Golem haben sich von Imagination Technologies (ImgTec) die Bestätigung eingeholt, dass der chinesische Grafikchip "Fenghua No.1" auf PowerVR-Technologie basiert. Genauer wurde dies zwar nicht ausgeführt, aber der Chiplet-Ansatz deutet stark auf die PowerVR B-Series hin. Jene ist für bis zu 6 TeraFlops konzipiert, was jedoch seitens der Lizenznehmer auch noch verändert werden kann, da ImgTec (ähnlich wie ARM im CPU-Bereich) keine kompletten Chips zur Verfügung stellt, sondern nur deren grundsätzliches Design. Die Verwendung von PowerVR-Technologie bei "Fenghua No.1" hebt jenes Projekt dann auf ein komplett anderes Level: Rechtliche Probleme sind nicht zu befürchten, auch die Aussagen zur Unterstützung von Chiplets, DirectX, OpenGL, Vulkan, HDMI 2.1 und GDDR6X brauchen nicht mehr hinterfragt werden.

Xindong Technology & Innosilicon Technology "Fenghua No.1" Grafikkarte

Da Innosilicon vorher schon mit ImgTec zusammengearbeitet hat, ist zudem die Chance auf Marktreife des nunmehr zum Tape-Out gebrachten Grafikchips vergleichsweise hoch. Weiterhin unklar ist somit "nur" die angestrebte Leistungsklasse – aber wie gesagt deutet das gezeigte Grafikkarten-Bild eher auf Mainstream- bis maximal Midrange-Niveau hin. Selbst dort kommt man mit den genannten 6 TeraFlops FP32-Rechenleistung nicht besonders weit (Radeon RX 6600: 7,3 TFlops), gerade für ein Chip-Projekt des Jahres 2022. Doch für den chinesischen Markt dürfte dies wohl sogar die passende Leistungsklasse sein, dort werden Mainstream-Grafikkarten Richtung der GeForce GTX 1650 & 1660 Serien in großen Mengen verkauft. Jene leiden derzeit genauso unter Preisübertreibungen wie die schnelleren Grafikkarten der Ampere/RDNA2-Generation, insofern ist es ein durchaus günstiger Zeitpunkt für einen weiteren Grafikchip-Wettbewerber.

Damit könnte es (derzeit) sogar ohne Belang sein, wenn der "Fenghua No.1" Grafikchip mit beachtbaren Nachteilen bei Performance oder Energieeffizienz antritt – Lieferbarkeit zu gangbaren Preisen ist das augenblickliche Marktkriterium, gerade in preissensitiven Märkten. Für Innosilicon ist dies eine nahezu ideale Situation, denn jenen dürften – so lange das Projekt kein völliger Fehlschlag wird – die Fenghua-Grafikkarten glatt aus den Händen gerissen werden. Selbst wenn dies dann nur in China passiert, sollte dies auch weltweit gesehen eine gewisse Entlastung der Grafikkarten-Produktion bei AMD, Intel und nVidia mit sich bringen. Da somit der Erfolg des Erstlingswerks seitens Innosilicon bereits jetzt weitgehend vorgezeichnet werden kann, ergibt sich auch eine gute Chance auf Fortsetzungen – angenommen "Fenghua No.2" oder "Fenghua No.3" – mit höherem Leistungspotential, Ausbügelung von eventuellen Schwachstellen und vielleicht eines Tages auch dem Markteintritt in der westlichen Welt.

ImgTecs "PowerVR B-Series" stellt ein vollkommen skalierbares Chip-Design dar, welches 3 Architektur-Abzweigungen und 7 Einzel-Chips beinhaltet, die mit dem Chiplet-Verfahren in insgesamt 16 Chip-Konfigurationen gebracht werden können. Interessant aus PC-Sicht ist faktisch nur der "BXT"-Architekturzweig, welcher zum einen auf höhere Taktraten und breitere Einzelchips getrimmt ist, zudem als einziger über extra INT8-Beschleuniger verfügt. Wegen der vergleichsweise niedrigen Taktraten von 1.5 GHz kommt man allerdings erst mit der höchsten Chip-Variante BXT-32-1024 in gleich vierfacher Ausfertigung auf die genannten 6 TeraFlops FP32-Rechenleistung. Unter Desktop-Bedingungen könnten natürlich auch höhere Taktraten und damit noch eine höhere Rechenleistung ins Spiel kommen, je nachdem was die von Innosilicon gewählte (derzeit unbekannte) Fertigung zuläßt. Wie gut sich die PowerVR B-Series unter PC-Bedingungen schlägt, läßt sich aus den bekannten Rahmendaten heraus kaum zielgenau abschätzen – auf konkurrenzfähige Spitzenleistung ist das Design jedoch keineswegs ausgerichtet.