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AMDs Radeon Vega Frontier Edition läuft derzeit noch ohne Tile-based Rasterizer - und damit im Polaris-Modus

Beim nächtlichen Live-Benchmarking von PC Perspective ist man positiverweise auch auf Zuschauer-Eingebungen eingegangen. Darunter war auch die Anfrage unseres Foren-Mitglieds "Digidi" nach der Verfügbarkeit von "Tile-based Rasterization" (TBR) mittels des aktuell verwendeten Treibers. Hierzu sollte PC Perspective einen Binning-Test ausführen, welchen RealWorld Technologies schon vor einiger Zeit für die ersten nVidia-Grafikkarten mit diesem Feature aufgezeigt haben. Mittels dieses Binning-Tests wird überprüft, wie der Rasterizer Dreiecke verarbeitet – gewöhnlich oder eben in Form von Tiles, und damit eben auch mit der Möglichkeit zur Erkennung letztlich gar nicht sichtbarer Bildausschnitte. In ersterem Fall ist dagegen für den Rasterizer nicht erkennbar, das sich die für diesen speziellen Test erzeugten Dreiecke größtenteils überdecken – es wird demzufolge (ineffektiverweise) die maximale Arbeit getan. Im Fall eines Tile-based Rasterizers sind jene Tiles nicht nur optisch zu erkennen, sondern erfolgt auch eine umgehende Erkennung der Sichtbarkeit – kommen am Ende also sich überlappende Dreiecke heraus (gut an den vielen verschiedenen Farben der jeweiligen Tiles zu sehen), je nachdem ob jene letztlich sichtbar sein werden oder nicht (hier nochmals besser erklärt).

Im PC-Perspective-Video geht Ryan Shrout auf den Vorschlag dieses Binning-Tests ein, auch wenn er selbigen (verständlich bei einer Live-Übertragung und ohne jede Vorbereitung auf dieses spezielle Thema) nicht wirklich gut deuten kann. Für unsere Foren-User ist der Fall dagegen angesichts der gezeigten Bilder zur Radeon Vega Frontier Edition sonnenklar – die Karte verhältlich sich wie ein gewöhnlicherer Rasterizer, hier werden also keineswegs vorab schon nicht mehr benötigte Bildausschnitte erkannt. Die Bilder zur RV-FE zeigen zwar auch gewissermaßen "Tiles", aber eben nur die Bearbeitung der Dreiecke immer nur hintereinander weg, keineswegs am Ende ein Bild mit mehreren sich überlappenden Dreiecken wie im Beispiel von RealWorld Technologies. Hieraus kann man klar schließen, das jenes Feature derzeit bei der Radeon Vega Frontier Edition mit deren verfügbaren Treibern noch nicht aktiv ist.

Ein Tile-based Rasterizer (bei AMD unter "Draw Stream Binning Rasterizer" laufend) ist allerdings eines der Hauptfeatures der GCN5-Architektur – hiermit soll primär unnütze Arbeit eingespart werden. Jene Arbeitsersparnis liegt dabei nicht nur im Rasterizer selber, sondern eigentlich eher sogar im weiteren Verlauf der nachfolgenden Rendering-Pipeline – einen letztlich nicht mehr sichtbaren Bildausschnitt bereits derart früh zu erkennen, entlastet die Rendering-Pipeline samt ihren Shader- und Spezialprozessoren massiv um letztlich vollkommen unnütze Arbeit. Ein Großteil des Effizienzgewinns, welchen nVidias Maxwell-Architektur seinerzeit hingelegt hat, gründet sich auf der Benutzung eines (damals noch nicht offiziell deklarierten) Tile-based Rasterizers. Hier liegt also noch ein erhebliches Stück an Performance brach – wie viel, ist schwer zu schätzen, dies kann von +20% bis +50% alles sein.

Hinzu kommen noch drei beachtenswerte Punkte: Ersten ergibt die Deaktivierung dieses Hardware-Features (bzw. die Nichtnutzung durch den aktuellen Treiber) bei der Radeon Vega Frontier Edition nunmehr die klare Möglichkeit, das noch ganz andere GCN5-Features zum aktuellen Stand nicht aktiv sind – möglicherweise sogar die gesamte Feature-Liste von GCN5. Nicht auszuschließen also, das sich die Radeon Vega Frontier Edition derzeit gegenüber Spielen und anderen 3D-Anwendungen faktisch wie im "Polaris-Modus" verhält – die hierbei zugrundeliegende GCN4-Architektur hat wie bekannt keine großartigen Feature- bzw. IPC-Verbesserungen aufzubieten. Zweitens bedeutet dies wohl auch zwangsläufig, das es Anwendungs-spezifische Optimierungen erst mit dem Release vollständiger Treiber geben wird – es ist schließlich nicht zweckmäßig, Vega-Hardware auf den derzeitigen Polaris-Modus hin zu optimieren. Die Optimierungen auf den "Vega-Modus" machen logischerweise auch erst mit dem Release vollständiger Treiber unter Ausnutzung aller GCN5-Features Sinn – erst dann können jene wirken, dafür ist der Architektur-Unterschied zwischen GCN4 und GCN5 einfach zu groß.

Und drittens könnte eine Radeon Vega Frontier Edition im Polaris-Modus sogar tendentiell langsamer sein als echte Polaris-Hardware (oder Fiji-Hardware) mit gleichen Rohdaten. Immerhin könnten Teile des Hardware-Aufbaus von Vega 10 derart konkret auf die GCN5-Architektur angepasst sein, das jene im Polaris-Modus nicht mehr so gut funktionieren. Dies könnte einige Benchmarks erklären, wo die Radeon Vega Frontier Edition als sogar langsamer als eine R9 Fury X auf (hypothetischen) ~1400 MHz Chiptakt einzuschätzen ist. Alle diese Punkte zusammengezählt bleibt AMD da noch einiger Spielraum, welcher mit den Gaming-bezogenen Radeon RX Vega Grafikkarten bzw. vor allem deren Treibern vielleicht noch zu heben sein wird. Es ist damit mehr denn je wieder offen, wie stark Radeon RX Vega wirklich sein kann, weil der Effekt des Umswitchens auf den Vega-Modus im Treiber, der Effekt der Vega-bezogenen Spieleoptimierungen und der (entfallende) Gegeneffekt von für den Polaris-Modus unpassenden Hardware-Eigenheiten beim Vega-10-Chips unmöglich solide einzuschätzen ist.

Ganz generell betrachtet hat AMD die Radeon Vega Frontier Edition damit faktisch unfertig in den Markt entlassen. Die Hardware mag spruchreif gewesen sein, die Treiber sind es nicht – sondern featuremäßig teilweise oder komplett auf Polaris-Niveau. Und eine Grafikkarte braucht zum Ausnutzen ihrer Features nun einmal nicht nur die vorhandene Hardware, sondern auch die dafür passende Treiber – ohne Treiber sind die Features wie nicht vorhanden. Dabei darf der im professionellen Segment verortete Käufer der RV-FE durchaus erwarten, das die komplette Feature-Palette des Vega-10-Chips mit dem Auslieferungszustand an Bord ist, das insbesondere Hauptfeatures nicht gerade treibermäßig noch gar nicht angesprochen werden können. Ob diese einzelnen Features seitens AMD bereits direkt versprochen wurden, ob deren (teilweise noch unkonkrete) Ankündigung mittels des Vega Architecture Previews zählt oder nicht zählt, muß einen Hardware-Käufer dabei nicht wirklich kümmern – jeder darf und will alle Features einer neuen Architektur haben. Ausnahmen wären wenn denn eigenaktiv vor dem Launch zu benennen – und nicht einfach unter den Teppich zu kehren. Sofern AMDs Vega-Treiber wirklich noch nicht so weit sind, hätte AMD die Radeon Vega Frontier Edition somit niemals jetzt schon herausbringen dürften – denn ein unfertiges Produkt gehört einfach nicht in den Markt.