Launch-Analyse AMD Ryzen 9000

Montag, 19. August 2024
 / von Leonidas
 

Mittels Ryzen 9000 auf Basis von "Zen 5" hat AMD am 8. und 15. August seine zweite Prozessoren-Generation für den Sockel AM5 ins Rennen geschickt, welche vorerst gegen den Raptor Lake Refresh und mittelfristig dann aber gegen Intels "Arrow Lake" antreten wird. Wie üblich, hat AMD die neuen Prozessoren-Generation erst einmal mit den X-Modellen begonnen, die kleineren non-X-Modelle sowie die speziell für den Gaming-Einsatz gedachten X3D-Modelle folgen später nach. Wie mittels der zwei Wellen von Launch-Reviews (zu Ryzen 5 9600X & Ryzen 7 9700X sowie zu Ryzen 9 9900X & 9950X) bereits bekannt, ist AMD mit Ryzen 9000 keine Performance-Offenbarung gelungen. Mittels dieser Launch-Analyse sollen nachfolgend die aufgelaufenen Benchmark- und Stromverbrauchs-Resultate zusammengefasst und verdichtet werden, so dass sich ein belastbares Gesamtbild zu Ryzen 9000 im Vergleich mit Ryzen 7000, Ryzen 7000X3D und Core i-14000 ergeben kann.

    AMD Ryzen 9000

  • "Zen 5" Architektur, Codename "Granite Ridge"
  • Chiplet-Ansatz aus 1-2 Core-Chiplets (8,3 Mrd. Transistoren auf 70,6mm²) und einem I/O-Chiplet (3,4 Mrd. Tr. auf 122mm²)
  • Weiterverwendung des I/O-Chiplets von Zen 4
  • Fertigung in TSMC N4P (Core-Chiplet) & TSMC 6nm (I/O-Chiplet)
  • 6/8-Kerner: 1x Core-Chiplet + 1x I/O-Chiplet (= 11,7 Mrd. Tr. auf 193mm²)
  • 12/16-Kerner: 2x Core-Chiplet + 1x I/O-Chiplet (= 20,0 Mrd. Tr. auf 263mm²)
  • bis zu 16 CPU-Kerne + SMT2
  • 1 MB Level2-Cache pro CPU-Kern & 32 MB Level3-Cache pro Core-Chiplet
  • größere Architektur-Veränderungen, stark verbesserter Support für AVX512, IPC-Zugewinn offiziell +16%
  • integrierte RDNA2-Grafik mit zwei Shader-Clustern (128 FP32)
  • Speichersupport bis zu DDR5/5600 (kein DDR4-Support)
  • PCI Express 5.0 (24 Lanes zur freien Verfügung, weitere 4 Lanes fest vergeben zur Anbindung des Mainboard-Chipsatzes)
  • Sockel AM5
  • gedacht für 600er & 800er Mainboard-Chipsätze
  • Release: 8./15. August 2024

Mittels Zen 5 hat sich AMD augenscheinlich primär dickeren CPU-Kernen zugewandt, ohne am Drumherum viel zu verändern. Beispielhaft hierfür steht die glatte Übernahme des I/O-Chiplets von Zen 4, womit sich an den I/O-Fähigkeiten bis auf einen geringfügig besseren offiziellen Speichersupport (DDR5/5200 → DDR5/5600) gegenüber Zen 4 nichts geändert hat. Beim Core-Chiplet (CCD) hat AMD hingegen einiges getan, zu den einzelnen Architektur-Verbesserungen sind die diesbezüglichen Technik-Artikel von AnandTech, ComputerBase, Hardwareluxx, PC Games Hardware & TechPowerUp zu empfehlen. Insgesamt kann man Zen 5 schon als größere Architektur-Veränderung gegenüber Zen 4 einschätzen, AMD selbst gibt den erreichten IPC-Zugewinn mit +16% an. Allerdings ergibt sich aus der Praxis inzwischen der (begründete) Verdacht, dass viele der Architektur-Veränderungen von Zen 5 zuerst zugunsten des Server-Einsatzes getätigt wurden, während dabei vergleichsweise wenig an den Consumer- und Gaming-Einsatz gedacht wurde.

Alle Architektur-Veränderungen resultieren in einer klar gewachsenen Transistoren-Menge beim Core-Chiplet (6,5 Mrd. → 8,3 Mrd.) samt einer etwas größeren Chipfläche der reinen CPU-Kerne (~2,7mm² → ~3,5mm²) trotz am Ende der nahezu selben Chipfläche beim kompletten Core-Chiplet (71mm² → 70,6mm²). Hier hat natürlich auch die Benutzung der N4P-Fertigung statt der vorherigen N5-Fertigung eine Rolle gespielt, welche AMD (etwas) mehr Transistoren auf derselben Chipfläche bietet. Normalerweise steht der Sprung von N5 auf N4P allerdings nicht für die hier zu sehende gleich um +28% höhere Transistorendichte, ergo hat AMD beim Zen5-CCD auch relativ dichter gepackt. Möglicherweise deswegen gibt es bei Zen 5 bzw. Ryzen 9000 auch keinerlei Taktraten-Sprung, einzig die beiden kleineren Modelle gehen um +100 MHz Boost-Takt nach oben. Dafür setzt AMD hingegen klar niedrigere Base-Taktraten an, welche sich im Vergleich mit Zen 4 um 200-800 MHz reduzieren.

Hardware Takt iGPU TDP/PPT Listenpreis Release
Ryzen 9 9950X Zen 5, 16C/32T, 16+64 MB L2+L3 4.3/5.7 GHz 170/200W $649 / 709€ 15. Aug. 2024
Ryzen 9 9900X Zen 5, 12C/24T, 12+64 MB L2+L3 4.4/5.6 GHz 120/162W $499 / 539€ 15. Aug. 2024
Ryzen 7 9700X Zen 5, 8C/16T, 8+32 MB L2+L3 3.8/5.5 GHz 65/88W $359 / 399€ 8. Aug. 2024
Ryzen 5 9600X Zen 5, 6C/12T, 6+32 MB L2+L3 3.9/5.4 GHz 65/88W $279 / 309€ 8. Aug. 2024
Anmerkung: Alle Ryzen 9000-Prozessoren benutzen den Sockel AM5 und laufen somit nur auf Mainboards aus AMDs 600er & 800er Chipsatz-Serien.

Natürlich hat der Base-Takt am Ende keinen großen Performance-Einfluß bei sich selbst ständig an die Limits von Temperatur und PPT taktenden Prozessoren. Jene Takt-Absenkung war allerdings notwendig, denn Ryzen 9000 tritt bei 3 von 4 Modellen mit klar niedrigerer TDP und damit auch PPT (aka Powerlimit) an. Jene Takt-Absenkung fällt mit –30% beim 12-Kerner sowie –38% bei 6- und 8-Kerner keineswegs unerheblich aus. Natürlich steigt mit dieser Maßnahme die Energieeffizienz in bedeutsamen Maßstab, denn durch das klar niedrigere PPT wird verhindert, dass die Prozessoren für die letzten paar Prozentpunkte Performance unnötig viel Energie verschleudern. Und so kann man beim 6- und 12-Kerner vermutlich mit dieser Entscheidung AMDs gut leben, beide Prozessoren hatten bei Zen 4 wohl mehr TDP/PPT, als wirklich notwendig war. Beim 8-Kerner ist die TDP/PPT-Festsetzung AMDs jedoch kritisch zu sehen, ein Wert in der Mitte zwischen 6- und 12-Kerner wäre viel stimmiger gewesen und hätte dennoch die Zielsetzung der Energieeffizienz noch zum gewissen Teil erfüllen können.

Takt TDP PPT Listenpreis
7950X9950X –200 MHz Base, ±0 Boost gleich (170W) 230W → 200W $699 → $649
7900X9900X –300 MHz Base, ±0 Boost 170W → 120W 230W → 162W $549 → $499
7700X9700X –700 MHz Base, +100 MHz Boost 105W → 65W 142W → 88W $399 → $359
7600X9600X –800 MHz Base, +100 MHz Boost 105W → 65W 142W → 88W $299 → $279
für alle Modelle: offizieller Speichersupport von DDR5/5200 → DDR5/5600

Preislich hat AMD die Ryzen-9000-Serie nominell etwas unterhalb der Listenpreise von Ryzen 7000 eingeordnet. Dies geschah augenscheinlich schon in Vorplanung zu Ryzen 9000X3D, welches vergleichsweise zeitnah nachfolgen soll (angeblich noch in diesem Jahr) und somit normalerweise höhere Listenpreise als die regulären Ryzen-9000-Modelle tragen dürfte. Allerdings ist Ryzen 9000 damit nicht tatsächlich günstiger als Ryzen 7000, denn in der Realität der Straßenpreise kommt Ryzen 9000 grob zum umgerechneten Listenpreis bzw. inzwischen schon leicht günstiger daher, während die Ryzen-7000-Modelle durchgehend weit unterhalb ihres Listenpreise im Einzelhandel verfügbar sind. Im Schnitt legt man derzeit für einen Ryzen-9000-Prozessor satte +45% mehr als für den jeweiligen Ryzen-7000-Vorgänger hin. Auch gegenüber den Intel-Angeboten sieht die Sache nicht gut aus für Ryzen 9000, welche zu aktuellen Straßenpreisen deutlich überteuert in den Markt gehen.

AMD Zen 4/5 Straße Intel Raptor Lake Refresh
    ab 699€ Core i9-14900KS     8P+16E/32T, 3.2/6.2 GHz, 253W
16C/32T, 4.3/5.7 GHz, 200W     Ryzen 9 9950X ab 698€    
    ab 571€ Core i9-14900K     8P+16E/32T, 3.2/6.0 GHz, 253W
    ab 543€ Core i9-14900KF     8P+16E/32T, 3.2/6.0 GHz, 253W
16C/32T, 4.2/5.7 GHz, 162W     Ryzen 9 7950X3D ab 539€    
12C/24T, 4.4/5.6 GHz, 162W     Ryzen 9 9900X ab 498€    
16C/32T, 4.5/5.7 GHz, 230W     Ryzen 9 7950X ab 470€    
    ab 413€ Core i7-14700K     8P+12E/28T, 3.4/5.6 GHz, 253W
    ab 390€ Core i7-14700KF     8P+12E/28T, 3.4/5.6 GHz, 253W
12C/24T, 4.4/5.6 GHz, 162W     Ryzen 9 7900X3D ab 389€    
8C/16T, 3.8/5.5 GHz, 88W     Ryzen 7 9700X ab 377€    
8C/16T, 4.2/5.0 GHz, 162W     Ryzen 7 7800X3D ab 355€    
12C/24T, 4.7/5.6 GHz, 230W     Ryzen 9 7900X ab 353€    
    ab 306€ Core i5-14600K     6P+8E/20T, 3.5/5.3 GHz, 181W
6C/12T, 3.9/5.4 GHz, 88W     Ryzen 5 9600X ab 298€    
    ab 292€ Core i5-14600KF     6P+8E/20T, 3.5/5.3 GHz, 181W
8C/16T, 4.5/5.4 GHz, 142W     Ryzen 7 7700X ab 283€    
    ab 232€ Core i5-14400     6P+4E/16T, 2.5/4.7 GHz, 65/148W
    ab 210€ Core i5-14400F     6P+4E/16T, 2.5/4.7 GHz, 65/148W
6C/12T, 4.7/5.3 GHz, 142W     Ryzen 5 7600X ab 189€    
lieferbare Bestpreise gemäß Geizhals am 19. August 2024, egal ob boxed oder tray

Die preisliche Sache muß dann die Zeit richten, bei AMD funktioniert dies erfahrungsgemäß recht gut. Eine andere Möglichkeit, die hohen Preise rechtzufertigen, läge natürlich in der gezeigten Performance. Hierfür wurden von 20 Launch-Reviews zu Ryzen 9000 die Ergebnisse zu Anwendungs- und Spiele-Performance aufgenommen und nachfolgend zu Index-Werten der Gesamt-Performance verrechnet. Bei der Auswahl der benutzten Testberichte war Vollständigkeit bei den teilnehmenden Prozessoren Trumpf, da ansonsten die Ergebnis-Tabelle zu viele Lücken aufweist und die Index-Erstellung erschwert wird bzw. (durch zu viele Interpolationen) nicht mehr ganz so belastbar wäre. Natürlich konnte nur das ausgewertet werden, was vorhanden bzw. von den Hardwaretestern vorher ausgemessen wurde. Die Index-Werte der Launch-Analysen von 3DCenter sind somit niemals als die "wahre" Performance zu verstehen, sondern sind immer nur als Spiegel dessen gedacht, was die Hardwaretester zur jeweiligen Hardware im Schnitt gemessen haben.

Anw./Sp. Anwendungs-Benchmarks Spiele-Benchmarks Zen4 Zen5 RPL
AnandTech 18 / 5 Tests breiter Benchmark-Mix 720p, 95th Percentile DDR5/5200 DDR5/5600 DDR5/5600
Club386 9 / 5 Tests MT-lastige Standard-Benchmarks 1080p, lowest 1% fps DDR5/6000 DDR5/6000 DDR5/6000
ComputerBase 7 / 10 Tests MT-lastige Standard-Benchmarks 720p, Øavg+99th + Ø4090+7900XTX DDR5/5200 DDR5/5600 DDR5/5600
Eurogamer – / 6 Tests 1080p, lowest 1% fps DDR5/6000 DDR5/6000 DDR5/6000
Gamers Nexus 9 / 5 Tests kurzer Mix, Schwerpunkt SpecWS 1080p, 1% low fps DDR5/6000 DDR5/6000 DDR5/6000
Guru3D 12 / – Tests MT-lastige Standard-Benchmarks ? ? ?
Hardware & Co 16 / 12 Tests breiter Mix, Schwerpunkt Rendering/Workstation-Tests 1080p/ 1% low fps DDR5/6000 DDR5/6000 DDR5/6000
Hardwareluxx 9 / 7 Tests MT-lastige Standard-Benchmarks 720p + DLSS/FSR DDR5/5200 DDR5/5600 DDR5/5600
Hardware Upgrade 9 / – Tests MT-lastige Standard-Benchmarks DDR5/6000 DDR5/6000 DDR5/6000
Hot Hardware 14 / – Tests breiter Mix, Schwerpunkt Office-Tests DDR5/5200 DDR5/5600 DDR5/5600
Igor's Lab 16 / 7 Tests primär Workstation-Benchmarks 720p, Ø avg fps + 1% low fps DDR5/6000 DDR5/6000 DDR5/6000
PC Games Hardware 6 / 10 Tests MT-lastige Standard-Benchmarks ≤720p, Gaming-Index DDR5/5200 DDR5/5600 DDR5/5600
Phoronix ~400 / – Tests Workstation/Server-Benchmarks unter Linux DDR5/6000 DDR5/6000 DDR5/6000
Quasarzone – / 13 Tests 1080p, 1% low fps DDR5/6000 DDR5/6000 DDR5/6000
SweClockers 7 / 7 Tests MT-lastige Standard-Benchmarks 720p, Ø avg fps + 1% low fps DDR5/6000 DDR5/6000 DDR5/6000
TechPowerUp 47 / 14 Tests sehr breiter Mix, Schwerpunkt Office/Workstation-Tests 720p, avg fps DDR5/6000 DDR5/6000 DDR5/6000
TechSpot 7 / 13 Tests Standard-Benchmarks 1080p, 1% low fps DDR5/6000 DDR5/6000 DDR5/7200
Tom's Hardware 23 / 6 Tests breiter Mix, Schwerpunkt Office/Rendering-Tests 1080p, 99th percentile fps DDR5/5200 DDR5/5600 DDR5/5600
Tweakers 13 / – Tests breiter Mix, Schwerpunkt Adobe/Rendering-Tests DDR5/5200 DDR5/5600 DDR5/5600
WCCF Tech 8 / – Tests MT-lastige Standard-Benchmarks DDR5/6400 DDR5/6400 DDR5/7200
Anmerkung: gezählt wurden nur die tatsächlich verwendeten Tests/Benchmarks, Einzeltests mit krass abweichenden Ergebnissen oder GPU-limitierte Prozessoren-Tests wie CPU-limitierte Grafikkarten-Tests wurden nach Möglichkeit ausgeschlossen, üblicherweise zudem Ausschluß von Singlethread-Tests, Micro-Benchmarks und PCMark-Gesamtwertungen

Die nachfolgenden Tabellen zur Anwendungs- und Spiele-Performance mussten wegen der Vielzahl an ausgewerteten Prozessoren-Modellen (15) auf jeweils zwei Tabellen aufgeteilt werden, wobei durchgehend der Ryzen 7 7950X die Index-Basis (=100%) bildet. Obwohl zur Benchmark-Auswertung üblicherweise auf Windows-Benchmarks gesetzt wird, sind hiermit auch die Linux-Benchmarks von Phoronix enthalten, trotz der bekannt stärkeren Performance-Skalierung dieser Werte (deswegen jedoch nicht benutzt für alle Gewichtungen). Jene geht aber wohl primär auf die Benchmark-Auswahl und nicht auf das Betriebssystem zurück und darf als Farbtupfer und Auflockerung gegenüber einer Vielzahl an anderen Standard-Benchmarks unter Windows mit dabei sein. Aufgrund der vielen ausgewerteten Testberichte ist der Effekt des Phoronix-Tests auf das Gesamtergebnis begrenzt bzw. sind Messungen zur Anwendungs-Performance sowieso immer eine Sache, wo die Auswahl der jeweiligen Benchmarks enorm das Performance-Ergebnis bzw. dessen Skalierung bestimmt.

Bezüglich der Spiele-Performance galt wiederum die Konzentration auf Benchmarks unter CPU-limitierten Bedingungen, was üblicherweise entweder durch besonders niedrige Auflösungen (720p) oder Messungen von 1% Perzentilen erreicht wird. Manchmal liegen auch beide Ergebnisse gleichzeitig vor, in diesem Fall wurde salomonischerweise ein Schnitt beider Ergebnis-Reihen verwendet (so geschehen bei den Spiele-Benchmarks von ComputerBase, Igor's Lab und SweClockers). Bei der ComputerBase flossen zudem auch noch die Testreihen mit unterschiedlichen Grafikkarten (GeForce RTX 4090 und Radeon RX 7900 XTX) jeweils hälftig ein, wobei deren Ergebnisse sich sowohl in der insgesamten Skalierung als auch bei den Abständen der Prozessoren untereinander doch stark ähneln. Dass man mit anderen (ähnlich starken) Grafikkarten auf deutlich andere Ergebnisse bei der Spiele-Performance kommen könnte, ist somit kaum zu befürchten.