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Hardware- und Nachrichten-Links des 19./20. März 2016

Auch wenn derzeit noch keine Launchtermine zur 14/16nm-Generation konkret sind, läßt sich interessanterweise zumindest schon eine gegensätzliche Launchstrategie von AMD & nVidia erkennen: nVidia dürfte das ganze wie bekannt abhandeln – neue HighEnd-Lösung zuerst, neue Enthusiasten-Lösung später, zwischenzeitlich der Aufbau des Restprogramm von oben herab. AMD wird hingegen ganz unten anfangen mit dem Polaris-11-Chip als neuer Mainstream-Lösung – und der nachfolgende Polaris-10-Chip dürfte als Performance- oder HighEnd-Lösung auch eher auf bezahlbare Preisbereiche abzielen, nicht auf die wirklichen Grafikkarten-Enthusiasten. Selbst bei einem zeitgleichen Release erster 14/16nm-Beschleuniger beider Grafikchip-Entwickler würde es also wahrscheinlich nicht zu einem Zweikampf dieser neuen Grafikkarten kommen, da jene in (zumeist) unterschiedlichen Preis- und Performancesegmenten herausgebracht werden. Man könnte nun sagen, das AMD hiermit einem Wettstreit aus dem Weg geht – andererseits ist es sicherlich einfacher, zuerst kleinere Grafikchips einer neuen Fertigungsstufe marktreif zu bekommen, und nVidia kann sich diese "Top-to-Bottom-Strategie" auch nur wegen seiner überragenden Marktstellung leisten.

AMD versucht wahrscheinlich vielmehr, genau in die schwächste Flanke dieser Launchstrategie von nVidia einzufallen: Wenn der Mainstream-Chip der Pascal-Generation (wahrscheinlich GP107) als Kontrahent zum Polaris-11-Chip der Polaris/Vega-Generation erst ziemlich am Ende von nVidias Launchreigen ansteht, dann wird AMD in diesem speziellen Marktsegment einen hohen zeitlichen Vorsprung herausarbeiten können – Richtung ein halbes bis ein dreiviertel Jahr. Und dies dürfte insbesondere für den OEM-Markt interessant sein, wo eine neue Generation liebend gern genommen wird, gerade wenn jene mit hohem Effizienzvorteil einhergeht. AMD, welche immer einige Schwierigkeiten mit den OEM-Hersteller hat, dürfte für PC- und Notebookhersteller mit Polaris 11 den Grafikchip des Jahres 2016 haben – während nVidias gleichwertiges Gegenangebot erst im Jahr 2017 zu erwarten ist und nVidia daher dieses Jahr mit "alten" Chips gegenhalten muß. Insbesondere im Notebook-Bereich sollte dies eigentlich ein Selbstläufer sein – für die neuen Notebook-Designs zum Sommer & Herbst 2016 dürfte daher AMDs Polaris-11-Chip die erste Wahl sein, AMD also endlich einmal wieder bei den OEMs einen (großen) Fuß in die Tür bekommen.

So gesehen ist AMDs Launchstrategie durchaus erfolgversprechend gewählt – und könnte mittel- bis langfristig eventuell sogar nVidia dazu bewegen, die eigene Launchstrategie entsprechend umzustellen. Gerade, wenn für die nächsten Jahre mit den folgenden 10nm- und 7nm-Fertigungen neue Grafikchip-Generationen in recht schneller Folge (aller zwei Jahre) zu erwarten sind, die jeweiligen Fertigungsverfahren also kaum (wie bei der 28nm-Fertigung) ausoptimiert werden, sondern vielmehr möglichst schnell adaptiert werden müssen, lohnt sich der Ansatz "Bottom-to-Top" wohl viel eher. Damit ist ein schnellerer Umstieg auf das neue Fertigungsverfahren möglich, können die schwierig herzustellenden größeren Chips nach hinten verschoben und dann später mit sogar besserer Ausbeute gefertigt werden. Vor allem aber ist man näher dran an den Bedürfnissen den OEM-Hersteller, welche natürlich eher im LowCost- und Mainstream-Segment einkaufen. Alles zeitgleich herauszubringen, wäre natürlich noch besser, dürfte aber angesichts limitierter Manpower-Ressourcen bei beiden Grafikchip-Entwicklern nicht wirklich realisierbar sein.

Bei MadShrimps hat man die erste der neuen Grafikkarten mit abgesenkter TDP im Test – natürlich ohne, das man diesen Punkt wirklich gut beachtet hätte, denn hierzu ist in erster Linie interessant, ob diese Grafikkarten in Zeiten von sich an TDP-Vorgaben orientierender Taktraten denn wirklich genauso schnell sind wie ihre regulären Brüder. Die von MadShrimps getestete HIS Radeon R7 360 Green iCooler rühmt sich einer TDP von nur 50 Watt, obwohl die reguläre Variante dieser Karte gleich auf 100 Watt TDP und ~85 Watt realen Spieleverbrauch kommt. Die Einhaltung dieser niedrigen TDP wurde zwar nicht nachgeprüft, aber ohne extra PCI-Express-Stromstecker kann es auch nicht viel mehr sein. Bei der Spieleperformance hingegen war durchaus eine gewisse Leistungsdifferenz feststellbar: 3,8% weniger Performance unter FullHD gegenüber einer regulären Radeon R7 360 mit nahezu denselben Taktraten: ≤1070/3250 MHz anstatt ≤1070/3000 MHz bei HIS-Sondermodell. Eine absolut eindeutige Antwort auf die Frage, ob die abgesenkte TDP eine Auswirkung hat, ergibt dies noch nicht – der niedrigere Speichertakt dürfte mit hineinspielen, zudem sind die Differenzen auch sehr gering. Aber dies ergibt in dem Sinne auch eine Antwort: Wenn, dann ist der Effekt der abgesenkten TDP zumindest bei dieser Karte sehr niedrig – so niedrig, das man von eher nur minimalen Performance-Beeinträchtigung sprechen kann. Besser wäre es natürlich, wenn dies alles noch einmal professioneller – und vor allem auch für die GeForce GTX 950 mit 70 Watt TDP – ausgemessen werden würde.

Die Welt hat sich mit dem Stand (und Niedergang) der deutschen Videospiele-Branche beschäftigt – eine kürzlich aufgestellte Statistik ergab, das nur 7% des bundesdeutschen Umsatzes bei Videospielen auf heimische Spieleentwickler entfällt. Dabei existiert in dieser Branche keine solche Zentralisierung mit entsprechender Sogwirkung, wie es im Filmbereich Hollywood ausstrahlt – Spiele werden weltweit an allen möglichen Orten entwickelt, auch andere europäische Länder haben hieran größere Anteile. Problematisch für die deutsche Entwicklergemeinde dürfte vor allem die Nichtunterstützung bis teilweise Verteufelung des Themas "Videospiele" seitens der bundesdeutschen Politik gewesen sein, welche auf die eine Weise (Fehlen von Subventionen, wie sie anderswo üblich sind) wie auch auf die andere Weise (Risiko einer sich verschärfenden Gesetzeslage) zuverlässig das Entstehen von großen Videospiele-Konzernen verhindert hat. Kleine und mittelgroße Spieleentwickler hat Deutschland immer gehabt – jene sind aber in der jüngeren Zeit nun nicht mehr konkurrenzfähig, wenn es um echte Blockbuster-Projekte geht. Die bundesdeutsche Politik hat im wesentlichen zwar nichts getan – aber dieses Nichtstun schon ausgereicht, um unter veränderten Marktbedingungen die Videospiele-Entwickler zuverlässig abzusägen bzw. aus dem Land zu treiben.

Für einiges Aufsehen sorgte unter der Woche ein "Entscheidungsvorschlag" des EuGH-Generalanwalts, welcher die bundesdeutsche WLAN-Störerhaftung deutlich in Frage stellt – Telepolis bieten hierzu eine Kurzfassung, Telemedicus eine Langfassung mit allerdings auch kritischen Anmerkungen. Auf der Haben-Seite steht dabei, das Schadensersatz und Erstattung der Anwaltskosten in Urheberrechts-Streitfällen nicht mehr rechtmäßig wären, damit auf dem Urheberrecht basierenden Massenabmahnungen die wirtschaftliche Grundlage entzogen wäre. Auf der Soll-Seite steht dagegen, daß das ganze derzeit weder ein gültiges EuGH-Urteil darstellt, noch das dies nunmehr direkt die bundesdeutsche Gesetzeslage beeinflußen würde. Gerade die letzten Entwicklungen in Richtung bundesdeutscher WLAN-Störerhaftung gehen eher dahin, daß der Gesetzgeber sehendes Auges eine Rechtslage entwickelt, welche sich nicht wirklich mit EU-Recht vereinbaren läßt – dann muß halt der Steuerzahler bis zu EU-Gerichten klagen, um zu seinem Recht zu kommen. Das anstehende EuGH-Urteil zeigt zwar den Weg an, das eine WLAN-Störerhaftung europaweit nicht erwünscht ist – aber in Deutschland wird es vermutlich noch einige Jahr mehr brauchen, ehe dies dann wirklich nationales Recht wird und die bisherige Rechtsunsicherheit zum Thema endlich beendet wird.