Die Spezifikationen zur Radeon HD 6790

Dienstag, 29. März 2011
 / von Leonidas
 

Schon vor dem Launch der GeForce GTX 550 Ti war bekannt, daß AMD dieser neuen Mainstream-Lösung von nVidia ein Gegenangebot gegenüberstellen will, die Radeon HD 6790. Nun liegen seitens Nordic Hardware vollständige Spezifikationen zu dieser Karte vor, welche als kleinste Ausführung des RV940/Barts-Chips ins Rennen gehen wird. Von 3DNews kommen zudem sogar Bilder einer Radeon HD 6790 seitens Sapphire und runden die Informationen damit ab.

Zur Sicherheit dieser Spezifikationen sei gesagt, daß sich Nordic Hardware in aller Regel als zuverlässige Quelle ohne Schaumschlägerei bewährt hat. Zudem haben wir auch aus anderen Quellen Signale vorliegen, daß die bei Nordic Hardware vermeldeten Daten passend sein sollen. Einzig der gemeldete Releasetermin von ursprünglich dem 31. März soll nicht mehr stimmen – AMD hat den Launch der Radeon HD 6790 wohl auf Anfang April verschoben.

Die Radeon HD 6790 basiert wie gesagt auf dem RV940/Barts-Chip der Radeon HD 6800 Serie und nicht – wie es ihr Verkaufsname vermuten lassen würde – auf dem RV840/Juniper-Chip der Radeon HD 5700 Serie. Rein von der Chip-Ausgangslage her wäre somit "Radeon HD 6830" der passendere Name gewesen – aber mit einer zu den Produktspezifikationen passenden Namensgebung haben es die Grafikchip-Entwickler derzeit bekannterweise nicht so. Der RV940/Barts-Chip mit maximal 1120 Shader-Einheiten wird für die Radeon HD 6790 allerdings deutlich abgespeckt: Es gibt bei dieser Karte nur noch 800 Shader-Einheiten, 40 Textureneinheiten und 32 ROPs an dem bekannten 256 Bit DDR Speicherinterface.

Radeon HD 5770 Radeon HD 5830 Radeon HD 6790 Radeon HD 6850 GeForce GTX 550 Ti
Chipbasis AMD RV840/Juniper, 1040 Mill. Transistoren in 40nm auf 166mm² Die-Fläche AMD RV870/Cypress, 2150 Millionen Transistoren in 40nm auf 334mm² Die-Fläche AMD RV940/Barts, 1700 Millionen Transistoren in 40nm auf 255mm² Die-Fläche nVidia GF116, 1170 Mill. Transistoren in 40nm auf ca. 230mm² Die-Fläche
Technik 800 (5D) Shader-Einheiten, 40 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit DDR Interface 1120 (5D) Shader-Einheiten, 56 TMUs, 16 ROPs, 256 Bit DDR Interface 800 (5D) Shader-Einheiten, 40 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit DDR Interface 960 (5D) Shader-Einheiten, 48 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit DDR Interface 192 (1D) Shader-Einheiten, 32 TMUs, 24 ROPs, 192 Bit DDR Interface
Taktraten 850/2400 MHz 800/2000 MHz 840/2100 MHz 775/2000 MHz 900/1800/2050 MHz
Speicherausbau 512 oder 1024 MB GDDR5 1024 MB GDDR5 1024 MB GDDR5 1024 MB GDDR5 1024 MB GDDR5
Layout DualSlot DualSlot DualSlot DualSlot DualSlot
Kartenlänge 22cm 24-28cm 23-28cm 23cm 21cm
Stromanschlüsse 1x 6pol. 2x 6pol. 2x 6pol. 1x 6pol. 1x 6pol.
TDP 108W 175W 150W 127W 116W
Spieleverbrauch 81W 120W ? 104W ~105W
Preislage 90-100 Euro 125-140 Euro scheinbar ~110 Euro 130-140 Euro 110-130 Euro

Damit geht die Radeon HD 6790 von den Recheneinheiten her durchaus in die Sphäre des RV840/Juniper-Chip der Radeon HD 5700/6700 Serie hinein, welcher in Form der Radeon HD 5770 ebenfalls 800 Shader-Einheiten und 40 Textureneinheiten aufbietet. Nur bei der Anzahl der ROPs (16 zu 32) und der Breite des Speicherinterfaces (128 zu 256 Bit DDR) ist der RV840/Juniper-Chip deutlich kleiner bzw. halbiert, hier liegt dann auch der große Unterschied zwischen Radeon HD 5770 und 6790.

Rohleistungs-Vergleich GeForce GTX 550 Ti & Radeon HD 5770/5830/6790/6850

Von den Rohleistungen her sieht dies erst einmal schon sehr ansprechend aus, was AMD mit der Radeon HD 6790 anbieten will: Zwar bietet die Radeon HD 6790 nicht mehr Rechen- und Texturierleistung als die Radeon HD 5770, dafür allerdings dramatisch mehr ROP-Leistung und Speicherbandbreite. Im Vergleich zur Chip-gleichen Radeon HD 6850 wird klarer, wo die Radeon HD 6790 einzuordnen ist: Bei ROP-Leistung und Speicherbandbreite liegt die Radeon HD 6790 sogar leicht vorn, bei der Rechen- und Texturierleistung runde 10 Prozent zurück – genau dies dürfte gemäß diesen Hardware-Daten dann auch der Unterschied zur Radeon HD 6850 sein.

Mit 10 Prozent weniger Performance als bei der Radeon HD 6850 würde die Radeon HD 6790 im Performancefeld von Radeon HD 5830, GeForce GTX 460 SE und GeForce GTX 460 768MB herauskommen – sollten dafür wirklich die derzeit kolportierten Preise von 110 Euro genommen werden, wäre dies ziemlich gut. In jedem Fall wäre die Radeon HD 6790 gemäß dieser Hochrechnung schneller als die GeForce GTX 550 Ti (um ca. 15 Prozent) – zum gleichen oder besseren Preis.

Dies mag eventuell schon wieder zu gut klingen, um wahr zu sein: Die Radeon HD 6790 als eine Karte nur 10 Prozent langsamer als die Radeon HD 6850, aber 20 Prozent schneller als die Radeon HD 5770 – und preislich jedoch in der Mitte dieser beiden Karten? Allerdings passt die zur Performance konträre Namensgebung der Karte, weil jene durch die Einordnung in die 6700er Serie eher abwertet – hätte AMD als Namen "Radeon HD 6830" gewählt, müsste man sich eher Sorgen um eine derzeit noch nicht bekannte Abspeckung machen (weil mit einem guten Namen ein mittelmässiges Produkt gepuscht werden könnte). So aber scheint AMD mit der Radeon HD 6790 ein ganz gutes Angebot mit bewußt eher unattraktivem Namen zu machen – interessant für den informierten Käufer und es torpediert durch die Namenswahl trotzdem nicht die Verkäufe an Radeon HD 6850 Karten.

Einen Haken hat die Radeon HD 6790 allerdings trotzdem – aufmerksame Leser werden es schon bei der Lektüre der Spezifikations-Tabelle in den Spalten "Stromanschlüsse" und "TDP" gemerkt haben: Die Karte hat eine für ihr Performancefeld viel zu hohe TDP von 150 Watt und kommt daher auch mit gleich zwei 6poligen Stromanschlüssen daher, obwohl allen anderen Karten ihres Performancefeld einer dieser Stromanschlüsse reicht. Nun wird die Radeon HD 6790 dies sicherlich nicht wirklich ausnutzen – es ist schlicht ein Resultat des Umstandes, daß die Radeon HD 6790 kein eigenes Referenzdesign hat, sondern anscheinend das Board der Radeon HD 6870 benutzt.

Zudem kann es genauso gut auch sein, daß AMD bei der Radeon HD 6790 exakt diese RV940/Barts-Chips verbaut, welche aus dem einen oder anderen Grund nicht gut genug für die Herstellung einer Radeon HD 6850 oder 6870 waren und nun mit der Radeon HD 6790 "restverwertet" werden. Dabei kann es schnell vorkommen, daß die Chipspannung der Radeon HD 6790 höher als bei der Radeon HD 6850 ist und somit deren Leistungsaufnahme trotz geringerer Anzahl an freigeschalteten Hardware-Einheiten höher ausfällt – die Benutzung einer Platine der Radeon HD 6870 wird hier ihr übriges beitragen.

Demzufolge ist es vakant, ob die Radeon HD 6790 eine zu ihrer Performance passende reale Leistungsaufnahme besitzen wird – dies wäre bei nicht mehr als 100 Watt Spieleverbrauch gegeben (die Radeon HD 6850 hat schließlich einen Spieleverbrauch von gerade einmal 104 Watt). Wahrscheinlich dürften sich die einzelnen Radeon HD 6790 Karten in diesem Punkt sogar deutlich voneinander entscheiden – je nachdem, ob die Grafikkartenhersteller eine Radeon HD 6870 Platine verwenden oder ein extra Platine auflegen, aber auch je nachdem ob man Glück oder Pech hat mit dem jeweiligen RV940/Barts-Chip.

In diesem Punkt wird man dann die Verbrauchs-Messungen der Launchartikel abwarten müssen. Die Performance der Radeon HD 6790 läßt sich dagegen schon jetzt ganz gut abschätzen (10% unter Radeon HD 6850, 20% über Radeon HD 5770), sofern sich an den Hardware-Daten nichts mehr ändert. Ansonsten wird man noch sehen müssen, ob sich der prognostizierte Preispunkt von 110 Euro wirklich einstellt – wenn ja, dann erhält die GeForce GTX 550 Ti einen Kontrahenten, gegen welchen sie heftige Probleme bekommen sollte und AMD hätte ab Anfang April eine weitere interessante Mainstream-Lösung im Angebot.

Nachtrag vom 31. März 2011

Laut Fudzilla soll sich die kommende Radeon HD 6790 exzellent zum Übertakten eignen – mit Chiptaktraten von bis zu 1000 MHz, was selbst für die (Chip-gleiche) Radeon HD 6870 ein sehr gutes Resultat darstellt. Zudem könnte auch das Freischalten von deaktivierten Shader-Einheiten wieder möglich werden – dieser Punkt ist derzeit aber noch unsicher. Trifft nur einer dieser beiden Punkte ein, erhöht das die Marktaussichten der Karte natürlich ungemein. Bei (angenommen) beiden zutreffenden Punkten wird es dann aber schon wieder zu schön, um wahr zu sein – und AMD würde sich seine Verkäufe an Radeon HD 6850 & 6870 Karten selber torpedieren, was dann eher unwahrscheinlich ist. Andererseits wurde auch zur Radeon HD 6950 vermeldet, daß deren Freischaltbarkeit zur Radeon HD 6970 mit der nächsten Chipcharge enden würde – bislang ist davon aber noch gar nichts zu sehen. Natürlich bliebe abzuwarten, was die Radeon HD 6790 wirklich bieten kann – aber die Vorzeichen lassen zumindest hoffen.

Nachtrag vom 1. April 2011

Beim tschechischen PCTuning gibt es bzw. gab es einen ersten Test zur Radeon HD 6790 – welcher inzwischen dort schon nicht mehr verfügbar ist, in unserem Forum finden sich jedoch noch die Kopien einiger Test-Diagramme. Die wichtigste neue Information ist dabei, daß AMD die Radeon HD 6790 dann doch bei den ROP-Einheiten beschnitten hat – wie bei der seinerzeitigen Radeon HD 5830 geht es herunter von 32 auf nur noch 16 Stück. Damit existiert dann schon ein deutlicher Hardware-Unterschied zur Radeon HD 6850 und die Radeon HD 6790 sollte somit einen größeren Nachteil gegenüber der Radeon HD 6850 aufweisen als die bislang prognostizierten ca. 10 Prozent.

Radeon HD 6790 Benchmarks by PCTuning

Die von PCTuning angestellten Benchmarks ergeben dann aber doch ein ganz freundliches Bild für die Radeon HD 6790 (obige Zahlen sind Gesamtwerte über alle Benchmarks unter 1920x1200 4xAA in Prozenten): Der Vorteil der Radeon HD 6850 gegenüber der Radeon HD 6790 ist mit 17½ Prozent zwar größer als bisher angenommen, bleibt aber noch im Rahmen – vor allem, weil die Radeon HD 6790 sich ihrerseits mit 14½ Prozent ganz vernünftig von der Radeon HD 5770 absetzen kann. Ganz offensichtlich schlägt die Limitierung auf nur 16 ROPs bei der Radeon HD 6790 nicht mehr so stark ein wie es noch bei der Radeon HD 5830 der Fall war – was durch weitere Benchmarks natürlich noch besser zu belegen wäre. Um die GeForce GTX 550 Ti zu überrunden reicht es so oder so, die Radeon HD 6790 kommt im Vergleich mit nVidia eher in Richtung einer GeForce GTX 460 768MB oder GeForce GTX 460 SE heraus.

Während also auf der Performance-Schiene sich eine gutklassige neue Mainstream-Lösung andeutet – vor allem, wenn sich der prognostizierte Straßenpreis von 110 Euro bestätigt – hat die Radeon HD 6790 doch den befürchteten Haken bei der Stromaufnahme. Jene liegt unter Spielen um ca. 5 Watt überhalb der (schnelleren) Radeon HD 6850, rein auf die Grafikkarte bezogen dürften also ca. 110 Watt Spiele-Stromaufnahme bei der Radeon HD 6790 herauskommen. Dies ist keine gute Eigenschaft der Karte – eine Radeon HD 5770 kommt beispielsweise mit 81 Watt unter Spielen aus, ist also eingerechnet der jeweiligen Performance um ca. 20 Prozent effizienter. Da aber viele andere Angebote in diesem Preisbereich ebenfalls über der 100-Watt-Marke liegen und die Radeon HD 5770 heutzutage kaum noch Beachtung findet, dürfte dieser Punkt wohl doch kein größeres Hinderniß für den Erfolg der Radeon HD 6790 darstellen.