Die Windows-Sidebar ist lila

Kein Aprilscherz – einige Windows-7-Nutzer klagen seit einigen Wochen über ein arg seltsames Problem: Irgendwann waren die Elemente der Windows-Sidebar plötzlich in lila gefärbt, andere Elemente wurden hingegen überhaupt nicht mehr angezeigt. Eine Neuinstallation aller betroffenen Elemente half überhaupt nicht, faktisch gibt es keinerlei Abhilfe.

Nach ein wenig Herumprobiererei konnte das Problem jedoch schnell eingegrenzt werden: Es beruht auf einem Fehlverhalten des Internet Explorers 11 mit einer in Windows eingestellten höheren DPI-Größe als 100%. Sobald man den Internet Explorer 11 entfernte oder aber die Windows-Schriftgröße wieder auf 100% setzte, waren alle Sidebar-Elemente sofort wieder normal. Dies ist ein interessantes Fehlverhalten, weil der Internet Explorer eigentlich wenig mit der Sidebar zu tun hat – sicherlich benutzt die Sidebar den Internet Explorer als Rendering-Engine, dafür aber handelt es sich bei den Sidebar-Elementen jedoch um absolute Standard-Elemente ohne beachtbare grafische Effekte, zudem ist diese Software-Kombination sicherlich auf hunderten Millionen PCs weltweit installiert.

Viel schlimmer als dieser Fehler ist jedoch das darauffolgende Fehlverhalten seitens Microsoft. Der Internet Explorer 11 kam schließlich nun auch schon im Oktober 2013 heraus und dürfte inzwischen auf den meisten Windows-7-Maschinen präsent sein. Als einzige weitere Bedingung des Fehlers gilt eine erhöhte Schriftgröße unter Windows – und jene dürfte auch bei einem gewissen Prozentteil der Windows-7-Nutzer aktiv sein. Selbst wenn wir von nur 3% ausgehen, ergeben dies angesichts der ausgelieferten 300 bis 500 Millionen Windows-7-Lizenzen immer noch mehrere Millionen PCs mit diesem Problem.

Das Microsoft dieses Problem nicht bekannt sei, kann deswegen kaum behauptet werden. Im Microsoft-eigenen Forum antworten die Moderatoren auf dieses Problem mit der Anweisung, schlicht die Schriftgröße wieder auf "100%" zu setzen – was zwar technisch hilft, aber letztlich Windows als System zurückläßt, welches keine Schriftartenanpassung ermöglicht. Sicherlich spielt hier auch der Punkt mit hinein, daß die Sidebar seitens Microsoft nicht mehr unterstützt wird, Microsoft also auch keinen Support mehr für dieses Feature leisten will.

Diese Reaktion Microsofts führt zu zwei Erkenntnissen:

Erstens zeigt Microsoft, wie man mit Produkten und deren Problemen umgeht, die Microsoft aus irgendwelchen Gründen nicht mehr mag: Man steht nicht zu den dadurch erzeugten Problemen und löst jene, sondern man läßt seine Kunden im Regen stehen und hofft vielmehr sogar noch darauf, durch diese eigenverursachten Probleme die Kunden zum (kostenpflichtigen) Update auf neue Microsoft-Produkte zu drängen.
 
Und zweitens negiert Microsoft damit immer noch einen der wichtigsten Problempunkte von Windows, welcher sogar für Microsoft Bestrebungen im Mobile-Markt höchst relevant wäre: Die Fähigkeit, mit unterschiedlichen Schriftgrößen möglichst problemlos zurechtzukommen. Diese Fähigkeiten sind bei Windows 7 sowieso nur rudimentär vorhanden, durch diesen Bug reduzieren sich jene nunmehr in Richtung Null – Windows 7 wird damit zu einem Betriebssystem, welches nur unter der nativen Auflösung mit original kleinen Schriftarten sauber läuft.

Doch in der heutigen Zeit – gerade wo nun 4K-Monitore in das PC-Segment drängen und noch höher aufgelöste Displays im Smartphone/Tablet-Segment schon im Gebrauch sind, benötigt ein Betriebssystem (neben anderen Dingen) vor allem die Fähigkeit, mit jeder Display-Auflösung, jeder Schriftgröße und jedem Schriftgrößen-Geschmack zurechtkommen zu können – mit großen Schriftarten für die Senioren und feinaufgelösten Schriftarten für die 4K-Fans. Wer jedoch wie Microsoft so völlig entfernt vom Zeitgeist operiert, muß sich wirklich nicht wundern, wenn man im Mobile-Markt keinen Fuß auf den Boden bekommt: Es fehlen augenscheinlich die absoluten Grundlagen an Verständnis, was dafür überhaupt gebraucht wird – vom Verständnis für einen soliden Produktsupport gar nicht erst zu reden.

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