Contra zu: Der Wert der Gehäusekühlung

Zum letzten Blogeintrag "Der Wert der Gehäusekühlung" erreichte uns seitens des 3DCenter-Lesers David eine interessante Erwiderung, welche deutlich contra zur Frage gab, wie wichtig Gehäuse-Kühlung heutzutage wirklich ist. Da in dieser Erwiderung dem Thema durchaus neue Seiten abgewonnen werden, wollen wir diese Erwiderung hiermit (mit Zustimmung des Verfassers) im Volltext quoten und zur Diskussion stellen:

Beim aktuellen Artikel zur Gehäusekühlung bin ich aber ganz anderer Meinung. Ich bin der Ansicht, dass dort eine der typischen Halbwahrheiten der Computergaming- und Hardwarefrakion breitgetreten wird: Dass Gehäusekühlung wichtig ist und mehr davon mehr hilft.

Meine Erfahrungen bestätigen eher das Gegenteil, Rechner mit einer starken Gehäusekühlung verstauben schneller, sind lauter und die dort eingebaute Hardware hat häufig nur eine kurze Lebensdauer, habe ich den Eindruck. Dort wo ich arbeite gibt es viele zusammengebastelte Rechner und häufig halten diejenigen am längsten, welche eher eine Minimalkühlung und wenig Aufwand, was den Airflow angeht (kein Cablemanagement, unsortierte Flachbandkabel, etc.), besitzen. Irreführend ist der Blogartikel vor allen Dingen, weil die Zeiten von Festplatten mit mehr als 20 Watt Energieverbrauch schon lange vorbei sind und heutige Platten mit 5-7 Watt unter Last auch in externen Kunstoffgehäuse kaum warm laufen. Von der Wichtigkeit von Gehäusekühlung für HDDs zu bloggen ist also heutzutage nicht nur unnötig, sondern für weniger umfassend Informierte eventuell sogar irreführend.

Viele bzw. starke Gehäuselüfter setzen die Gehäusetemperatur nur minimal herunter, was sich nur sehr indirekt auf die Chiptemperatur auswirkt. Effektiver ist es da, gleich direkt in die Chipkühlung zu investieren. Niedrige Gehäusetemperaturen wirken sich sogar möglicherweise negativ auf die Lebensdauer der Hardware aus. Natürlich hält eine CPU bei niedrigeren Temperaturen womöglich länger als bei höheren, dabei handelt es sich aber um Zeiträume, die für PC-Hardware eh keine Rolle spielen (z.B. 8 vs. 15 Jahre). Dagegen entstehen Zinn-Whisker bevorzugt bei eher niedrigen Platinentemperaturen von 35-40°, während ein gelegentlicher Burnin bis über 70° die Wisker größtenteils wieder verschwinden lässt. Auch der berüchtigte nVidia-Bug tritt selten bei Rechnern und Notebooks auf, die eher permanent auf erhöhten Temperaturen sind. Schließlich bewirken niedrige Casetemps meist eine größere Differenz zwischen Idle und Vollast, was aufgrund der unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten von PCB, Package und DIE eine erhöhte Flexinggefahr bedeutet.

Um auf das Thema Festplatten zurückzukommen, so gab es von Google vor einiger Zeit eine Langzeitstudie zum Ausfallverhalten von mechanischen Festplatten mit über 100.000 Festplatten aller Hersteller (also ausreichend repräsentativ). Festgestellt wurde vor allen Dingen, dass Festplatten bei zu hoher UND niedriger Temperatur eine hohe Ausfallwahrscheinlichkeit haben.

Und das betrifft gerade jüngere Platten, die zudem noch die Tendenz haben, deutlich weniger zu verbrauchen. Bei einem Idleverbrauch von unter fünf Watt, den die meisten aktuellen HDDs besitzen, reicht eine mittelprähtige Gehäusebelüftung schon locker aus, um die HDD im gefährlichen Bereich von unter 30° zu halten, für das die Lager der HDD nicht ausgelegt sind. Sinnvoll wäre heutzutage daher eher, über die Sinnlosigkeit von Gehäusekühlung für aktuelle Festplatten zu bloggen und eventuell den Unterschied zu den früheren zeiten hervorzuheben, als die alte Mär über die Wichtigkeit der Gehäusekühlung wieder zu füttern, die in Rechnern von der Stange zwar eher zu kurz kommt, aber bei Retail-PCs allgemein schon lange übertrieben wird.

Viel hilft viel, war zwar nicht die Aussage des Blogeintrags, es könnte aber so verstanden werden. Aber viel hilft bei Gehäusekühlung eben nicht viel. Zuviel und zu wenig Luftaustausch im Gehäuse kann sich negativ auswirken – jetzt ist es eher Zeit, die Auswüchse welche die Casemodding-industrie als Reaktion auf die Wünsche der User nach mehr Belüftung wachsen lassen hat zu evaluieren und die nötigen Schlüsse für sich daraus zu ziehen.

Hier wäre meinerseits dazuzusagen, daß mir der Erwiderungsansatz angesichts von (bei mir) dauerhaft 27 bis 30 Grad Außentemperatur :) bisher nicht wirklich vertraut war – daraus erklären sich auch meine privaten Kühlungsanstrengungen bzw. die gewisse Hingabe zu nicht gerade sehr hitzig laufender Hardware. Im generellen bringt diese Erwiderung aber wie gesagt zweifelsfrei neue Ansätze zum Thema der Gehäusekühlung ins Spiel, welche hiermit zur Diskussion freigegeben sind.

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