload, system design, and cooling solution, we have closely reviewed the feedback from our customers and have identified an issue in our firmware that reduces boost frequency in some situations. We are in the process of preparing a BIOS update for our motherboard partners that addresses that issue and includes additional boost performance optimizations. We will provide an update on September 10 to the community regarding the availability of the BIOS.
Quelle:  AMD @ Twitter am 3. September 2019

AMD ist diesbezüglich derzeit in der dummen Situation, das jegliche technische Erklärungen aus Hersteller-Mund immer wie Beschwichtigungs-Versuche aussehen und damit das Mißtrauen der Community eher nur vertiefen würden. Da kann man dann als Hersteller durchaus schon einmal dazu gezwungen sein, die nur zweitbeste Lösung anzusetzen. In jedem Fall ist darauf zu hoffen, das die bekannten Hardwaretester sich den Fall nach dem Vorliegen der BIOS-Updates ansehen und ihre entsprechenden Tests anstellen werden – um festzustellen, welche Stellschrauben AMD verändert hat und ob sich hierbei eventuelle Performance-Verluste (oder -Gewinne) ergeben. Im Idealfall hat man vielleicht wirklich die Möglichkeit, ohne einen beachtbaren Performance-Verlust die sporadisch anliegenden Maximal-Boosttaktraten sichtbar zu machen – zur Beruhigung der Gefühle bei den Endanwendern sowie der Nerven bei den AMD-Mitarbeitern wäre diese Auflösung wohl für alle dienlich. Der nächste Montag wird diesbezüglich eine gewisse Klärung bringen, wobei die entsprechenden BIOS-Updates vermutlich erst (mit einem gewissen Zeitversatz) danach ausgeliefert werden dürften.

Im Zuge der ganzen aufgekommenen Boosttakt-Werte zur tausenden verkauften Ryzen-Prozessoren kam auch die Frage auf, wie "krumme" Taktraten-Ergebnisse abseits der üblicherweise von AMD angesetzten 25-MHz-Stufen zu erklären sind, beispielsweise 4229 oder 4295 MHz anstatt 4225 oder 4300 MHz. Der Hintergrund dessen wird in unserem Forum gut erklärt: Hierbei liefert der Mainboard-Grundtakt nicht exakt 100,0 MHz, sondern leicht abweichende bzw. springende Zahlen, welche sich zwischen 99,8 und 100,2 MHz ständig hin- und herbewegen – womit sich der finale Prozessoren-Takt ebenfalls um diese kleine Abweichung hin- und herbewegt. Grundlage dieses Verhaltens ist das BIOS-Feature "Spread Spectrum", welches man deaktivieren sollte, wenn man lieber glatt 100,0 MHz Grundtakt anliegen haben will, was dann für den Prozessoren-Takt auch zu den entsprechend glatten Taktraten führt. Jenes BIOS-Feature ist sowieso unnötig, es wurde nur eingeführt, um Funkzertifizierungs-Tests in den USA zu bestehen, hat für den PC-Betrieb allerdings keinerlei Bewandtnis und ist potentiell sogar ein Stabilitäts-Risiko. Extrem-Übertakter schalten das Feature generell aus, weil es an den konkret erzeugten Taktraten herumpfuscht und damit die Stabilität eines maximalen Übertaktungserfolg unterminieren könnte.

Intel hat auf AMDs (vollens) mißglückte Werbeaktion, wo kurzzeitig ein Ryzen Pro Prozessor mit bis zu 5 GHz Boost-Takt versprochen wurde, mit einem kleinen Seitenhieb reagiert, nach welchem Intels Top-Modell Core i9-9900K natürlich 5 GHz schafft – ganz "regulär" mit flüssigem Stickstoff. Dabei muß man in dieser Frage sein Licht gar nicht unter den Scheffel stellen, schon ein regulärer Core i9-9900K schafft mit normalen Kühlmaßnahmen einen maximalen Boost-Takt von 5.0 GHz, der (im vierten Quartal) kommende Core i9-9900KS soll sogar einen AllCore-Turbo von 5.0 GHz erreichen. Jetzt kann man aus AMDs Fauxpas nicht all zu viel machen, denn AMDs Taktraten-Angabe war wohl schlicht ein Fehler – und dennoch ist Intel hier auf der richtigen Strategie unterwegs, die eigenen Stärken zu betonen, anstatt an den Stärken der Konkurrenz herumzumäkeln. Letzteres sieht nicht nur dumm aus, sondern geht meistens regelrecht nach hinten los (wie in diesem Fall passiert) – während das Betonen der eigenen Stärken alle Felder, wo man sowieso nicht gewinnen kann, elegant ausläßt und damit bei Intels Marketing-Maßgaben eigentlich auf den vordersten Plätzen zu finden sein sollte.

Zwar wird die reine Taktrate von Hardware-Enthusiasten immer etwas kritisch betrachtet, wenn jene als Unterscheidungskriterium dienen soll – viele haben hier noch den Pentium 4 und dessen stolze Taktraten bei mäßiger Performance im Kopf, andere sehen die Felder IPC-Performance und Kern-Anzahl als maßgeblicher. Die insgesamte Prozessoren-Performance ist jedoch immer eine Zusammenrechnung aus allen diesen drei Faktoren, sprich wer sich über eine hohe IPC-Performance freut, der sollte genauso auch an hohen Taktraten interessiert sein. Hinzu kommt auch noch der Punkt, das AMDs Ryzen 3000 Prozessoren schließlich bei der IPC-Performance maßgeblich aufgeholt haben, Intels aktuelle Prozessoren-Generation in dieser Disziplin aber nur knapp überholen. Taktraten-basierte Vergleiche sind wohl zuerst deswegen verpönt, weil früher ein beachtbare IPC-Unterschied herrschte – nachdem dieser nun jedoch überwunden ist, kann man durchaus wieder (auf gleicher Kern-Anzahl) ganz gut anhand von Taktraten vergleichen. In jedem Fall findet Intel in diesem Feld genügend Material, um sein Marketing mit vernünftigen Argumenten auszustatten, welche dann ihrerseits die CPU-Käufer mit Denkstoff belegen sollen. Ein rassiger Zweikampf auf Augenhöhe mit offenem Visier (aber ohne Unsinns-Argumente) ist letztlich auch das, was der CPU-Käufer beim bestehenden Duopol erwarten darf.