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AMD liefert den HEDT-Achtkerner Ryzen Threadripper 1900X aus

Mit dem letzten Tag des Monats August hat AMD nun auch noch den Ryzen Threadripper 1900X in den Handel (nicht aber zu den Hardwaretestern) gebracht. Hinter jenem Prozessor verbirgt sich ein Achtkern-Modell – wie es selbige eigentlich auch schon im normalen Ryzen-Portfolio gibt – nur eben eingeschoben in AMDs HEDT-Plattform im Sockel TR4 für Mainboards mit X399-Chipsatz. Der primäre Vorteil liegt also in der Mitbenutzung dieser klar höherwertigen Plattform mit QuadChannel-Speicherinterface, wesentlich mehr PCI-Express-Lanes und deutlich höherem TDP-Limit, weniger denn im Unterschied der Prozessoren selber. Selbiger ist zudem kaum bemerkbar: Der Ryzen Threadripper 1900X kommt mit Taktraten von 3.8/4.0 GHz sowie einem XFR-Maximum von 4.2 GHz daher, der Ryzen 7 1800X dagegen mit Taktraten von 3.6/4.0 GHz sowie einem XFR-Maximum von 4.1 GHz. Die Größe des Level2- und Level3-Caches ist jeweils identisch, die TDP wie gesagt mit 180W zu 95W sehr deutlich abweichend, der Listenpreis mit 549 Dollar für den 1900X allerdings kaum höher als die 499 Dollar des 1800X.

Ein erheblicher technischer Unterschied besteht jedoch darin, welche Teile vom Silizium genutzt werden. Der Ryzen 7 1800X nutzt das zugrundeliegende Zeppelin-Die vollkommen aus – der Ryzen Threadripper 1900X kommt dann aber auf Basis von gleich zwei Zeppelin-Dies daher. Dabei wird nicht glatt die Hälfte deaktiviert, nur bei der Anzahl der CPU-Kerne sowie der Größe des Level-3-Caches findet diese Halbierung statt. Aller Vermutung nach wird bezüglich der CPU-Kerne jeweils immer die Hälfte pro Zeppelin-Die deaktiviert (Modell 4+4) – die Gegenvariante von 8+0 aktiven CPU-Kernen wäre wenig sinnvoll, denn dann wären von einem der beiden Zeppelin-Dies nur noch das Speicherinterface sowie die Chipsatz-Komponenten aktiv. Beim Speicherinterface sowie den Chipsatz-Kapazitäten finden natürlich gar keine Deaktivierungen statt, hierzu bietet der 1900X dann glatt das Doppelte gegenüber dem 1800X.

Leider hat AMD den Prozessor zwar in den Handel entlassen (und ist dieser dort auch umgehend gemäß seines Listenpreises samt dem aktuellen Dollar/Euro-Kurs für ab 559 Euro erhältlich), leider wurde keiner der üblichen Hardwaretest-Webseiten von AMD vorab mit Rezensions-Exemplaren beliefert – AMD wird schon wissen, warum. Man hatte den Ryzen Threadripper 1900X vor dem Launch der beiden ersten Threadripper-Prozessoren als durchaus interessant gerade für den Spielebereich angesehen, hoffte man doch mittels verdoppeltem Speicherinterface sowie etwas höheren Taktraten auf eine bessere Spiele-Performance. In der Praxis hatten Ryzen Threadripper 1920X & 1950X allerdings schon ihre liebe Mühe, die Spiele-Performance des Ryzen 7 1800X zu halten. Ob dies mit dem Ryzen Threadripper 1900X grundsätzlich besser wird, wäre etwas zu bezweifeln – trotz einem gegenüber dem 1920X um immerhin 300 MHz höherem Basetakt sowie den gegenüber allen anderen Ryzen-Prozessoren interessanteren Turbo-Taktraten.

Kerne Basetakt Turbo AllC Turbo 4C Turbo 2C XFR
Ryzen Threadripper 1950X 16C +SMT 3.4 GHz 3.7 GHz 4.0 GHz 4.0 GHz 4.2 GHz @ 4C
Ryzen Threadripper 1920X 12C +SMT 3.5 GHz 3.7 GHz 4.0 GHz 4.0 GHz 4.2 GHz @ 4C
Ryzen Threadripper 1900X 8C +SMT 3.8 GHz 3.8 GHz 4.0 GHz 4.0 GHz 4.2 GHz @ 4C
Ryzen 7 1800X 8C +SMT 3.6 GHz 3.7 GHz 3.7 GHz 4.0 GHz 4.1 GHz @ 2C
Ryzen 7 1700X 8C +SMT 3.4 GHz 3.5 GHz 3.5 GHz 3.8 GHz 3.9 GHz @ 2C
Ryzen 7 1700 8C +SMT 3.0 GHz 3.2 GHz 3.2 GHz 3.7 GHz 3.75 GHz @ 2C

Die von AMD hierzu zur Verfügung gestellten (AMD-eigenen) Benchmarks aus dem Spiele-Bereich sind leider kaum nutzvoll, da ausschließlich im für Threadripper schmeichelhaften "Game Mode" aufgenommen – wobei interessant wäre, ob der "Game Mode" beim Ryzen Threadripper 1900X auch wie bei den anderen Threadripper-Modellen die Deaktivierung der Hälfte der CPU-Kerne nach sich zieht. Dies wäre beim 1900X eigentlich unnötig, denn die kritische Grenze liegt bei ab 10 CPU-Kernen, mit denen einige Spieletitel nicht mehr zusammenarbeiten wollen. Ironischerweise schlägt sich AMD in seinen eigenen Benchmarks dann sogar noch selbst: Der Ryzen 7 1800X kommt selbst in diesen von AMD ausgesuchten Zahlen besser weg als alle Threadripper-Modelle inklusive des 1900X, welcher bezüglich der Spiele-Performance laut diesen AMD-eigenen Zahlen sogar minimal schlechter als die beiden anderen Threadripper-Modelle läuft.

Das sah bei unserer Launch-Analyse zu AMDs Ryzen Threadripper schon einmal (erheblich) besser für Threadripper aus – und dies ganz und gar im gewöhnlichen "Creator Mode". Wenn aber nun auch AMD höchstselbst dem Ryzen Threadripper 1900X keine höhere Spiele-Performance als dem 1920X bescheinigt, dann dürfte da auch bei unabhängigen Benchmarks vermutlich kaum noch etwas herauszuholen sein. Die (AMD-eigenen) Benchmarks zur Anwendungs-Performance zeigen den Ryzen Threadripper 1900X als etwas schneller als den Ryzen 7 1800X, dafür aber erheblich langsamer als die beiden anderen Threadripper-Modelle an – was jedoch zu erwarten war. Die Höhe der Ergebnisse ist allerdings einigermaßen übertrieben, in breiteren Benchmark-Feldern werden gewöhnlich nicht solche nahe am Idealzustand liegende Skalierungen erreicht. Umgerechnet dürfte dies bedeuten, das Ryzen Threadripper 1900X sich unter Anwendungen eigentlich nicht um die von AMD propagierten ~7% von Ryzen 7 1800X absetzen kann, sondern eher um ~4% vorn liegen dürfte.

1800X 1900X 1920X 1950X
Anwendungs-Performance (AMD-eigene Benchmarks) 100% ~107% ~144% ~178%
Anwendungs-Performance lt. 3DC Launch-Analyse 100% ? 128,2% 146,3%
Spiele-Performance (AMD-eigene Benchmarks im "Game Mode") 100% 95,5% 95,9% 97,3%
Spiele-Performance lt. 3DC Launch-Analyse (im "Creator Mode") 100% ? 99% 101%

Diese +4% bei der Anwendungs-Performance und letztlich keine höhere Spiele-Performance dürften ein realistischeres Ergebnis für den Ryzen Threadripper 1900X sein – was jetzt nominell mager aussieht, aber viel mehr konnte man eigentlich gar nicht erwarten. Vor allem macht AMD hierfür auch einen ganz gängigen Preispunkt, der Prozessor selber kostet schließlich vom Listenpreis her nur 50 Dollar mehr als der Ryzen 7 1800X (der Vergleich zu Straßenpreisen ist kurz nach dem Lauch etwas unfair). Für den höheren Preis der TR4/X399-Mainboards bekommt man hingegen auch einen Gegenwert in Form des QuadChannel-Speicherinterfaces samt der vielen PCI Express Lanes – was natürlich nur sinnvoll ist, wenn man dies auch wirklich benötigt bzw. ausnutzen kann. Hier liegt dann auch das eigentliche Problem des Ryzen Threadripper 1900X: Sinnvoll ist das ganze nicht für normale PC-Anwender, sondern die CPU ist wegen des hohen Plattform-Preises nur für echte HEDT-Anwender zweckmäßig.

Doch wirklich an so viel Performance interessierte Anwender werden sicherlich das viel größere Leistungspotential der Threadripper-Modelle 1920X & 1950X vorziehen, der Ryzen Threadripper 1900X als unterster Einstieg in dieses Segment bringt aktuell zu wenig Nutzen, um sich die höherwertigere Plattform zuzulegen. Eine gewisse Anwendungs-Möglichkeit wäre nur zu sehen, wenn man derzeit günstigstmöglich den HEDT-Einstieg waagen will, um dann später einmal zur einer potenteren CPU auf dieser Plattform zu wechseln (wobei dann der noch kommende Ryzen Threadripper 1900 ohne "X" vielleicht sogar als interessanter erscheint). Bei AMD kann man (glücklicherweise) solche bei Intel lange in der Vergangenheit liegenden und daher fast vergessenen Überlegungen anstellen, da AMD eine weitgehende Sockel- und Plattform-Kompatibilität garantiert und daher von Nachlieferungen neuer TR4-Prozessoren über die nächsten Jahre hinweg ausgegangen werden kann.

Kerne Takt XFR unl. L2 L3 Speicher PCIe TDP Listenpr. Launch
Ryzen Threadripper 1950X 16C +SMT 3.4/4.0 GHz 4.2 GHz 8 MB 32 MB 4Ch. DDR4/2666 60 180W 999$ 10. Aug. 2017
Ryzen Threadripper 1950 16C +SMT ? ? 8 MB 32 MB 4Ch. DDR4/2666 60 140W ? ?
Ryzen Threadripper 1920X 12C +SMT 3.5/4.0 GHz 4.2 GHz 6 MB 32 MB 4Ch. DDR4/2666 60 180W 799$ 10. Aug. 2017
Ryzen Threadripper 1920 12C +SMT 3.2/3.8 GHz ? 6 MB 32 MB 4Ch. DDR4/2666 60 140W ? ?
Ryzen Threadripper 1900X 8C +SMT 3.8/4.0 GHz 4.2 GHz 4 MB 16 MB 4Ch. DDR4/2666 60 180W 549$ 31. Aug. 2017
Ryzen Threadripper 1900 8C +SMT ? ? 4 MB ? 4Ch. DDR4/2666 60 140W ? ?
Alle Threadripper-Prozessoren kommen im Sockel TR4 daher und sind damit nur auf Mainboards mit AMDs X399-Chipsatz einsetzbar.

Nachtrag vom 1. September 2017

Auf seiner Webseite hat AMD noch ein paar weitere Benchmarks zum Ryzen Threadripper 1900X von sich gegeben – nachdem die neue HEDT-CPU wie bekannt nicht an die Hardwaretester ausgegeben wurde, dafür aber am 31. August in den Handel ging. Unter nun wenigstens 7 Anwendungs-Benchmarks gab es einen deutlich geringeren Vorteil als mit den offiziellen Präsentationsfolien propagiert: Anstatt der sich dort ergebenden ~7% sind es mit den neuen Benchmarks nur noch +3,6% Vorteil zum Ryzen 7 1800X – was ein eher erwartbares Performancebild angesichts der nur kleinen Taktraten-Differenzen ergibt. Daneben hat AMD für den Spiele-Bereich noch einen ungefähr 25 Spieletests umfasstenden Vergleich zum Ryzen 7 1800X unter FullHD aufgefahren – mit erstaunlicherweise erneut dem Ergebnis, das der Ryzen 7 1800X laut den AMD-eigenen Benchmarks etwas gegenüber dem Ryzen Threadripper 1900X vorn liegt. Die eigentliche Intention AMDs hierzu dürfte natürlich sein, aufzuzeigen, daß das Threadripper-Modell grob dieselbe Spiele-Performance bietet – was ja auch zutreffend ist und mehr von Threadripper auch nicht erwartet werden sollte. Interessant ist das ganze nur deswegen, weil an anderer Stelle (mit möglicherweise modernen Testfeldern und Testmethoden) schon Benchmark-Ergebnisse existieren, welche für Threadripper wenigstens die gleiche Spiele-Performance wie für den Ryzen 7 1800X sehen.