Launch-Analyse Intel Core X (Seite 3)

Donnerstag, 22. Juni 2017
 / von Leonidas
 

Bezüglich der Spiele-Performance gibt es leider wenig erbauliches zu berichten: Die Launchreviews sind sich hierbei zuallermeist nur in Betrachtungen von Performancedifferenzen unter FullHD ergangen – was zumeist nur wenige Unterschiede aufzeigen konnte, dafür ist diese Auflösung selbst mit einer Titan Xp einfach noch viel zu Grafikkarten-limitiert. Interessant wurde es dann, wenn davon abweichend mal eine CPU-Limitierung gefunden werden konnte: Dann ergab sich kein schlechtes Bild für die Skylake-X-Prozessoren bezüglich der Kern-Skalierung, jene geht durchaus in Ordnung. Allerdings lag Skylake-X in überraschend vielen (CPU-limitierten) Spiele-Tests hinter Broadwell-E zurück, hier schlägt die veränderte Cache-Struktur augenscheinlich stärker durch als in den Anwendungs-Benchmarks. Die Differenzen sind meistens nicht weltbewegend, allerdings ergeben sich damit bei der Spiele-Performance derzeit keine Vorteile für Skylake-X – trotz klar höheren Taktraten wohlgemerkt. Kaby-Lake-X kommt zwar auch nicht auf Vorteile gegenüber dem "normalen" Kaby Lake, dies war aufgrund der nahezu identischen Taktraten jedoch auch nicht anders zu erwarten.

Beim Stromverbrauch geht Intel dagegen in die Vollen: Laut den umfangreichen Messungen seitens Tom's Hardware kann es im Torture-Test von Prime95 für den Core i9-7900X bis auf 230 Watt Stromverbrauch der reinen CPU hinaufgehen. Jener Test mag überhaupt nicht praxisnah sein – allerdings kommt ein Core i7-6950X hier mit 148 Watt aus, selbst ein Ryzen 7 1800X genehmigt sich nur 118 Watt. Die von Intel angegebene TDP (von 140W) wird damit sehr krass gerissen – und selbst wenn dies in geringerem Umfang durchaus bei jeder CPU unter diesem Test passiert, überrascht die hohe Differenz zwischen TDP und Maximalverbrauch (140 zu 230 Watt). Bei anderen Workloads kommt der Core i9-7900X viel eher unterhalb seiner TDP an, aber in jedem Fall (von Last) liegt der Core i9-7900X beim Stromverbrauch vorn, verbraucht für seine Mehrperformance eben auch ordentlich mehr Energie. Die anderen Skylake-X-basierten Prozessoren wurden diesbezüglich kaum getestet, dürften allerdings viel geringere Schwierigkeiten haben, deren (identische) TDP nicht so deutlich zu überbieten. Kaby-Lake-X verhält sich in dieser Frage hingegen wieder eher wie das "normale" Kaby Lake, ist also wesentlich weniger stromdurstig und hält seine TDP auch (grob) ein.

In der Frage des Overclockings gab es ebenfalls zumeist nur entsprechende Tests mit Core i7-7740K von Kaby-Lake-X und Core i9-7900X von Skylake-X. Hierbei zeigte sich eine tendentiell etwas bessere Overclocking-Eignung von Kaby-Lake-X gegenüber dem "normalen" Kaby Lake – seinerzeit erreichte der Core i7-7700K ein durchschnittliches Overclocking-Ergebnis von 4953 MHz (auf der Basis von 25 Tests), aktuell sind es durchschnittlich 5120 MHz auf Basis allerdings von nur 5 Tests. Regulär ist diese Testbasis zu wenig für eine belastbare Aussage, aber die Tendenz ist trotzdem sehr gut erkennbar: Während beim Core i7-7700K die Ergebnisse eher um die 5-GHz-Marke herumschwanken, erreicht der Core i7-7740K diese Marke in jedem Fall, oftmals geht es auch noch 100-300 MHz darüber hinaus. Rein optisch sieht dies natürlich hervorragend aus – selbst wenn der Performancegewinn aus dieser Übertaktung nicht besonders hoch ausfallen sollte, schließlich sind selbst 5,1 GHz Takt beim Core i7-7740K gerade einmal +13% Mehrtakt gegenüber dem Boosttakt dieses Prozessors.

Core i7-7740K Core i9-7900X
Hardware Canucks  5100 MHz @ 1.380V Tom's Hardware  4.4 GHz
Vortez Hardware  5201 MHz @ 1.344V Gamers Nexus  4.5 GHz
Benchmark.pl  5000 MHz @ 1.320V Guru3D  4798 MHz @ 1.348V
Hot Hardware  5300 MHz @ 1.121V Hot Hardware  4598 MHz @ 1.240V
Expreview  5002 MHz @ 1.212V PC Perspective  4599 MHz @ 1.280V
TweakTown  4595 MHz @ 1.240V
Overclockers  4494 MHz @ 1.250V
Mobile01  4513 MHz
Hexus  4599 MHz @ 1.220V
Bit-Tech  4.7 GHz @ 1.250V
Ø 5120 MHz  (default 4.3/4.5 GHz) Ø 4579 MHz  (default 3.3/4.3/4.5 GHz)

Der Core i9-7900X von Skylake-X ging dagegen innerhalb von 10 Tests auf durchschnittlich 4579 MHz hinauf – kein schlechtes Ergebnis, aber durchaus weit entfernt von einigen Illusionen, Skylake-X könnte sich problemlos auf 5 GHz takten lassen. Auch ist der Übertaktungsgewinn gegenüber Broadwell-E nicht gerade überragend, der Core i7-6950X kam seinerzeit auf durchschnittlich 4.36 GHz. Zumindest kann Skylake-X wiederum eine gewisse Optikgrenze überwinden, auf 4.5 GHz sollte sich mehr oder weniger jede CPU übertakten lassen (wurde aktuell in 9 von 10 Tests erreicht). Auch hier dürfte der Performancegewinn aus dieser Übertaktung aber eher gering ausfallen – auf 4.6 GHz Takt erzielt man gerade einmal +7% Mehrtakt gegenüber dem regulären Boosttakt des Core i9-7900X. Ob sich die kleineren Modelle von Skylake-X besser übertakten lassen, muß dann noch die Praxis zeigen – bei Broadwell-E war dies allerdings nicht wirklich der Fall, da gab es nur höchst geringe Tendenzen zugunsten einer besseren Taktbarkeit der kleineren Modelle.

Ein gewisses Problem von Skylake-X beim Übertakten (aber auch im Regelbetrieb) stellt dabei die von Intel benutzte Wärmeleitpaste anstatt einer soliden Verlötung dar. Damit findet kein optimaler Wärmeaustausch in Richtung Kühlkörper statt, die CPU wird heißer als es notwendig wäre, und neigt deswegen gerade unter Übertaktung durchaus zum Drosseln bei Überschreiten von Temperatur-Grenzwerten. Für den maximalen Übertaktungserfolg kommt man kaum um ein CPU-"Köpfen" sowie mindestens eine AiO-Wasserkühlung herum, besser sind hier allerdings professionelle Wasserkühlungen. Erst dann werden sich die interessanten Taktraten bei Skylake-X in Richtung 5 GHz erreichen lassen – und auch erst dann wird man einen wirklich beachtbaren Performancegewinn aus dieser ganzen Aktion ziehen. Für den normalen Übertakter, welcher ganz gewiß nichts an der CPU selber verändern will, erscheint Skylake-X damit aus Übertakter-Sicht jedoch als eher uninteressant – faktisch hat Intel fast den ganzen Taktspielraum bereits selbst verbraten, es bleibt hier nur noch vergleichsweise wenig zugunsten der Übertakter übrig.

In der Summe der Dinge bietet Intel mittels Core X mal wieder sehr viel an Technik, geht dafür aber auch schon nahe an Grenzbereiche heran und läßt sich auch weiterhin sehr gut dafür bezahlen. Dabei können generell nur Teile des Produktportfolios begeistern: Alles von Kaby-Lake-X ist faktisch ein Witz – kaum höherer Takt (zu sicherlich demselben Preis) auf einer für diese Preislage überkandidelten Plattform, die man zudem mit diesen CPUs noch nicht einmal ausnutzen kann. Sobald man hier die Plattform-Kosten mit berücksichtigt, erledigen sich Core i5-7640K & Core i7-7740K umgehend – und es stellt sich die Frage, was Intel geritten haben mag, diese Prozessoren nicht besser als Refresh der Sockel-1151-Plattform zu veröffentlichen, anstatt auf der schon allein technisch dafür unpassenden Sockel-2066-Plattform. So, wie es derzeit dargeboten wird, kann man Core i5-7640K & Core i7-7740K umgehend aus allen Diskussionen ausklammern, jene Prozessoren dürften auch kaum einen beachtbaren Markteffekt erzielen.

Ein ganz anderes Ding ist dann natürlich Skylake-X – wobei man hier aufgrund der hohen Preisunterschiede faktisch jedes einzelne CPU-Modell für sich betrachten kann. Für alle CPU-Modelle zusammengenommen ist Skylake-X und die Sockel-2066-Plattform sicherlich hochwertig ausgefallen, abseits von einem noch zu erreichenden Reifegrad der Plattform ist das gebotene schon ganz rund. Speziell der Sechskerner Core i7-7800X bietet darauf basierend wahrscheinlich eine dem Ryzen 7 1800X sehr stark nahekommende Performance an, und kostet dafür sogar deutlich weniger (Anwendungs-Performance ~97% zu 100%, Preis 383$ zu 499$) – eine seltene, interessante Situation. Allerdings muß der Core i7-7800X diese hohe Performance erst einmal nachweisen, ehe man hier Empfehlungen aussprechen kann. Derzeit liegt zu diesem Prozessor nur ein vollständiger Testbericht vor und fehlt jede Erklärung für dessen hohe Performance, welche weit über den Taktratensprung dieses Sechskerners hinausgeht. An dieser Stelle rächt sich deutlich Intels Zurückhaltung bei der Verteilung von Testsamples für diesen Launch.

Der Achtkerner Core i7-7820X bietet hingegen grob dasselbe Preis/Leistungs-Verhältnis wie ein Ryzen 7 1800X in Form von ~17% mehr Anwendungs-Performance zu 18% mehr Listenpreis (die Straßenpreis des AMD-Prozessors unterbieten derzeit allerdings seinen Listenpreis). Intel kann sich hier also rühmen, ~17% Mehrperformance aus einem Achtkerner gegenüber dem besten AMD-Achtkerner herausgeholt zu haben, will dafür aber auch entsprechend entlohnt werden. Je nach persönlichem Performanceanspruch und Dicke des Geldbeutels sind sicherlich beide CPUs gangbar. Erwähnenswerterweise fehlt dem Core i7-7820X jedoch eine Eigenschaft, welche in solcherart Entscheidungs-Situationen bisher noch immer gut für Intel gesprochen hatte: Die CPU ist zwar übertaktbar, der Übertaktungsgewinn ist ausgehend von den schon hohen nominellen Taktraten allerdings Intel-untypisch nicht mehr all zu hoch – hier übertaktet man eher des Effekt der schönen Taktratenanzeige wegen, und nicht um die CPU auf ein wirklich neues Performancelevel zu bringen.

Der Zehnkerner Core i9-7900X hat dagegen (trotz erheblich gegenüber dem Zehnkerner von Broadwell-E abgesenkten Preis) immer noch kein gesundes Preis/Leistungs-Verhältnis, da die Mehrperformance gegenüber dem Intel-eigenen Core i7-7820X mit +14% absolut im Rahmen bleibt, dafür jedoch gleich ein um +68% höherer Preis zu löhnen sein soll. Im Zuge dessen, das schließlich auch der Core i7-7820X bereits ein Achtkerner ist und die beiden zusätzlichen CPU-Kerne das Kraut nun nicht mehr fett machen, lohnt der Core i9-7900X sicherlich überhaupt nicht. Wohl deswegen gibt es auch nur bei dieser CPU die vollen PCI Express Lanes der X299-Plattform sowie die beiden AVX-FMA-Einheiten (pro CPU-Kern) – wer kompromißlos das Allerbeste will, kann gemäß Intel somit nur zum Core i9-7900X greifen. Doch exakt diese Überlegung ("kauf das Allerbeste") lohnt hier nun wirklich überhaupt nicht, da der Core i9-7900X schon allein Intel-intern in absehbarer Zeit mit der zweiten Welle der Skylake-X-Prozessoren wieder entthront werden wird.

Ein anderer Grund zum Abwarten liegt im baldigen Release von AMDs Ryzen Threadripper und damit AMDs eigener HEDT-Plattform mit immerhin bis zu 16 CPU-Kernen. Alle Intel-CPUs oberhalb des Preispunkts von Ryzen 7 1800X (499$) werden erst dann ihre wahrhaftigen AMD-Kontrahenten erhalten – und da AMD bislang bei Ryzen eine gute Performance mit anständigen Preispunkten verbunden hat, ergibt sich hier ein gewichtiges Argument, lieber zuerst die Etablierung des vollständigen Marktfeldes abzuwarten. Intel hätte sich diesen Launch-Schnellschuß mit der ersten Welle von Core X unbedingt noch in diesem Juni besser gespart, hätte dafür der X299-Plattform sogar mehr (der sicherlich benötigten) Reifezeit geben können – denn am Ende wird sich das Schicksal von Skylake-X sowieso erst nach dem Threadripper-Release entscheiden. Doch auch abgesehen dieses Umstands kommt Core X derzeit reichtlich unausgegoren herüber: Manche der gebotenen Produkte sind nicht einmal diskussionswürdig, andere weiterhin überteuert – und ausgerechnet für die wenigen interessanten Produkte fehlen die Testresultate, um jene wirklich solide bewerten zu können.