SiSoft mit eigenen Bulldozer-Benchmarks

Dienstag, 6. September 2011
 / von Leonidas
 

Die Benchmark-Schmiede SiSoftware testet ab und zu auf der eigenen Webseite neue Prozessoren durch die Benchmark-Funktionen von SiSoft Sandra. Am vergangenen Wochenende war überraschenderweise dort auch ein Bulldozer-Test zu sehen, welcher inzwischen zwar von der Webseite entschwunden ist und selbst im Google-Cache nur noch unvollständig (ohne Bilder) vorliegt, welcher aber vorher noch gesichert werden konnte und nun nachfolgend ausgewertet werden wird. Diese Benchmarks mögen ihre eigenen kleinen Macken haben (wie alle Vorab-Benchmarks), sind aber wenigstens die ersten richtig sicheren Zahlen zu AMDs Bulldozer – nicht kreiert von nach Medienruhm heischenden Bloggern und nicht aus nicht nachvollziehbaren fernöstlichen Quellen stammend. Der Artikel bei SiSoftware ist faktisch der erste, wo man sich wirklich sicher sein kann, daß ein entsprechendes Bulldozer-Testsample auch vorlag und daß der Test selber komplett unparteisch und ohne Hintergedanken angegangen wurde.

Trotzdem hat auch dieser Test so seine Nachteile (einmal laut gedacht: schon erstaunlich, daß Vorserien-Exemplare ausschließlich bei Leuten auftauchen, welche keinen vollständigen Test hinbekommen). Der augenscheinlichste Nachteil ist, daß hierbei als Testwerkzeug nur die Software von SiSoft selber – nämlich Sandra 2011 – eingesetzt wurde. Dieser Nachteil wird wieder etwas dadurch geschmälert, daß für Sandra 2011 reichlich Benchmark-Werte anderer CPUs vorliegen und Bulldozer damit – zumindest unter Sandra 2011 – sehr gut eingeordnet werden kann. Die anderen Nachteile bzw. Macken liegen in den teilweise etwas seltsamen Hardware-Angaben seitens des Testers: Getestet wurde eine Bulldozer Achtkern-CPU auf 2.8 GHz Nominaltakt und 3.8 GHz TurboCore-Takt, obwohl der hierfür am nächsten liegenden Bulldozer FX-8100 den richtigen Nominaltakt, aber mit 3.7 GHz einen etwas niedrigeren TurboCore-Takt aufweist.

Befremdlich sind zudem die Angaben zu der vergleichsweise eingesetzten Intel-CPU: Hierbei wurde ein Sandy-Bridge-QuadCore mit 3.0 GHz Nominaltakt und 3.6 GHz TurboMode-Takt benutzt, welchen Intel in dieser Form aber derzeit nicht im Programm hat (auch nicht im Server-Bereich). Die notierten 6 MB Level3-Cache und das aktive HyperThreading passen ebenfalls nicht zusammen, bei allen Sandy-Bridge-basierten QuadCore-Modellen mit HyperThreading sind die vollen 8 MB Level3-Cache dieses Prozessors aktiv – möglicherweise aber schlicht ein Schreib- oder Gedankenfehler. Die Angabe zum Level1-Cache von Sandy Bridge ist zudem schlicht falsch (es sind 32 kB für Daten und 32 kB für Instruktionen, insgesamt also 64 kB pro Rechenkern bei jedem Sandy-Bridge-Modell), auch dies könnte aber wieder ein einfacher Schreib- bzw. Gedankenfehler sein. In jedem Fall handelt es sich aufgrund der eher willkürlich gewählten Taktraten um keinen exakten Vergleich zweier kaufbarer Modelle, sondern vielmehr um einen Generalvergleich Bulldozer 2.8/3.8 GHz gegen Sandy Bridge 3.0/3.6 GHz, dies wäre immer im Hinterkopf zu behalten.

Ein wenig ungünstig für einen fairen Vergleich ist desweiteren der Versuch, es "zu gleich" zu machen und Bulldozer nur mit DDR3/1333 laufen zu lassen – der AMD-Prozessor unterstützt nun einmal bis zu DDR3/1866, was ein Unterschied und auch ein Vorteil ist, denn man in der Praxis dementsprechend auch aufzeigen sollte. Andererseits ist dieser Punkt gemäß der Erfahrungen von Llano, wo bei der Anwendungsperformance kein beachtbarer Unterschied zwischen DDR3/1333 und DDR3/1866 besteht, auch nicht so bedeutsam, als daß man deswegen von den nachfolgenden Benchmarks gleich Abstand nehmen müsste. Wir bringen nachfolgend die seitens SiSoft angefertigten Benchmark-Diagramme zu den einzelnen angetretenen Tests inklusive auch der Benchmark-Kommentierung seitens SiSoft, welche aufgrund deren Hintergrundwissens um ihren eigenen Benchmark oftmals ziemlich interessant ist. Unsere eigene (kurze) Bewertung dieser Zahlen findet sich dann nach all den Benchmark-Diagrammen.

Auch wenn diese Benchmarks aus einer sicheren Quelle kommen, sehen diese erneut deutlich nach einem funktional gehandicapten Vorserien-Modell bei Bulldozer aus (angeblich ein deaktiviertes Prefetching, eventuell noch weitere Handicaps). Sicherlich kann Bulldozer in der Verkaufsversion noch etwas über den Takt zulegen, denn Bulldozer wird die gegenüber Intel etwas höheren Taktraten aufbieten können – in diesem Test hatte dagegen das Sandy-Bridge-Modell einen gewissen Vorteil beim nominalen Takt. Die meistens klaren Rückstände wird dies jedoch nicht wieder zurechtbiegen können – überzeugend ist das Bulldozer-Ergebnis auf keinen Fall. Hier kann nur das Prinzip Hoffnung angesetzt werden, daß sich die Performance dieses Vorserien-Modells doch klar von der Performance der Verkaufsversionen unterscheidet.

Für den Augenblick läßt sich damit leider die Bulldozer-Performance immer noch nicht genauer einkreisen als es der bisherige Erkenntnisstand hergibt, wonach Bulldozer bestenfalls auf Augenhöhe mit den schnellsten Sandy-Bridge-Modellen kommt – vielleicht mit Vorteilen, wenn es um Benchmarks mit starker Ausrichtung auf viele physikalische Rechenkerne geht, aber dies wird man sehen müssen. Angesichts des nunmehr noch nahenden Bulldozer-Launches (vermutlich im Oktober) sollten nun langsam aber sicher mehr Vorab-Benchmarks auftauchen – mit Glück dann vielleicht auch Tests von Verkaufsversionen, bei welchen Hardware-Limitationen wie bei Vorserien-Exemplaren üblich, nicht mehr enthalten sein sollten.