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Hardware- und Nachrichten-Links des 26./27. Juli 2014

Stigma Videospiele berichten über eine kleine inhaltliche Zensur an der deutschen Version von "Wolfenstein: The New Order", welche dem seitens des Publishers propangandierten "ungeschnittenen" Spiels (bis auf die Entfernung der Kennzeichnen verfassungswidriger Organisationen selbstverständlich) entgegenspricht. Die gefundene Kürzung ist allerdings wohl nicht wirklich groß, eher interessant an dem Beitrag ist der Absatz, wonach sich Steam das Recht herausnimmt, bei einer Umgehung der Geolokalisation per IP-Adresse das komplette Steam-Nutzerkonto zu deaktivieren. Dies wäre – ganz egal ob Steam das real tut oder nicht – in jedem Fall ein völlig ungerechtfertigter Eingriff in die Nutzerrechte, da in einem Steam-Konto schließlich noch andere Spiele liegen können, bei welchen eine Geolokalisation keine Rolle spielt. Steam hat sich sicherlich über die Jahre seine (inzwischen herausragende) Stellung bei den Spielern erkämpft, dies ändert aber nichts daran, daß Teile der Steam-AGB nach wie vor regelrecht grausig aus rechtlicher Sicht gegen den Spieler ausgelegt sind.

Gemäß Heise hat nun auch Spanien sein eigenes Anti-Google-Gesetz bekommen – eine Art Leistungsschutzrecht, welches allerdings im Gegensatz zum deutschen Pendant auch hinunter bis auf beliebig geringfügige Textzitate sowie reinen Hyperlinks geht. Anders formuliert eine Steuer auf Links – denn das Gesetz schreibt entsprechende Urheberrechtsabgaben vor, falls jemand im Web irgendetwas zitieren oder verlinken will. Das Gesetz ist wohl primär gegen Google gerichtet, hat aber vor allem Auswirkungen auf die normale Funktionsweise des Webs, welche nun einmal aus Hyperlinks auf andere Webseiten besteht (nun gut, zumindest bestehen sollte). Welche Kollateralschäden die spanischen Politiker hiermit losgetreten haben, ist denen vermutlich nicht einmal bewußt – aber das Politiker an der Lebensrealität weit vorbei irrlichtern, ist nun auch nichts neues. Es bleibt abzuwarten, wann dieser schildbürgerhafte Irrweg erkannt wird – die nächste Zeit dürfte das Gesetz sicherlich erst einmal die Gerichte (intensivst) beschäftigen. (Foren-Diskussion zum Thema)

Sehr konträre Artikel beschäftigen sich mit dem geplanten deutschen Nextflix-Launch im September: Der Spiegel weist auf die Unvollständigkeit des Netflix-Portfolios hin, welche den Konsumenten faktisch dazu zwingt, auch noch Abos mit den vielfältigen Nextflix-Kontrahenten abzuschließen, anstatt alles aus einer Hand beziehen zu können. Beachtenswert ist hier insbesondere der Querverweis zur Musikindustrie, welche seinerzeit ebenfalls mit miteinander konkurrierenden Plattformen scheiterte und erst durch Apples iTunes zu einem einheitlichen Angebot gezwungen wurde. Das Neunetz sieht hingegen mittels Netflix das bisherige nationale Lizenzierungsmodell langfristig verschwinden, weil allein Netflix in der Lage ist, den herstellenden US-Studios einen weltweiten Kundenzugang zu bieten – die ganzen nur national agierenden TV-Sender sind dies nicht. Dies ist nicht nur in Bezug auf das Marketing besser, sondern spart natürlich auch Kosten und Reibungsverluste bei der Vertragsgestaltung. Allerdings ist dieser Effekt leider nur eher langfristig zu sehen – und wie das Problem zu lösen wäre, daß Netflix & Co. jeweils immer nur gewisse Teile des TV-Portfolios bieten, ist auch noch nicht abzusehen.

Die Netzpolitik hat einen schönen Beitrag, welcher die Macht von Statistik bzw. von Statistik-basierten Auswertemethoden gegenüber den vom normalen Bürger der westlichen Welt aufgehäuften Datenbergen beschreibt. Computeranalysen, welche der Polizei sagen, in welchem Gebiet demnächst wahrscheinlich eine Straftat stattfinden wird, sind dabei schon ein alter Hut – der vorhandene Datenbestand ermöglicht inzwischen schon, ähnlich wie in "Minority Report" einzelne Personen herauszufiltern, welche demnächst wahrscheinlich eine Straftat begehen werden. Allerdings wird hiermit auch eine neue Qualität in der Wahrscheinlichkeits-Annahme erreicht: Bestimmte Hotspots für Straftaten ergeben sich automatisch durch eine Vielzahl dort verkehrender Personen. Daß eine einzelne Person demnächst eine Straftat verüben wird, ist dagegen eine wesentlich weiter hergeholte Annahme – die dadurch, daß diejenige Person zu einer "Risikogruppe" gehört, nur eher unwesentlich wahrscheinlicher wird. Die Chance zur Tat einer Einzelperson liegt meistens weit unter 50% – sprich bei einer Wette würde man eher darauf setzen, daß eben nichts passiert.

Problematisch wird dies dann, wenn auf den Analysen folgend eine Vorverurteilung stattfindet oder gar einschränkende Maßnahmen verhängt werden – denn letztlich handelt es sich schließlich nur um eine Vorhersage, welche zum einen fehlerhaft sein kann, zum anderen aber vor allem bezogen auf die Einzelperson nicht gerade wahrscheinlich ist. Der Artikel von Netzpolitik legt hierzu den Finger in die Wunde: Die Vorverurteilung oder auch schon allein die Information darüber, daß man beobachtet wird, nimmt einem die Freiheit der Selbstbestimmung. Zur letzterer gehört es auch, sich falsch entscheiden zu können – fehlt diese Möglichkeit, lebt man nicht mehr in einer freiheitlichen Gesellschaft, sondern in einer "gelenkten" bis totalitären. Gleichfalls stellt der Artikel von Netzpolitik aber auch hierzu eine Gegenforderung nach dem Verbot solcherart personenbezogener Vorhersagen, was ein bedenkenswerter Ansatz ist: Die sich anhäufenden Datenberge lassen sich schon rein technisch kaum verhindern – aber man kann darüber nachdenken, die darauf basierende Profilbildung zu regulieren.