AMD PowerTune

Mittwoch, 15. Dezember 2010
 / von Leonidas
 

Alles weitere zum Performance-Verhältnis der Karten untereinander und im Vergleich zu anderen Grafikkarten würde sich dann eigentlich mittels normaler Benchmarks klären lassen – allein, dies ist bei Radeon HD 6950 & 6970 nicht so einfach wie üblich. Denn AMD hat dem RV970/Cayman-Chip ein neues Feature namens "PowerTune" spendiert, welches den Stromverbrauch der Grafikkarte anhand festgesetzter (aber regulierbarer) Werte limitieren kann und damit unter Umständen auch bei Performance-Messungen eine Rolle spielt, spricht limitierend wirken könnte. Daher muß man sich vor Performancemessungen zu Radeon HD 6950 & 6970 erst einmal dieses PowerTune-Feature ansehen und dann entsprechend entscheiden, wie man seine Benchmarks anstellt.

PowerTune ist generell als Hardware-Schutz konzipiert, wie es vorher schon einige AMD- und nVidia-Grafikkarten hatten – nur daß PowerTune intelligenter und vom Anwender konfigurierbar ist. In seiner Standard-Einstellung hat AMD für PowerTune schlicht einen Wert für jede Grafikkarte festgesetzt, bis zu diesem jene Strom verbrauchen kann – wird dieser Wert überschritten, wird die Karte entweder durch Heruntertaktung oder durch das Auslassen von Taktzyklen kurzfristig limitiert. Dabei geht es nicht um eine dauerhafte Performance-Beschränkung, sondern nur um das Wegschneiden der Lastspitze durch PowerTune. Während also eine Grafikkarte mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 130 Watt in der einen Sekunde mal 115 Watt verbraucht und in der nächsten Sekunde mal 140 Watt, verbraucht eine Grafikkarte mit PowerTune auf einem Level von 130 Watt in keiner Sekunde mehr als diese 130 Watt.

AMD PowerTune

Diese Funktion ist somit sehr nutzvoll, um den teilweise sehr schwankenden Stromverbrauch von Grafikkarten in den Griff zu bekommen, welcher natürlich auch die Karten teurer macht: Denn eine Grafikkarte muß vom Boarddesign und der Auswahl der Komponenten her nicht auf den durchschnittlichen Verbrauch, sondern auf den Verbrauch in einzelnen Lastspitzen ausgelegt werden – selbst wenn diese Lastspitzen nur höchst selten auftreten. Würde man dies nicht tun, stürzt die Karte in diesen Lastspitzen sang- und klanglos ab, was Kundenunzufriedenheit und höhere RMA-Kosten bedeutet. Mittels PowerTune kann man diese Lastspitzen sehr effektiv limitieren, womit das Kartendesign näher an den typischen Stromverbrauch der Karten gebracht werden kann und nicht mehr deutlich überdimensioniert werden muß.

Natürlich kann PowerTune im Extremfall auch Auswirkungen auf die normale Performance haben – und zwar dann, wenn die PowerTune-Einstellung zu nahe am normalen Stromverbrauch der Karte liegt. Dann würden nicht nur extreme Lastspitzen weggeschnitten (die, da sie selten vorkommen, keine Performance-Auswirkungen oberhalb von 1-2% haben dürften), sondern auch normale Szenen mit einfach höherer Last, was dann problemlos auch Auswirkungen auf die Performance der Grafikkarte haben würde. Allerdings wird AMD natürlich nicht an dem Ast sägen, auf welchem man sitzt und daher dürfte PowerTune generell so ausgelegt sein, daß es die normale Performance einer Grafikkarte nicht behindert.

In diesem Sinne wird häufig mißverstanden, daß die von AMD angegebene Typical Gaming Power (TGP) den PowerTune-Normalwert darstellen soll. Dies ist aber schon aus diesem Grunde falsch, als daß ein typischer Verbrauch nun einmal einen Mittelwert darstellt und man einen Mittelwert sicherlich nicht dazu benutzen kann, um reine Spitzen abzuschneiden – ein Mittelwert als Abschneide-Punkt würde dazu führen, in rund der Hälfte der Zeit die Performance zu limitieren, was dann doch deutlich mehr als 1-2% Performance-Unterschied ergeben würde. Vielmehr ergibt sich der von AMD angesetzte PowerTune-Normalwert aus dem "PowerTune Maximal Limit" und dem Umstand, daß man den PowerTune-Normalwert um exakt 20 Prozent steigern kann, um das PowerTune-Maximum zu erreichen.

Radeon HD 6950 Radeon HD 6970
Typical Gaming Power (TGP) 140 Watt 190 Watt
PowerTune Maximal Limit 200 Watt 250 Watt
PowerTune-Normalwert 167 Watt 208 Watt
PowerTune einstellbar von/bis 133-200 Watt 166-250 Watt

Die PowerTune-Normalwerte sollten also bei 167 Watt für die Radeon HD 6950 und 208 Watt für die Radeon HD 6970 liegen – im Vergleich zur von AMD angegebenen typischen Spiele-Leistungsaufname (TGP) liegt da genügend Spielraum, um wirklich nur seltene Spitzen abzuschneiden und somit die normale Performanceentwicklung der Karte nicht zu behindern. Die PowerTune-Benchmarks bei HT4U bestätigen dies, hierbei konnte mit einer Radeon HD 6970 kein fps-Unterschied zwischen der PowerTune-Normaleinstellung und dem PowerTune-Maximalwert erzielt werden. AMD warnt zwar davor, daß eine Radeon HD 6950 größere Unterschiede zeigen könnte, allerdings können wir uns dies aufgrund des höheren Unterschieds dieser Karte zwischen der Typical Gaming Power und dem PowerTune-Normalwert nicht so richtig vorstellen.

Bleibt die Frage, wie man mit PowerTune benchmarken sollte. Da das Feature im Normalfall jedoch offensichtlich keine oder nur sehr geringfügige Auswirkungen auf die Performance hat, sollte dieses Feature auch beim Benchmarken auf seinem Normalwert bleiben. Für Benchmarks das Feature auf die performance-freundlichste Einstellung "PowerTune +20%" (sprich den PowerTune-Maximalwert) zu setzen, halten wir im Sinne realitätsnaher Benchmarks nicht für sinnvoll, denn letztlich wird dies im Praxiseinsatz außer Übertaktern niemand tun. Und daß einzelne Spitzen und damit mal hier und da ein Prozentpunkt Performance durch PowerTune abgeschnitten werden, ist Teil des Systems und sollte demzufolge auch so in Benchmarks wiedergegeben werden.

Die winterlichen Temperaturen in Mitteleuropa nehmen zudem derzeit den potentiellen Effekt einer zu hohen Umgebungstemperatur (welche die Chiptemperatur und damit den Stromverbrauch beeinflussen kann) aus dem Spiel. Interessant wären in diesem Zusammenhang aber durchaus einmal Benchmarks von PowerTune unter 20 Grad und unter 30 Grad Umgebungstempertur – denn es steht durchaus im Raum, daß PowerTune unter eher ungünstigen Umgebungsbedingungen früher wegregelt als es derzeit darstellbar ist. Deutlich niedrigere Chiptemperaturen beispielsweise durch eine Wasserkühlung dürften PowerTune dagegen kaum tangieren, sondern allerhöchstens weniger Lastspitzen verursachen – aber so lange diese wie gesagt nicht performancerelevant sind, spielt das keine große Rolle.

Sehr relevant ist PowerTune allerdings für Übertakter: Diese müssen PowerTune faktisch nach oben setzen, um etwas von ihrer Übertaktung zu haben, weil ansonsten PowerTune viel zu häufig eingreifen dürfte. Dabei kann man durchaus darüber diskutieren, ob die maximal 20 Prozent Plus unter PowerTune für jeden Übertakter ausreichend sind – bisherige Kartenübertaktungen kommen mit Spannungszugabe sicherlich häufig schon auf einen deutlich mehr als 20prozentig höheren Stromverbrauch als regulär, manchmal sogar auf einen Stromverbrauch jenseits der TDP. Den "normalen" Übertakter dürfte PowerTune allerdings kaum behindern, sondern sogar eher schützen – Extrem-Übertakter werden diese Funktion dagegen vermutlich abschalten, um nicht in ihrem Übertaktungserfolg limitiert zu werden. Die Hochsetzung des PowerTune-Limits wie auch die komplette Abschaltung von PowerTune liegen laut AMD im übrigen außerhalb der Garantie – wie bei Übertaktungsmaßnahmen allgemein üblich.

Im übrigen geht natürlich auch der umgekehrte Weg: Durch Limitierung des PowerTune-Normalwerts kann man den Stromverbrauch der Radeon HD 6900 Karten etwas limitieren, ohne dafür deutlich an Performance zu verlieren. Wiederum HT4U haben hierzu ermittelt, daß bei einer Einstellung von "PowerTune -10%" eine Radeon HD 6970 um 8,6 Prozent weniger Strom verbraucht, bei einem Performanceverlust von nur 2,7 Prozent. Die Einstellung von "PowerTune -20%" war dann allerdings zuviel des guten, man verbraucht dann zwar gleich 20,9 Prozent weniger Strom, büßt dafür aber auch 15,2 Prozent an Performance ein.

Abschließend zu diesem Kapitel seien noch die regulären Stromverbrauchsmessungen von Radeon HD 6950 und 6970 unter verschiedenen Aufgabengebieten zu erwähnen – basierend auf den Messungen rein der Grafikkarten seitens HT4U (erster Wert) bzw. der PC Games Hardware (zweiter Wert):

(HT4U/PCGH) Idle MultiMon. Spiele FurMark
Radeon HD 5870 21W/25W 52W/- 158W/138W 200W/199W
Radeon HD 6950 20W/19W 44W/- 150W/124W 185W/-
Radeon HD 6970 22W/22W 66W/- 205W/186W 267W/-
GeForce GTX 570 24W/28W 70W/- 199W/194W 247W/287W
GeForce GTX 580 31W/33W 92W/- 247W/221W 318W/312W

Dabei zeigt sich die Radeon HD 6950 grob auf dem Stromverbrauch der Radeon HD 5870 und die Radeon HD 6970 grob auf dem Stromverbrauch der GeForce GTX 570. Der bisher existierende große Vorteil von AMD beim Last-Stromverbrauch ist bei der Radeon HD 6900 Serie nicht mehr so wirklich zu sehen, was allerdings innerhalb derselben 40nm-Fertigung bei einer gestiegenen Performance auch schwer gleichzeitig zu realisieren ist.