Launch-Analyse Intel Alder Lake (Seite 4)

Sonntag, 7. November 2021
 / von Leonidas
 

Nach jeder Menge Zahlenwerk soll es zur finalen Bewertung gehen: Rein die Performance betrachtend läßt Alder Lake nichts anbrennen, kommt sogar leicht oberhalb der (Marketing-geschädigt nur noch vorsichtigen) Erwartungshaltung heraus. Intel hat mit Alder Lake bzw. dem Core i9-12900K/KF den benötigten großen Performance-Schritt gemacht und bietet die im Schnitt schnellste CPU im Consumer-Segment (außerhalb von HEDT) auf. Der Vorteil im Anwendungs-Bereich mag marginal sein, wurde aber immerhin gegenüber einem Ryzen 9 5950X erzielt, was vorab so nicht zu erwarten war und aufgrund der Preislage auch nicht zwingend notwenig wäre. Der Vorteil im Spiele-Bereich ist hingegen sowieso eindeutig, in der Summe beider Disziplinen liegt Intel nunmehr wieder klar auf Platz 1. Die weiteren Alder-Lake-Modelle runden das gute Bild ab, da maßvoll hinter dem Spitzenmodell liegend und somit (bestimmungsgemäß) mit dem besseren Performance/Preis-Verhältnis lockend.

Sicherlich kann man anmängeln, dass Alder Lake für die gebotene Spitzen-Performance auch ziemlich hohe Verbrauchswerte vorgibt, mit einem echten Peak beim Core i9-12900K/KF (samt dadurch fast dem Zwang zur Wasserkühlung bei diesem Modell). Fast könnte man davon sprechen, dass Intel hier mit der Brechstange gearbeitet hat, um die maximal mögliche Performance zu erzielen. In der Praxis kommen solcherart hohe Verbrauchswerte jedoch eher selten vor, im Spiele-Einsatz beispielsweise gar nicht. Nur wer ständig mit Spitzenlasten operiert, steht hier vor einem echten Unterschied, für Nutzer mit normalen bis gehobenen Lasten ändert sich nichts. Intel hätte diesem Kritikpunkt besser vorab den Wind aus den Segeln nehmen können durch etwas niedrigere Power-Limits, welche allem bekannten Wissen nach nichts am groben Performance-Bild ändern würden.

Der eigentliche Problempunkt von Alder Lake ist hingegen, dass sich das ergebende Performance/Preis-Verhältnis nur zum Listenpreis wirklich gut daherkommt. Denn bei realistischer Rechnung dreht sich dies doch einigermaßen: Schon zu aktuellen deutschen Straßenpreisen gerechnet geht viel vom Lack ab, allein der Core i5-12600K/KF sticht noch deutlich positiv heraus. Unter Einbezug der Mehrkosten, welche für entsprechende LGA1700-Platinen zu löhnen sind (+60 Euro) ist jeglicher beachtbare Vorteil weg, erreicht Alder Lake grob nur noch dasselbe Performance/Preis-Verhältnis wie AMDs Zen 3. Wollte man dann auch noch auf DDR5-Speicher gehen, zerren die Mehrkosten für Mainboard und Speicher Alder Lake beim Performance/Preis-Verhältnis sogar in ein deutliches Minus. Es mag unfair gegenüber Alder Lake klingen, Einstiegspreise für haufenweise neue Technologien mit dem Preis einer CPU-Generation zu vergleichen, welche ein Jahr Zeit hatte sich zu setzen – aber letztlich ist genau derart die Marktsituation für Alder-Lake-Interessenten.

Performance/Preis-Verhältnis (Anwendungen) 11700K 5600X 5800X 5900X 5950X 12600K 12700K 12900K
Kerne & Abstammung 8C RKL 6C Zen3 8C Zen3 12C Zen3 16C Zen3 6C+4c ADL 8C+4c ADL 8C+8c ADL
gemittelte Anwendungs-Performance 64,9% 57,3% 71,4% 88,7% 99,4% 73,1% 87,1% 100%
Listenpreis $374 $299 $449 $549 $799 $264 $384 $564
Straßenpreis (ab) 340€ 289€ 377€ 516€ 719€ 309€ 438€ 649€
Perf/Preis gemäß Listenpreis 100% 110% 92% 93% 72% 160% 131% 102%
Perf/Preis gemäß Straßenpreis 100% 104% 99% 90% 72% 124% 104% 81%
Perf/Preis gemäß Straßenpr. + Mobo-Mehrkosten 100% 104% 99% 90% 72% 104% 92% 74%
Perf/Preis gemäß Straßenpr. + Mobo/DDR5-Mehrk. 100% 104% 99% 90% 72% 72% 69% 60%
Perf/Preis gemäß Zukunfts-Projektion 100% 125% 104% 106% 81% 127% 107% 86%
Listenpreise: AMD = boxed, Intel = tray für KF-Modelle; Straßenpreise: günstigstes Angebot, egal ob boxed oder tray, K oder KF, Mehrpreis Alder-Lake-Mainboard: +60€ (DDR5-Mobo +90€); Mehrpreis 32 GB DDR5-Speicher: +130€; Zukunftsprojektion: Zen 3 allesamt –20% unter Listenpreis, Alder Lake allesamt auf Listenpreis +3% und mit Mobo/DDR5-Mehrkosten von +30€

Selbst eine (sicherlich fehlbare) Zukunftsprojektion zeigt mittelfristig keinen Performance/Preis-Sieg für Alder Lake an: Denn angenommen nur noch marginaler Aufschläge auf den Listenpreis (+3%, entsprechend der Differenz Dollar/Euro-Kurs zur Mehrwertsteuer) sowie deutlich geringerer Mainboard/DDR5-Mehrkosten (+30 Euro), aber eingerechnet nochmals niedrigerer Straßenpreise für Ryzen 5000 (–20% unterhalb Listenpreis) kommt wieder nur ein Gleichstand beim Performance/Preis-Verhältnis heraus. Dies wäre so gesehen auch ein Erfolg für Intel, denn derzeit haben diese DDR5-Systeme wie vorstehend genannt noch die deutlich schlechteren Performance/Preis-Verhältnisse. Doch da AMD aller Vermutung nach schlicht die Straßenpreise für Ryzen 5000 senkt, um wieder besser gegenüber Alder Lake dazustehen, ergibt sich letztlich doch wieder nur ein Patt. Und selbige Preissenkung kündet sich schon an, in den USA wird der Ryzen 7 5800X derzeit schon für 300 Dollar angeboten – dies sind gleich –33% auf den Listenpreis.

Und somit bleibt als gewisses Manko von Alder Lake, dass dessen Einstiegspreise nicht gerade niedrig sind und Alder Lake auch perspektivisch kaum so schnell ein Performance/Preis-Sieger werden dürfte. Aber dies muß man natürlich nicht sein, wenn man die Performance-Krone innehat – AMD hat es mit Zen 3 selber vorexerziert, als man (Kraft der seinerzeitigen Stärke) höchstselbst die Prozessoren-Preise im Consumer-Segment hochgerissen hatte. Ein all zu großes Gewicht kann man in das Performance/Preis-Verhältnis bei K/KF-Modellen sowieso nicht legen: Jene werden gekauft, weil man jene haben will – während auf das Performance/Preis-Verhältnis schauende Anwender üblicherweise die kleineren Modelle des Portfolios bzw. die non-K-Modelle erstehen. Somit ist es schwer, an Alder Lake ein substantielles Haar in der Suppe zu finden – womit letztlich als Bewertung der K/KF-Modelle von Alder Lake nur übrig bleibt: Zielsetzung mit Bravour erfüllt, Intel sitzt wieder auf dem Performance-Thron im Consumer-Segment.

IPC-Gewinn höchste Taktraten üblicher OC-Takt
Core 2   (2007, 65nm) - 2.4 GHz ~3.2 GHz
Core 2 Refresh   (2008, 45nm) +9% 3.0 GHz ~4.0 GHz
Nehalem   (2008, 45nm) +31% (inkl. HT) 3.2/3.46 GHz ~3.8 GHz
Sandy Bridge   (2011, 32nm) +15% 3.5/3.9 GHz ~4.5 GHz
Ivy Bridge   (2012, 22nm) +6% 3.5/3.9 GHz ~4.5 GHz
Haswell   (2013, 22nm) +8% 3.5/3.9 GHz ~4.4 GHz
Haswell-Refresh   (2014, 22nm) - 4.0/4.4 GHz ~4.6 GHz
Broadwell   (2015, 14nm) ~5% 3.3/3.7 GHz ~4.2 GHz
Skylake   (2015, 14nm) +8% (zu Haswell) 4.0/4.2 GHz ~4.5 GHz
Kaby Lake   (2017, 14nm) - 4.2/4.5 GHz ~4.8 GHz
Coffee Lake   (2018, 14nm) - 4.0/5.0 GHz (6C) ~4.9 GHz (6C)
Coffee Lake Refresh   (2018, 14nm) - 3.6/5.0 GHz (8C) ~5.1 GHz (8C)
Comet Lake   (2020, 14nm) - 3.7/5.3 GHz (10C) ~5.1 GHz (10C)
Rocket Lake   (2021, 14nm) +17% (zu CML) 3.5/5.3 GHz (8C) ~5.0 GHz (8C)
Alder Lake   (2021, Intel 7) +20% 3.2/5.2 GHz (8C+8c) ~5.1 GHz (8C+8c)
ohne HEDT-Prozessoren bzw. nicht oberhalb $600 Listenpreis; Taktraten-Angabe generell für Vierkerner (oder besser, wenn verfügbar)

Vorgenannte kleineren Modelle des Portfolios bzw. non-K-Modelle von Alder Lake sind dann wie gesagt ein Thema des Jahresanfangs 2022, jene werden wahrscheinlich zur CES (samt der weiteren Mainboard-Chipsätze) veröffentlicht. Interessant wird hier vor allem werden, wie die MTPs dieser kleineren Prozessoren liegen und ob man jenen mittels entsprechender Mainboard-Settings Beine machen bzw. in die Nähe der großen Alder-Lake-Modelle treiben kann. Ebenfalls Anfang 2022 wird AMD seinen inoffiziellen Alder-Lake-Konter in Form von "Zen 3D" herausbringen, sprich der Ryzen-Prozessoren mit 3D V-Cache. AMD will hiermit im Schnitt sogar +15% Spiele-Mehrperformance liefern – was exakt dem entspricht, was AMD in der aktuellen Performance-Situation gebrauchen könnte. Ob dies wirklich so aufgeht und was AMD dafür dann an monetärem Einsatz sehen will, ist dagegen eine (derzeit) noch nicht geschriebene Geschichte ...