Redakteur x64

Windows XP Professional x64 und Windows 2003 Server x64. Über 3 Jahre ist es nun her, dass Microsoft die ersten Betriebssysteme für AMDs x86-x64 Initiative auf den Markt gebracht hat. Als Umsteiger der ersten Stunde, wird es vielleicht Zeit für eine kleine Blog-Serie, wie es dem High-End 64-Bit Redakteur denn ergangen ist.

Der ein oder andere mag sich noch an die OS/2-Schrumpfköpfe aus den 90ern erinnern. Schon damals lautete die Frage: Warum 32-Bit, ich hab doch 2x16-Bit?! Das ist heute nicht anders, ausgenommen der Tatsache, dass uns der Adressraum knapp wird. Kaum noch gehen Notebooks oder Fertig-PCs mit weniger als 4GB Speicher an den Start. Kaum ein Käufer ist sich im Klaren, dass davon nur knapp 3GB zur Verfügung stehen und Programme nur 2GB am Stück nutzen können – wenn sie denn angemessen große Brocken davon ansprechen dürfen.
Die (er)Lösung bieten 64-Bit-Betriebsysteme wie XP64 oder Vista64. Allerdings kommen dem User damit auch zwei große Hauptprobleme ins Haus:
1. Seltene aber ärgerliche Kompatibilitätsfallen zu älteren Programmen und zwingender Umstieg auf 64-Bit Treiber
2. Ohne 64-Bit Software bleiben viele Vorteile des neuen Systemverbunds ungenutzt.

Problem Nr.1 ist des akuten Aussterbens bedroht und sollte in 2 Jahren gänzlich der Vergangenheit angehören. Bis dahin hat man wohl zu 90% keine Probleme, aber wer zu den restlichen 10% gehört, hat meistens richtig Arger. Das erklärt auch die sehr zögerliche Umstellung von Notebook und PC Herstellern, die lieber auf Nummer Sicher gehen wollen. Bis dahin ist das letzte Gigabyte Speicher eben reiner Werbeträger.

Problem Nr.2 lässt sich am besten über Henne und Ei beschreiben. Beide streiten sich, wer zu erst kommt – dabei ist noch keiner von ihnen existent. Die geringe Verbreitung von x64-Betriebsystemen im Heimandwenderbereich, rechtfertigt selten höhere Kosten und den entstehenden Aufwand für x64-Portierungen. Dementsprechend finden sich meist Umsetzungen kleinerer Projekte oder im Gegenzug besonders wichtige Programme. Der Rest streitet sich noch darüber wer die Henne, wer das Ei spielen darf.
Dabei muss man prinzipiell zwischen echten (native) 64-Bit Applikationen und 64-Bit Ready Software unterscheiden. Erstere läuft direkt im 64-Bit-Modus des Prozessors, kann auf den gesamten ihr zugeteilten Adressraum zugreifen und läuft nur auf einem 64-Bit-System. Die "Ready"-Software garantiert (i.d.R.) eine reibungslose Funktionalität auf 64-Bit-Systemen und ist gegeben falls in der Lage auf Funktionen und Bereiche zurückzugreifen, die sonst nur für 64-Bit Programme gedacht sind. Die Anwendung selbst bleibt meist als 32-Bittig, besitzt aber, wenn nötig, 64-Bit Erweiterungen. In diese Kategorie fallen z.B. viele Virenscanner oder Systemtools.

Wie sieht also das System eine x64-Junkies aus, der seit über 3 Jahren XP64 oder Vista64 als Hauptsysteme nutzt? Sicher tummeln sich die 64-Bit Applikationen vom Desktop beginnend bis ins hinterste Eck der Festplatte. Hier also mein 64-Bit System:

64-Bit Applikationen
Applikation Native Vorteile durch x64
Linux
Solaris
Windows Vista64/XP64
Ja 64-Bit Longmode für CPU
Adressraum über 4GB
Zugriff auf verbesserte µArchitektur der CPU
Erlaubt 64-Bit Applikationen
7-Zip-Packer Ja Messbar, aber nicht spürbar
Comodo-Firewall Ja Kein Vorteil, aber zwingend erforderlich für Funktion
Comodo Registry-Clean Ja Kein Unterschied, aber zwingend erforderlich für Funktion
JkDefrag Ja Keiner, aber Anpassung zwingend erforderlich
Avira Antivir Nein Anpassung zwingend erforderlich für Funktion
Vista Codec Pack x64 Ja Codecs und Filter für 64-Bit Media-Player
Canon Scan- und Drucker-Software Nein Anpassung zwingend erforderlich
Smart FTP 3.0 Trial Ja Keiner im Alltag
Firefox x64 und Thunderbird x64 Ja Messbar für Firefox, aber keine 32-Bit Plug-Ins nutzbar (Flash)
Apple Itunes64 Nein Keine, Anpassung erforderlich für Brenn-Funktion
SiSoft Sandra 2009 Ja Keine, Benchmarkergebnisse unterschiedlich
Autodesk Inventor Student Ja Spürbar für komplexere Projekte
Sun xVM Virtual Box Ja Performancevorteile
Vorteile für 64-Bit Gast-Systeme
Anpassung zwingend erforderlich für Funktion
Paint.Net Ja Mehr Performance

Nicht eingeschlossen sind hier alle Microsoft-Programme, die zusammen mit Vista64 oder XP64 angepasst installiert werden. Darunter fallen z.B. Notepad, der Taschenrechner, das .Net Framework oder der Taskmanager etc...
Trotzdem ist die Liste doch sehr kurz geworden. Insbesondere fällt die große Anzahl an zwingenden Anpassungen auf. Die vorhergehenden 32-Bit Versionen würden meist gar nicht erst funktionieren. Das trifft besonders für Systemtools wie Virenscanner, Registry-Cleaner oder Funktionen zu, die über Schnittstellen und Treiber arbeiten (DVD Brennen, USB-Filter, Netzwerk etc). Die meisten aufgeführten 64-Bit Anpassungen und Applikationen sind eher aus der Not geboren, denn zur Performancesteigerung entwickelt. Insgesamt befinden sich nur 4 Applikationen auf dem System, welche durch ihre 64-Bit-Versionen deutliche Vorteile erzielen. Dies sind neben 7-Zip und Paint.Net, der Autodesk Inventor und SUNs Virtual Box. Also zwei, durchaus übliche Programme und zwei eher professionellere Anwendungen, mit weitaus kleinerer Zielgruppe.

Wahrscheinlich würde ich, ausgenommen Virtual Box, gar nicht trauern, hätte es die anderen nie in einer x64-Version gegeben. Zu klein der Unterschied für mich, zu unwichtig die Programme an sich. Dabei sollte man jetzt keine falschen Schlüsse ziehen: Es gibt sehr wohl einen Markt für 64-Bit Applikationen und mehr als genug Anwender die ihn brauchen. Nur hat sich dies noch nicht in den Heimanwenderbereich übertragen. Bis dahin bleibt x64 für den normaler User entweder eine Hürde, oder eine Baustelle, auf der es ständig Neues zu entdecken gibt.
Hierzu will ich besonders www.start64.com empfehlen, welches immer aktuelle News zu 64-Bit Treibern, Programmen und Artikeln bietet. Dort wird man auch schnell feststellen, dass es durchaus eine Fülle an 64-Bit Applikationen gibt. Aber eben nur immer jeweils für eine Nische oder einen Grenzfall, selten für den Massenmarkt.